Ludwig Fels’ Gedicht „Ach, wirklich“

LUDWIG FELS

Ach, wirklich

Ach, wirklich, ich hab ein paar
Bücher geschrieben, kaum
Reisen gemacht, war
immer da
einfach immer da
wo nichts war
nie etwas sein wird
alles nicht der Rede wert.
Ach, wirklich, Gedichte, zum Heulen
komisch, wenn das Gewicht der Welt
herunterfällt.

2006/07

aus: Jahrbuch der Lyrik 2008. Hrsg. v. Christoph Buchwald u. Ulf Stolterfoht. S. Fischer Verlag, 2008

 

Konnotation

Fast klingt es wie die literarische Bankrotterklärung eines in Resignation versunkenen Schriftstellers. Das Schreiben von Gedichten entlockt dem lyrischen Subjekt nur noch einen schlappen Seufzer. Die eigene literarische Leistung scheint das Ich des Erzählers und Lyrikers Ludwig Fels (geb. 1956) gering zu schätzen. Nichts hat mehr Bestand vor den desillusionierten Augen eines durch und durch enttäuschten Autors.
Verbirgt sich hinter dem fast selbstquälerischen Understatement noch der Ansatz zu einem emphatischen Gegenentwurf? Hier scheint es nur noch um das Abwinken einer dereinst hochgeschätzten Königsdisziplin zu gehen – der Dichtkunst. Die machtlose Poesie so sagen es die Schlussverse vermag es nicht mehr, die Bedrückungen der Existenz und das „Gewicht der Welt“ aufzuheben.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009

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