Michael Braun (Hrsg.): Die zweite Schöpfung

Mashup von Juliane Duda zum Buch von Michael Braun (Hrsg.): Die zweite Schöpfung

Braun (Hrsg.)-Die zweite Schöpfung

HONIGWARME PUPILLEN

Michael Braun: „Ut pictura poiesis – Dichtung ist wie Malerei“, So lesen wir es in den Briefen von Horaz. Eine Formel, die zentral wurde für das, was wir als Horazens Dichtungslehre Ars poetica kennen. Das Verhältnis von „pictura“ und „poiesis“, von Bild und Poesie, ist unser Thema. Zunächst grundsätzlich gefragt: Wie nah ist Deine Dichtung der Malerei? Wie findest Du diese Sentenz von Horaz? Das ist ja fast eine Parallelschaltung von Dichtung und Malerei.

Nico Bleutge: Ich halte es da mit Lessing, der einen anderen, sehr schönen Vergleich zwischen Dichtung und Malerei formuliert hat. Er hat sich eher über die Unterschiede Gedanken gemacht. Er sagt: Wenn man auf ein Gemälde blickt, hat man eigentlich alles immer auf einmal, gleichzeitig im Blick. Von seiner Seinsart her ist ein Werk der Bildenden Kunst eben etwas, das uns auf einmal, augenblicksartig entgegentritt und sich der Zeit entgegenstemmt. Und er setzt dagegen das Werk der Dichtung und fragt: Wie funktioniert eigentlich die Sprache? Sprache ist für Lessing etwas, das immer mit einem Nacheinander in der Zeit zu tun hat. Weil sie eben Sätze aufbauen muss, die ablaufen und dadurch der Zeit unterworfen sind, immer eine zeitliche Struktur eingeschrieben haben. Wenn ich mit Gedichten auf Werke der Bildenden Kunst reagiere – wenn sie denn etwas in mir freisetzen –, werde ich immer auf einen Übersetzungsprozess zurückgeworfen.
Ein großer Reiz, der sich für mich immer ergibt, wenn ich mir ein Werk der Bildenden Kunst ansehe und mir dann überlege, was ist der Unterschied zwischen den beiden Medien, liegt in der Frage: Wie kann ich mich anregen lassen für das eigene Schreiben? Indem ich mir die Struktur und die Art eines Bildes ansehe, und die Art, wie der Bildende Künstler mit den Materialien umgegangen ist. Welche Momente sind es, die mein Gedicht anreichern können, wie kann mir dieser Übersetzungsprozess vielleicht neue Formmöglichkeiten für das Gedicht geben?

Braun: Du sprichst von Frei-Setzen. Es wird etwas freigesetzt in der Begegnung mit Werken der Bildenden Kunst – und es kommt dann zu Übersetzungsprozessen. Bleiben wir mal bei dem von Dir erwähnten Lessing. Der hat ja eine starke Trennung der beiden Sphären vorgenommen. Er sagt zum Beispiel im Laokoon: Malerei konzentriert sich auf Figuren und Farben im Raum, Dichtung auf artikulierte Töne in der Zeit. Das hast Du ja beschrieben. Aber ich denke, auch Dichtung möchte Farben und Figuren im Raum nachbilden. Dann funktioniert aber diese Trennung zwischen Dichtung und Malerei nicht so recht.

Bleutge: Nein, nein. Auch wenn man ein Bild ansieht, hat das mit einem zeitlichen Ablauf zu tun. Das, was einem gleichzeitig entgegentritt, kann man ja nur nacheinander anschauen, mal dieses, mal jenes kleine Moment des Bildes in den Blick nehmen. Sobald man anfängt, ein Gemälde oder eine Skulptur zu analysieren, ist man darauf angewiesen, dass man sich einzelne Momente nacheinander vor Augen führt, um so die Gesamtkomposition in ihre Einzelteile zu zerlegen und zu sehen: Wie ist dieses Ding eigentlich gemacht. Aber der große Unterschied ist natürlich schon die Sprache. Auch wenn ich in Gedichten versuche, die Zeit aufzuheben, dem zeitlichen Ablauf etwas die Zeit Stauendes entgegenzusetzen, bin ich auf die Sprache zurückgeworfen und muss mir ganz eigene Möglichkeiten überlegen, mit Sprache etwas dem Bild Adäquates zu schaffen. Adäquat heißt: Es existieren Ähnlichkeiten, aber es ist eigentlich doch ein kategorialer Unterschied gegeben dadurch, dass das Gemälde per se mal ohne Sprache arbeitet.

Braun: Bei Deinem Kollegen Klaus Merz habe ich in seinen Texten zu Malerei und Fotografie (Das Gedächtnis der Bilder) den Satz gefunden: „Wir sehen nicht, was wir sehen.“ Wir sehen das, was in uns gespeichert ist und bei der Begegnung mit einem Bild dann neu aktiviert wird. Wie ist das bei Dir? Ist das eine ähnliche Erfahrung – oder gibt es erstmal die unmittelbare, schockhafte Begegnung mit einem Kunstwerk, die dann zu einer Epiphanie wird und etwas Neues eröffnet, ohne dass die eigenen gespeicherten Vormeinungen aufgerufen werden?

Bleutge: Das sind zwei ganz unterschiedliche Arten, wie man an ein Kunstwerk rangehen und versuchen kann, mit der Sprache darauf zu antworten. Der großartige Dichter Jürgen Becker hat sich sehr intensiv mit Bildender Kunst auseinandergesetzt, nicht zuletzt deswegen, weil seine Frau eine Malerin ist und er immer wieder auf Bilder, die sie angefertigt hat, mit Gedichten geantwortet hat. Er hat in einem dieser schönen Bilderbücher, Bild-und-Gedichtbücher, die die beiden zusammen gemacht haben, eine Unterscheidung eingeführt: Man kann auf zwei grundlegende Weisen an ein Bild rangehen. Man kann der Struktur des Bildes folgen und kann versuchen, erstmal zu beschreiben, was da eigentlich passiert. Das wäre die Art, sich ganz auf diese Welt, die einem da begegnet, einzulassen und die eigenen Meinungen, Vorurteile, wenn das überhaupt möglich ist, außen vor zu lassen. Und die andere Art ist, dass man sich ansieht: Was tritt mir da für eine Szenerie, was für eine Bildsprache entgegen – und nun versuche ich, die Geschichte, die dahinter steht, zu erzählen. Und da bin ich sehr frei, eigene Erinnerungen, eigene Meinungen, eigene Vorurteile auch hineinzubringen. Bei mir gibt es, glaube ich, sehr oft den Fall, dass sich die beiden Momente durchmischen. Also es gibt manche Gemälde, die haben mich angeregt durch die Art, wie sie gemacht sind, zum Beispiel Gemälde von Egon Schiele: Wie wird dort z.B. mit Umrissen gearbeitet? Wie tritt mir Körperlichkeit entgegen? Und ich habe versucht, mich sehr nah heranzutasten, über die Wahrnehmung und über die Art, wie Wahrnehmung mir in der Sprache immer schon begegnet, mit welcher Sprache und mit welcher Art von Sätzen; mit welcher Metaphorik vielleicht auch. Dann versuche ich, diesen Prozess nachzuvollziehen, den ich dort beim Beobachten oder beim Gang durch das Bild für mich selber ausgemacht habe. Oder wenn ich mich mit den Werken von Franz Xaver Messerschmidt beschäftige. Da interessiert mich dann: Was ist der Hintergrund, der noch mitschwingt? Was tritt mir entgegen an Ideen, etwa die Vorstellung, es gebe so etwas wie ein fest umgrenztes Subjekt, ein festes Ich. Wenn man die Kunstwerke beobachtet – da bin ich oft sehr nah bei diesen Dingen und schau mir an: Wie kommt es mir sinnlich entgegen, was setzt es bei mir frei. Da ist plötzlich etwas da, vielleicht ein Detail, das irgendetwas bei mir selber freisprengt. Ein bestimmtes sprachliches Moment, eine Idee, ein Rhythmusteilchen vielleicht nur, das im günstigsten Fall dann ein Ausgangspunkt für ein eigenes Gedicht sein kann. Und dann rollt die Reflexionsmaschine im Kopf weiter – und es ergeben sich andere Fragen.

Braun: Du hast den Maler Egon Schiele genannt, ein Maler, der viele Skandale provozierte im Wien des expressionistischen Jahrzehnts. Dein erster Gedichtband klare konturen (2006) wird abgeschlossen mit einem Gedicht, das sich auf ein Kunstwerk Schieles bezieht. Dein Gedicht heißt „honigwarme pupillen“ – wie kam es denn zur Begegnung mit Schieles Bild?

Bleutge: Überhaupt nicht so, wie man es sich etwa bei einem Kunsthistoriker vorstellen könnte, der sich für Schiele interessiert und sich dann in das Werk und in die Biografie des Malers hineinfrisst. Ich bekam eine Reproduktion von einem Schiele-Gemälde geschenkt. Das war zu Beginn meines Studiums damals und ich habe mir die Reproduktion in irgendeinen Winkel schräg über den Schreibtisch gehängt, so dass ich sie aus dem Augenwinkel immer wieder mal, wenn ich Pausen gemacht habe beim Arbeiten, beobachten konnte. Und nachdem die Reproduktion fünf oder sechs Jahre schon hing, war plötzlich, bedingt durch zwei, drei andere Gedichte übrigens, die ich gelesen hatte, die Idee da: Das ist ja etwas von dem Stoff, an dem ich gerade arbeite (in dem Gedichtband, der dann später klare konturen heißen wird). Auf eine ganz andere Art, als ich das bisher in meiner eigenen Sprache gemacht hatte. Und so rückte dann dieses Bild, das ich mir tagtäglich anschauen konnte, plötzlich in meinen Aufmerksamkeits-Kreis. Und ich habe es abgehängt von der Wand und vor mich hingestellt, und ich habe es mir zum ersten Mal nach langer Zeit genau angesehen und entdeckt, dass da Fragen sind, die mich momentan sehr umtreiben. Und ich habe versucht, diesen Prozess, wie ich auf das Gemälde zugehe, wie ich es wahrnehme, wie ich ihm mit den Augen folge, zu beschreiben. Und eben auch, was das Gemälde dann wiederum in meinem Denken freisetzt, und vor allen Dingen in welcher Sprache und in welchem sprachlichen Rhythmus, zeitlichen Rhythmus, der ein sprachlicher Rhythmus war, das alles abläuft.

Braun: In den Titel des Gedichts, „honigwarme pupillen“, kann man sich regelrecht hineingrübeln. Da werden zwei Sinnesqualitäten zusammengeführt: Etwas Fühlbares, nämlich Wärme, mit dem Sehsinn, den „Pupillen“. Dazu auch noch „honigwarme“ Pupillen. Wie ist dieser Titel zustandegekommen?

Bleutge: Der Titel ist eine Anleihe aus einem Gedicht von Friederike Mayröcker, in dem genau diese „honigwarmen pupillen“ vorkommen. Wie das oft beim Lesen von Gedichten funktioniert: Sie sind auch Impulsgeber für das Schreiben. Und diese Formulierung hat etwas freigesetzt, das zeitgleich in der Beobachtung dieses Bildes, wie ich sie vorhin skizziert habe, in mir gearbeitet hat. Sie hat sich sehr gut als Titelzeile geeignet. Ich arbeite generell sehr selten mit Titeln, aber in diesem Fall, bei diesem Buch war es noch so, dass ich versucht habe, ein Zwischending zu finden zwischen einem Titel und etwas, das eigentlich schon zu dem Gedicht selbst gehört. Es ist sonst oft so bei mir, dass ich mittlere oder Endzeilen habe und dann Gedichte entweder konzentrisch außen rumbaue oder mich vom Ende an den Anfang zurückschreibe. Hier war es aber so, dass „honigwarme pupillen“ feststand und sich daraus nach und nach, Schicht für Schicht dieses Gedicht ergeben hat. Und es enthält eigentlich schon sehr gut das, was mir wichtig war an diesem Gedicht. Nämlich: eine Verbindung von Sehen, verkörpert in den Pupillen, und einem flüssigen Medium. Jedoch ist Honig nicht flüssig wie Wasser, Saft oder Kaffee, sondern zähflüssig, ein Zwischending, also fast fest und flüssig; je nachdem, welchen Honig man wählt, auch durchsichtig oder matt. Er überzieht die Dinge, und wenn solch eine Struktur eine Weile liegt, wird er fest und es kann ein firnisartiger Überzug daraus entstehen. Und das war für mich ein sehr schönes Bild für das Thema, das mich damals beschäftigt hat: wie das genaue Sehen eigentlich funktioniert. Und meine Erfahrung war die: Dass eben, je genauer man die Dinge und auch die Sprache übrigens ansieht, nicht eine sehr große Detailgenauigkeit sich immer mehr fortpflanzt, sondern das Gegenteil eintritt. Die Dinge fangen an sich aufzulösen, und man verliert immer mehr den Überblick, und die scheinbare Detailgenauigkeit endet im schlimmsten Fall – im Chaos. Ich fand das sehr schön, wie sich das für mich eingefangen hat im Begriff der „honigwarmen pupillen“, die gleichzeitig auch noch für mich den großen Reiz haben, dass sie sich als Formulierung garnicht so labelartig in den Vordergrund spielen.

Braun: Jetzt gehen wir hinein in den Text. Wie das Sehen funktioniert, wie „honigwarme pupillen“ etwas öffnen.

Nico Bleutge

HONIGWARME PUPILLEN…

… und war nur dieses eine stückchen etwas
wie haut. das wird nun ganz genau betrachtet

und von einer feinen hand berührt. es liegt im schatten
wo sich diese wölbung zeigt, von haaren, kleinen wellen

oberhalb des nackens. bald schon lösen sich die rillen
ab. das weist voraus auf kahles, auf die schöne nackte

an der wand, die schielt so ruhig ins zimmer, dieser runde
ausgefranste mund und diese punkte auf den unterarmen.

hat hier der zeichner sich vertan? es will nicht recht gelingen
eine öffnung zu erkennen, nur ein milder klecks sticht vor

ob das zum atmen reicht, es zittert die figur, wie’s scheint
hat die verschobene kontur den maler höflich angeregt

ein wenig fester aufzudrücken und den schatten ein-
zudrehn. doch kaum zu sehen ist dafür der stoff

am andern ende, der allzu lose um die hüfte hängt. wo
ist denn hier die naht, der
feine etwas unbestimmte strich

der eine möglichkeit mit einer andern möglichkeit…
… mit einer falte in der haut verknüpft. ach süßer honig

auf dem weichen lid. es bleibt der nacken mit dem kleinen
zart gewellten stück. und die pupillen wandern weiter

Braun: Bestimmte Partien des Textes sind kursiv geschrieben, damit wird ein Zitat oder ein Sprecher angedeutet, der sich durch den Text bewegt. Was wird da markiert mit der kursiven Setzung?

Bleutge: Es ist so, dass es in diesem Band verschiedene Möglichkeiten gibt, was diese kursiven Setzungen bedeuten. Zum einen können es wie im Fall der „honigwarmen pupillen“ direkte Zitate sein, die aus anderen Gedichten oder anderen Prosatexten, ganz selten aus Sachtexten, einwandern in die Gedichte. Weil sie einen bestimmten Rhythmus vorgeben, der sich dem Rhythmus des Gedichts gut anschmiegt. Aber sie können auch das genaue Gegenteil sein: bestimmte Bruchstellen; hybride Stellen, an denen der rhythmische Verlauf ein bisschen ausbricht oder ausgehebelt wird. Es gibt in anderen Gedichten des Bandes auch die Möglichkeit, dass es so etwas wie Einsprengsel mündlicher Rede oder Sprechanweisungen sind. Und gleichzeitig hatte ich eine große Lust daran, mit diesen Arten zu spielen, so dass es da auch kursive Stellen gibt, die überhaupt nichts mit Einsprengseln oder Sprechanweisung zu tun haben – und umgekehrt eine Unmenge von eingeschmuggelten Zitaten, die eben nicht kursiv gekennzeichnet sind, mit denen andere Stimmschichten in das Gedicht geholt werden.

Braun: Am Anfang des Gedichts heißt es ja: „das wird nun ganz genau betrachtet / und von einer feinen hand berührt“, Dahinter verbirgt sich eine Poetik. Dass es zum einen um die ganz genaue Wahrnehmung geht, zum andern um eine Fühlbarmachung, um eine sinnliche Berührung. Und es geht um etwas Skulpturales, um das Bauen eines Gedichts. Dieses skulpturale Moment manifestiert sich in Deinen Gedichten, die sich mit Werken des deutsch-österreichischen Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt beschäftigen. In einer Ausstellung im Frankfurter Liebig-Haus war vor Jahren eine Messerschmidt-Ausstellung mit „Charakterköpfen“ zu sehen. Zwei „Charakterköpfe“ findet man auch in Deinen klaren konturen. Wie bist Du dazu gekommen, Dich mit den „Charakterköpfen“ zu beschäftigen?

Bleutge: Auch durch eine Ausstellung. Das muss irgendwann Ende der 1990er Jahre gewesen sein, eine Ausstellung im Frankfurter Städel. Manche sagen, es seien 69 Charakterköpfe, manche meinen, es seien 52, die Franz Xaver Messerschmidt angefertigt hat. Jedenfalls war da eine Auswahl von 12 bis 16 Köpfen, die wunderbar in einer Art hufeisenförmigem Halbkreis aufgestellt waren, in einer sehr schönen Präsentation. Ich bin da durchgewandert – die haben mich sofort anhalten lassen. Und ich musste hingehen zu diesen Köpfen, weil die etwas körperlich Anziehendes hatten. Weil es eben nicht Figuren sind, wie man sie aus der Barockperiode kennt, die mit symbolischen Überhöhungen arbeiten, sondern solche, die eine sehr große Tendenz haben, sinnliche Einzelheiten darzustellen. Das sind Köpfe, die verschiedene menschliche Affekte und Gefühlsregungen darstellen. Im Nachhinein wurden diese Köpfe dann – von Messerschmidt selber oder von seinen Interpreten – „der Schreiende“, „der Krähendes oder „der Weinende“ genannt. Das war die große Frage, die ihn beschäftigt hat: Wie zeigt sich das, was in unserem immer versteckten Inneren vorgeht, in äußeren Regungen? Wie kann sich ein großer Schreck äußern in der Erscheinung auf dem Gesicht, so dass das Gegenüber in irgendeiner Weise die Möglichkeit hat, wahrzunehmen und zu deuten. Und Messerschmidt hat das ganz fein in Körperäußerungen, in feinste Fältchen, in Figurationen des Mundes und der Augen eingelegt, so dass sie sehr detailgenau wirken. Auf der anderen Seite aber sieht man: Hier wird mit Proportionen gearbeitet und die Gesichter bekommen dadurch skulpturalen Charakter.

Braun: Nach der sehr präzisen Hinführung zu den Charakterköpfen Franz Xaver Messerschmidts machst Du nun einen dieser Charakterköpfe sichtbar und hörbar.

Nico Bleutge

CHARAKTERKOPF, ABTEILUNG MESSERSCHMIDT (F.X.): I

metall ist das, die kaum polierte platte, ist so voller
lust. da spricht der mund sich aus, die zunge
in der höhlung ist ein keil. da spannen sehnen sich, ein keil
aus einem kopf, den an der halsschlagader falten
auf dem sockel halten. kopf, der aus metall und also kalt
in deine fingernägel geht, wenn du die wulstig aus
geformten runzeln an der nasenwurzel fleckig schnippst.
dem hübschen plattenträger will der schädel
knochen fremdling sein, die lippen scheußlich hart, ich

möchte ein solcher werden, wie einmal ein anderer
gewesen ist. so sagt es ihm, in einer richtung soll die stirn
ein rippenlager sein, darunter wölben sich die augen
lider, still, als sei die zeit in diesem kahlen schädel an
gehalten, festgestellt. wo doch die zunge weiter
flüstern und die knochen knacken will. das ist metall
und hält den ton, auf einer kaum polierten platte.

Braun: Nun ein Sprung in Deinen zweiten Gedichtband fallstreifen, wo ein Gedicht zu finden ist, das man selbst bei skeptischem Vorbehalt als autobiografisch markieren könnte. Es bezieht sich nämlich auf ein Gemälde, das von Deinem Vater stammt. Der Text heißt „das ist die jacke“. Als ich 2008 den Gedichtband las, habe ich nicht bemerkt, dass es sich um einen Schlüsseltext handeln könnte. Ein Gemälde Deines Vaters – das verblüfft. Dein Vater war ja kein Maler, sondern Jurist.

Bleutge: Mein Vater war Jurist, hatte aber schon immer eine große Lust, sich zum einen mit Film zu beschäftigen, zum anderen mit Malerei. Er ist begnadeter Zeichner und in der Zeit, als ich so fünf, sechs Jahre alt war, war es seine große Leidenschaft, Gemälde anzufertigen. Ganz unterschiedliche Gemälde übrigens: Das eine waren surreale Versuchsstücke, die so ein bisschen in die Richtung von Malern wie Dali und Magritte gingen. Das war eine fantastisch-surrealistische Art, Bilder anzufertigen. Das andere – das gab es in geringerem Umfang – waren kleine realistische Porträts, die er oft anhand von Fotografien angefertigt hat. Und eines dieser Gemälde ist eine kleine Straßenszene aus… im Nachhinein habe ich recherchiert, dass es Venedig ist, obwohl es eine sehr unscheinbare Szene an irgendeinem Kanal ist, die auch in einer ganz anderen italienischen Kleinstadt, Chioggia beispielsweise, spielen könnte. Mein Vater hat auf der Grundlage dieser Fotografie ein Gemälde, ungefähr 50 auf 50 cm groß, angefertigt. Als kleiner Junge habe ich ihm immer dabei zugeschaut. Oft hat er das gar nicht bemerkt. Mein Kinderzimmer war gegenüber von seinem Malzimmer, und da er tagsüber arbeiten musste, konnte er, wenn er sich nicht an den Wochenenden drangesetzt hat, immer nur nach Feierabend drüben an diesem Gemälde werkeln. Ich habe oft kurz vorm Einschlafen aus dem anderen Zimmer einen Lichtschein gesehen und wusste, er ist jetzt wieder an diesem Bild, und bin dann aus dem Bett gegangen und rübergeschlichen und habe beobachtet, wie er Farbschichten aufträgt. Und ich kann mich auch noch erinnern, dass das sehr faszinierend war. Ich konnte in dieser eigenen, halben Müdigkeit, aus dem Bett stolpernd, diesen fremden Handgriffen zusehen, gleichzeitig den sehr starken Geruch von Ölfarben wahrnehmen, die für dieses eine Gemälde entscheidend waren. Und dieses leichte Kratzgeräusch des Pinsels, oder das Geräusch, wenn der Pinsel ausgeklopft oder im Wasser noch mal ausgespült wird. Das hat eine sehr eigene Wahrnehmungsatmosphäre bei mir erzeugt.

Braun: Welche Bedeutung hatte denn dieses Gemälde, das Du als Fünfjähriger gesehen hast?

Bleutge: Dieses eine Gemälde, das sich auf ein Foto bezieht, war deswegen für mich von so großer Bedeutung, weil es nicht nur diese kleine Straßenszene zeigt, sondern auf dem Foto, das diesem Gemälde zugrunde liegt, bin ich als kleiner Junge mit abgebildet. Und es war für mich ein regelrechter Schock, als ich eines Abends wieder mein Bett verlassen habe, rausgekrochen und rübergegangen bin – mein Vater war gerade im Wohnzimmer oder in der Küche, um sich etwas zu essen zu besorgen – und entdeckt habe: ich bin plötzlich nicht mehr auf dem Bild. Der kleine Junge ist übermalt worden, statt der kleinen blauen Jacke, der Jeanshose und meinen schon damals flachsblonden Haaren war eine große Fliesenfläche abgebildet. Für mich war das damals ein Schock, weil ich überhaupt nicht begreifen konnte, warum ich nicht mehr auf dem Bild sein sollte. Denn es hat mich natürlich sehr stolz gemacht, da abgebildet zu sein. Um so größer ist dann der Schreck, plötzlich nicht mehr dort zu sein. Dann nimmt man das auf irgendeine kindliche Weise auch persönlich und denkt, das hätte auch mit der Liebe des Vaters zu tun. So würde ich das heute deuten.
Ich habe dann Jahre später meinen Vater darauf angesprochen und die Erklärung war natürlich eine sehr rationale, maltechnische. Dass er einfach gesehen hatte: Die Figur war von ihren Proportionen her zu klein angelegt für dieses Bild. Und er hatte an diesem Abend die Figur ausgepinselt und hat sie dann in den nächsten Tagen in korrekter, proportional richtiger Größe wieder eingesetzt. Und ich war wieder auf dem Bild.
Dieses Erlebnis ist für mich eng mit dem Anschauen des Bildes verbunden, das dann jahrelang in unserer Wohnung hing und das ich heute übernommen habe und in so einer kleinen Schublade mit Materialien habe und mir öfter wieder anschaue. Später habe ich einen Essay darüber geschrieben, der die ganzen Geschichten, die ich gerade angedeutet habe, aufrollt. Der auslotet, was es mit meiner eigenen Erinnerungswelt, dem großen Reservoir, dem großen Echoraum Erinnerung, aus dem sich ja sehr viel des Schreibens, jedenfalls meines Schreibens speist, was es damit zu tun haben könnte. Und dann eben auf die Frage der Erinnerung eingeht. Auf die Frage, wie lässt sie sich erzählerisch darstellen. Wie ist die Erinnerung überhaupt von ihrem Wesen her – ist sie wie ein Film, der sich jederzeit abrufen ließe? Oder ist es nicht umgekehrt so, dass die Erinnerung für sich sehr brüchig und sehr geschichtet ist, so dass man nur auf einzelne Bruchstücke zurückgreifen kann? Als ich mit diesem langen Essay fertig war, war ich auf der einen Seite sehr glücklich, dieses ganze Material durchgearbeitet zu haben. Dann habe ich aber gemerkt, dass der kleine Junge, um den es ja letztlich geht, in dem Essay zwar in zwei, drei kleine Prosaminiaturen eingewandert ist, aber dass mir noch etwas fehlt, das ihm darüber hinaus Gestalt verleiht. So hat sich von ganz alleine die Möglichkeit ergeben, genau das in einem eigenen Gedicht einzuholen. Wenn man es nicht autobiografisch nennen will, dann kann man zumindest sagen, das ist ein Gedicht, dass sich sehr stark aus dem eigenen Erinnerungs-Echoraum speist.

Braun: Ja, zuerst hat der kleine Junge auf dem Bild des Vaters gefehlt, dann war er wieder da. Dann hat die Nach-Konstruktion dieser Erfahrung im Werk gefehlt – und jetzt ist sie schon eine ganze Weile da, und zwar im Gedichtband fallstreifen von 2008. Das ist nun das Resultat der Erinnerungsarbeit.

Nico Bleutge

das ist die jacke, faltig,
blau. die in die arme, schultern
die in den oberkörper geht.

das sind die häuser, mit
den stufen, wäscheleinen.
das ist der hintergrund. am

ufer, schattenseite,
steht der junge, schaut
aufs wasser, weg vom

betrachter. spürt er das wachstum
in den knien, spürt den blick
der ihn von hinten hält?

zwischen jacke, hals und
haar ist nichts
als spannung. ein flackern von etwas

das nicht hineingehört.
frag nach den borsten, nach
der pinselstärke, die weichen,

sagt man, gehen tief. und
könnten stufen sein, was trifft,
mit einem schatten, einer

möglichkeit. ein druck, der
kurz nur, flackernd,
den körper durchzieht.

 

 

 

Ut pictura poiesis. Was die Bilder erzählen

1
Es gehört zu den strengsten Übungen der Kunst, sich selbst in die Augen zu schauen. Der genialische Maler Rembrandt van Rijn hat sich dieser Übung in einer Reihe von Selbstporträts unterzogen. Rund 70 Selbstbildnisse hat er in seinem wechselvollen Leben angefertigt, darunter ein rätselhaftes Dresdner Doppelporträt mit seiner Ehefrau, der legendären Saskia van Uylenburgh. Saskia, die Tochter eines einflussreichen Kunsthändlers, wurde von Rembrandt als Muse und Madonna vergöttert; ihr früher Tod im Alter von gerade mal dreißig Jahren stürzte den Maler in eine Krise, von der er sich nie mehr erholte. Es ist ein theatralisches Bild, eine dionysische Szene, die einen Augenblick des Lebensgenusses festhält. Das Selbstporträt zeigt Rembrandt mit schwarzem Barett und weißer Straußenfeder, er hat einen Säbel umgeschnallt. Seine große Liebe Saskia Uylenburgh sitzt auf seinem Schoß und blickt wie er zu dem unsichtbaren Betrachter oder Maler des Bildes hin. Mit prunkvoller Kleidung ausstaffiert, umfängt der Maler hier mit der Linken seine nicht minder kostbar gekleidete Saskia und schwenkt dabei in seiner rechten Hand ein langstieliges, halb geleertes Trinkglas. Auf manchen Reproduktionen sieht es so aus, als würde aus dem Glas eine feinstrahlige, leuchtend gelb gemalte Fontäne mit Flüssigkeit entweichen.
Dieses Selbstporträt, so sagen die Kunsthistoriker, ist doppelt kodiert: In das Selbstbildnis ist zugleich das biblische Gleichnis vom verlorenen Sohn eingezeichnet, der sein Erbteil verschleudert. Rembrandt selbst warf in den Jahren der Entstehung des Bildes, etwa 1635 bis 1639, mit seinem Vermögen nur so um sich, er kaufte wahllos Kunst und Kuriositäten, in der Hoffnung, später Geschäfte damit zu machen. Das rauschhafte Leben kippte dann bald ins Unglück. Saskia verlor ihr erstes Kind zwei Wochen nach der Geburt, später dann noch zwei Kinder auf ähnliche Weise. Und bei der vierten Geburt, zehn Jahre nach der Heirat mit Rembrandt, starb sie schließlich selbst. Das Kind, der Sohn Titus, überlebte. Aber auch er starb früh, er wurde nur 27 Jahre alt. Auf einem späten Selbstbildnis Rembrandts ist denn auch der dionysische Zauber des Doppelporträts von 1635 verflogen. Er schaut uns dort mit Augen an, die alles in Zweifel ziehen, was ihm sein Leben an Verheißungen vorspiegelte. Die oft dunklen Bildhintergründe Rembrandts hat der Schriftsteller Dieter Wellershoff als ästhetische Manifestation der Lebenserfahrung des Malers gedeutet:

Wir kommen aus dem Dunkel, leuchten auf, erlöschen und kehren wieder in das Dunkel zurück.

Über diesen Weg aus dem Dunkel, den die Bildende Kunst über viele Jahrhunderte in Gemälden, Zeichnungen, Skulpturen und Installationen festgehalten und reflektiert hat, berichten die Gespräche mit zeitgenössischen Dichtern, die in diesem Buch versammelt sind. Klaus Merz, Nico Bleutge, Gerhard Falkner, Marcus Roloff und Silke Scheuermann erzählen von ihrer Beschäftigung mit Werken der Bildenden Kunst, von der intimen Begegnung der Poesie mit der Malerei. Die zwischen September 2014 und Januar 2015 geführten Gespräche mit den Autoren wurden ursprünglich für ein Radiofeature geführt, sind dann aber über ihren Anlass hinausgewachsen. Die fünf Dichter porträtieren sich hier gleichsam selbst, indem sie über Bilder schreiben, die für sie und ihr Werk von großer Bedeutung sind. Seit einigen Jahren gibt es eine Tradition von Ausstellungs- und Museumsprojekten, in denen Schriftsteller neue Zugänge zu Werken der Bildenden Kunst eröffnet haben. Im Jahr 2007 wurde vom Literaturbüro NRW die Reihe Museumsschreiber initiiert, die auch Silke Scheuermann, die im letzten Kapitel dieses Buches von ihrer Affinität zur Bildenden Kunst berichtet, zu einer Reihe außergewöhnlicher Gemäldegedichte angestiftet hat. 2013 animierte dann die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe in dem Projekt Unter vier Augen insgesamt 50 Schriftsteller, Philosophen und Kulturwissenschaftler zu einer Auseinandersetzung mit historischen Porträts. Das vorliegende Buch unterscheidet sich von diesen Versuchen, in dem es nicht nur die Korrespondenzverhältnisse zwischen Poesie und Bildender Kunst dekodiert, sondern auch die biografisch-ästhetischen Urszenen der Autoren ausleuchtet und damit direkt in das Zentrum der dichterischen Werke führt.

2

Eine Dichtung ist wie ein Gemälde: es gibt solche, die dich, wenn du näher stehst, mehr fesseln, und solche, wenn du weiter entfernt stehst; dieses liebt das Dunkel, dies will bei Lichte beschaut sein;… dies hat einmal gefallen, doch dieses wird, noch zehnmal betrachtet, gefallen.

Diese Sätze sind zweitausend Jahre alt. Aufgeschrieben hat sie der römische Dichter Horaz in einem Brief an die Söhne eines römischen Stadtpräfekten; Sätze aus einer poetischen Epistel, die für viele Jahrhunderte das Zentrum der Reflexion über Dichtung bildeten. „Ut pictura poiesis – Eine Dichtung ist wie ein Gemälde, Dichtung ist wie Malerei“: Diese fast magische Formel für das poetische Nachdenken über Kunst beschäftigt auch noch die hier versammelten Autoren, die sich in Gemäldegedichten, Essays oder Bildmeditationen den Werken der Bildenden Kunst nähern. Entscheidend ist für sie alle die Suche der „poiesis“ nach einer angemessenen Blickachse, einem Orientierungspunkt, um die Tiefe der „pictura“ auszuloten. So entstehen Texte, die in ihren Bild-Erkundungen mal näher an die Kunstwerke herantreten, dann wieder aus der Ferne einen Zugang suchen. Von der direkten Begegnung mit dem Kunstwerk erhoffen sich die Dichter eine metaphysische Offenbarung oder eine Epiphanie, wohl wissend, dass sich das begehrte Bild dem Betrachter auch zu entziehen vermag.

3
Die Begegnung mit Kunst ermöglicht uns die Ahnung vom großen Ganzen, heißt es einmal bei Klaus Merz. Dagegen setzt Marcus Roloff seine Skepsis: Das große Ganze geht in der Poesie nicht mehr. In Nico Bleutges Beschreibung der Entstehung seines Gedichts wird deutlich, dass es bei der Begegnung eines Dichters mit einem Kunstwerk nie darum gehen kann, das Bild, die Zeichnung oder die Skulptur poetisch zu illustrieren, also die sprachliche Reproduktion eines visuellen Werks anzustreben, sondern zwei künstlerische Energien miteinander in Beziehung zu setzen.
Gerhard Falkner radikalisiert die Frage nach der Möglichkeit von Kunst und Poesie, indem er die Bilder und Zeichen unserer digitalen Gegenwart mit einer Gedichtsprache konfrontiert, die selbst von den kalten Terminologien des Internet-Zeitalters zehrt.
Silke Scheuermann resümiert schließlich: Die Bild-Kunst zeigt unsere Angst vor dem Verschwinden. In ihrem Gedichtband Skizze vom Gras taucht eine sehr einsame Figur auf – das hochmütige „Mädchen im Spiegel“. Als Inspirationsquelle für ihr Gemäldegedicht „Das Mädchen, das in den Spiegel sieht“ diente ein Bild des ukrainischen Malers Wladimir Lukianowitsch von Zabotin aus dem Jahr 1922. Auf einem kleinen Tischchen sind auf diesem Bild die elementaren Accessoires der eleganten Dame drapiert: ein Handschuh, eine Schmuckfeder, dazu eine Schachtel Streichhölzer. Im Zentrum des Bildes der an zwei schweren Metallständern befestigte Spiegel – und darin das Gesicht eines unglaublich eitlen, weltentrückten Mädchens, das hier fast körperlos scheint, denn wir bekommen nur dessen Kopfpartie zu sehen. Silke Scheuermann hat diesen eitlen, von unbeirrbarem Stolz geprägten Blick des Mädchens in einem Gedicht festgehalten. Am Anfang und am Ende wird das zentrale Thema angeschlagen: Die Angst vor dem Verschwinden, vor der Auslöschung des Subjekts.
Verschwinden bedeutete keineswegs: fort sein von etwas, sondern:

bei etwas Neuem, Besserem.
Und ich wurde bestraft, obwohl ich vergessen
hatte, dass es die Strafe gab.

Ich verdiene sie,
verdiene, dass man mir meinen Körper wegnahm,
dass ich ewig gezwungen bin, meine eigenen
eitlen Augen im Spiegel zu sehn,
auch wenn ich längst nicht mehr vor ihm stehe.

Ein Mädchen ohne Körper, das sich in die Augen sieht.

Dichtung und Malerei aber hören nicht auf, uns und sich selbst in die Augen zu sehen. Als sein Lieblingsgedicht hat Nico Bleutge einmal eines des Barockpoeten Daniel Casper von Lohenstein benannt. Es trägt den Titel „Die Augen“, ist Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden und handelt davon, was Dichtung und Bildende Kunst verbindet: Die Augen der Poesie wie auch der Kunst sind „Brenne-Spiegel“, die übers Meer entfernte Seelen anzünden:

Sie zünden übers Meer entfernte Seelen an /
Und Hertzen / denen sich kein Eyß vergleichen kan.
Sol man die Augen nun nicht Brenne-Spiegel nennen?

Michael Braun, Vorwort

 

Über dieses Buch

„Ut pictura poiesis – Eine Dichtung ist wie ein Gemälde, Dichtung ist wie Malerei“: Horaz’ fast magische Formel für das poetische Nachdenken über Kunst beschäftigt die hier versammelten Autoren, die sich in Gemäldegedichten, Essays oder Bildmeditationen den Werken der Bildenden Kunst nähern.
Entscheidend ist für sie alle die Suche der „poiesis“ nach einer angemessenen Blickachse, einem Orientierungspunkt, um die Tiefe der „pictura“ auszuloten. So entstehen Texte, die in ihren Bild-Erkundungen mal näher an die Kunstwerke herantreten, dann wieder aus der Ferne einen Zugang suchen. Klaus Merz, Nico Bleutge, Gerhard Falkner, Marcus Roloff und Silke Scheuermann erzählen von ihrer Auseinandersetzung mit Werken der Bildenden Kunst, von der intimen Begegnung der Poesie mit der Malerei. Die fünf Dichter porträtieren sich hier gleichsam selbst, indem sie über Bilder schreiben, die für sie und ihr Werk von großer Bedeutung sind. Neben den Korrespondenzverhältnissen zwischen Poesie und Bildender Kunst werden auch die biografisch-ästhetischen Urszenen der Autoren ausgeleuchtet. Ein Blick direkt in das Zentrum der dichterischen Werke.

Der Wunderhorn Verlag, Ankündigung

 

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