Michael Braun (Hrsg.): Lyrik-Taschenkalender 2014

Mashup von Juliane Duda zum Buch von Michael Braun (Hrsg.): Lyrik-Taschenkalender 2014

Braun (Hrsg.)-Lyrik-Taschenkalender 2014

AUF WUNSCH EINER EINZELNEN DAME

du sagst in deinem kopf gehn schwere schritte
und öffnest unsre worte daß sie leugnen,
ja schau aus dem haus wir sind die mitte
du willst dich weit aus dieser gegend beugen

jedoch du willst dich weit aus dieser gegend
beugen, vom rand der steine tut das meer
nicht weh, die art sich so und hier zu geben
ist deine nicht, du fragtest leise, wer

wer hat das gesagt wir glauben dies und nichts,
und wollte einmal unsre feier wenden
im lande wo das meer angrenzt, du sprichst
als legtest du die dinge aus den händen

Jörg Schieke

 

KOMMENTAR

Du willst dich weit aus dieser Gegend beugen: Die Widersprüchlichkeit von weit und beugen, von Wollen und Können, von Hinausstreben und natürlicher, nicht zu überwindender Körperlichkeit und Schwere (fliegen wäre nicht übel), verleiht der Geste jene Spannung, die mich berührt: ein Bild der Vergeblichkeit, vergebliches Bemühen in auswegloser Lage. Gleichzeitig nehme ich alles wörtlich und sehe, was gesagt wird, das Bild tritt mir leibhaftig vor Augen. Das heißt: Es gibt diesen Mann, der sich weit hinausbeugen kann (wenn er will), und dann sehe ich, wie er sich weit und weiter und noch weiter beugt und streckt und streckt… Und ich identifiziere mich mit ihm, denn irgendwie ist das die Lösung. Man muss nicht fort, um in andere Gegenden zu kommen, man bleibt dort, wo man daheim und verwurzelt ist und beugt sich einfach weit hinaus. Manchmal sehe ich einen Mann, der sich daheim aus seinem Fenster beugt und lauscht. Die Nachtluft kühlt seine Stirn, er lauscht, er beugt sich in die Welt und sein Kopf ist umschlossen vom Geräusch der Ferne.

Lutz Seiler

 

 

 

Editorial

Der Lyrik-Taschenkalender 2014 webt wie sein Vorgänger ein Netz aus Gedichten, poetischen Korrespondenzen und Kommentaren. 17 Dichterinnen und Dichter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren eingeladen, jeweils zwei Lieblingsgedichte deutscher Sprache auszuwählen und kompakt zu kommentieren. So entstand eine Lyrik-Anthologie als Gemeinschaftsunternehmen, das die substantiellsten und aufregendsten Gedichte der deutschen Literaturgeschichte und vor allem der allerjüngsten Gegenwart versammelt. Dabei zeigt sich eine auffällige Vorliebe für die Epoche des Barock und für das sprachberauschte, mystisch verschlungene Liebesgedicht. Am Ende wurden auch zwei internationale Weltpoeten in den Chor der lyrischen Stimmen aufgenommen. Der Herausgeber des Taschenkalenders stellt seinerseits die an der Auswahl und der Kommentierung der Gedichte beteiligten Autoren mit je einem exemplarischen Gedicht vor.

Michael Braun, Vorwort, Frühjahr 2013

 

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