Klaus Dieter Post: Günter Eich zwischen Angst und Einverständnis

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Klaus Dieter Post: Günter Eich zwischen Angst und Einverständnis

Post-Günter Eich zwischen Angst und Einverständnis

DAS NICHTMEHREINVERSTANDENSEIN

Wir haben in unseren Ausführungen versucht zu demonstrieren, mit welcher Stetigkeit im Eich’schen Werke gewisse Verhaltensmuster wiederkehren, mit welcher Eindringlichkeit der Dichter immer wieder die Angst, mit welcher Zielstrebigkeit er immer wieder das Einverständnis Bild werden läßt. Das soll nicht besagen, daß wir in den beschreibenden Motiven Günter Eichs ausschließliche Thematik in den Blickpunkt gerückt haben, es soll nur darauf hindeuten, daß sich aus dem Werk des Dichters gewisse Motivkreise herausfiltern lassen und in ihnen bestimmte Grundaussagen des Dichters in einer spezifischen Modifikation ihren Ausdruck finden. Die Thematik der Angst oder jene des Einverständnisses ist somit nicht als letzter Bezugspunkt der dichterischen Bemühungen Günter Eichs anzusehen. Sie ist vielmehr (für den Dichter genauso wie für den Interpreten) jeweils als Ansatzpunkt zu deuten, von dem her die spezifische Natur des Menschen, seine Gefährdung und seine Selbstverwirklichung veranschaulicht werden kann.
Dabei ist es keinesfalls so, daß ein Motivkreis getrennt neben dem anderen steht. Wir haben vielmehr in unseren Ausführungen darauf hingewiesen, wie sehr die beschriebenen Themen aufeinander bezogen und miteinander verzahnt sind. So ist die Darstellung der Angst niemals von jenem Bereich zu trennen, der es mit dem Einverständnis des Eich’schen Menschen zu tun hat. Man würde die Intentionen des Dichters gründlich verfehlen, wollte man die Angst, so wie sie sich z.B. in den Träumen darstellt, als Selbstzweck nehmen, wollte man die Schreckensszenen im Eich’schen Hörspielwerk als unterhaltsame Gruselgeschichten interpretieren, welche vom ungewöhnlichen Reiz leben und sich darin auch erschöpfen. Nein, die Angst will etwas vom Menschen, sie ist das rote Warnlicht, welches im Eich’schen Werk immer dann aufleuchtet, wenn der Mensch der Gefahr ausgesetzt ist, sich selbst zu verlieren. Sie ist die Ausdrucksform der inneren Krisensituation, das überdeutliche Symptom einer tiefgreifenden Krankheit des Menschen und somit, paradoxerweise, auch immer ein Zeichen der Hoffnung, da die letzte Hoffnung nur da absterben kann, wo die Angst keine Angriffspunkte mehr findet und somit unwirksam geworden ist. Die Angst hat folglich ihre ganz spezifische Funktion in den Dichtungen Günter Eichs. Sie ist der stete Stachel, die immer wieder aufscheinende Warnung, daß die Orientierungspunkte nicht mehr deutlich sichtbar, daß das Ziel und die Mitte menschlichen Daseins, die Selbstverwirklichung im Einverständnis, aus dem Gesichtsfeld gerückt sind. Angst und Einverständnis sind somit eng aufeinander bezogen. Sie sind die verschiedenartigen Ausdrucksformen einer Grundhaltung Günter Eichs seiner Sorge um den Menschen und seines Glaubens an den Menschen.
Umso überraschender ist es nach dieser Einsicht für den Leser, daß Günter Eich, zu Ende der fünfziger Jahre, die beschriebene Linie verläßt, indem er selbst, ganz unmißverständlich, gegen jedes „Einverständnis“ Stellung bezieht. In einem Gespräch mit dem Journalisten Peter Coreth fallen Worte, die in ihrer Deutlichkeit alle Mißverständnisse aus dem Wege räumen:

Heute akzeptiere ich die Natur nicht mehr: wenn sie auch unabänderlich ist. Ich bin gegen das Einverständnis der Dinge in der Schöpfung. Es ist immer der gleiche Gedankengang: das Nichtmehreinverstandensein! (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. II, S. 414)

Das war im Jahre 1971. Doch bereits vier Jahre vorher, in einem Gespräch mit einem Schüler, hatte Eich sich gegen jedes Einverständnis ausgesprochen:

… mit allem was ich schreibe, wende ich mich im Grunde gegen das Einverständnis mit der Welt, nicht nur mit dem Gesellschaftlichen, sondern auch mit den Dingen der Schöpfung, die ich ablehne. (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. IV, S. 410).

Nun ist es aber nicht etwa so, als ob diese sehr deutlich artikulierten und engagierten Sätze unvorhergesehen auftauchen und in ihrer überraschenden Tendenz all das in Frage stellen, was Eich bis in die späten fünfziger Jahre hinein geschaffen hat. Eichs eigenen Äußerungen gegenüber ist Vorsicht anzumelden. Zwar müssen wir es dem Dichter abnehmen, wenn er im Gespräch mit Coreth zu erkennen gibt, daß die Hörspiele ihm schon fern liegen „Bis auf die letzten vier muß ich mich von allem distanzieren. Ich kann sie leider nicht mehr auslöschen – sie sind nun einmal gedruckt.“ (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. IV, S. 414). Doch sollten uns diese Worte nicht zu der Folgerung verleiten, daß es zwischen dem bisher beschriebenen Eich und dem Eich der eben vernommenen Zitate keine Verbindungslinie mehr gibt. Daß Eich sein Hörspielwerk der fünfziger Jahre verschwiegen wissen will, das ist – aus der Sicht seiner Einsiedlerperspektive der letzten Lebensjahre – nur zu gut verständlich. Es bedeutetet aber keineswegs, wie die Sekundärliteratur uns Glauben machen will, daß ein eindeutiger Bruch im Eich’schen Werk aufzeigbar ist, daß der Eich der „Maulwürfe“ nichts mehr zu tun hat mit dem Dichter der Träume. Gerade in den Träumen, so meine ich, gibt sich bereits das zu erkennen, was Eich mit dem „Nichtmehreinverstandensein“ meint. Sein Appell an das Mißtrauen, an die Wachsamkeit, sein Hinweis auf „das Ärgerliche der Welt“ – alle diese Kommentare zu den Traumszenen sind zu weit nicht entfernt vom Zorn und von der Bitterkeit seiner letzten Schriften. Programmatischen Ausdruck finden diese schon sehr früh nachweisbaren Tendenzen (man denke nur an das Drama Der Präsident) in der Rede, die Günter Eich aus Anlaß der Entgegennahme des Georg-Büchner-Preises 1959 vor der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung hielt. Hier verdichten sich alle jene in den Hörspielen in vielfacher Modifikation erscheinenden Aussagen zu einer ganz konkreten Stellungnahme, die weniger poetische als vielmehr sozial-kritische und politische Akzente trägt. Eich spricht von der „Macht“, die, von den meisten unbemerkt, unsern Lebensraum okkupiert, von der Sprache, die in ihrer Manipulierbarkeit der Macht erst den Weg ebnet und von der Aufgabe des Schriftstellers zu Gegnerschaft und Widerstand:

Wenn unsere Arbeit nicht als Kritik verstanden werden kann, als Gegnerschaft und Widerstand, als unbequeme Frage und als Herausforderung der Macht, dann schreiben wir umsonst, dann sind wir positiv und schmücken das Schlachthaus mit Geranien. (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. IV, S. 454).

Trotz aller Selbstkritik, – letzteres hat Eich wohl nie getan. Dem Reiz und der Macht der Sprache ist Eich nie verfallen, so sehr ihm auch die Theoretiker des „Neuen Hörspiels“ einen „Hang zum Irrationalismus1 vorgeworfen haben. Jedes seiner Hörspiele steht als Beweis dafür, daß Sprache für Eich immer ein Problem, niemals ein selbstverständliches Mittel gewesen ist. In den Mädchen aus Viterbo gestaltet er die Macht der Verführung durch die „Geschichte“ besonders eindrucksvoll. Dichtung soll keine Lösung schaffen, sie soll vielmehr dem Menschen das unretuschierte Bild seiner selbst vorhalten. Der Mensch soll nicht einverstanden sein mit den Lösungen, die ihm vorgesetzt werden, er soll alle Maßstäbe nur in sich selbst suchen.
Es besteht also kein Zweifel daran, daß Eich jedes Einverständnis mit einer „perfekt funktionierenden Gesellschaft“ und den Mächten, die hinter dieser stehen, schon von jeher abgelehnt hatte, ja, daß sein ganzes Werk als einziger Protest zu verstehen ist gegen solche Kräfte, die den Menschen umfunktionieren wollen. Nur sollte man nicht so kurzsichtig sein zu behaupten, daß das Eich’sche Hörspielwerk die Aufforderung enthalte, „an der Verwirklichung einer human-sozialistischen Gesellschaft mitzuarbeiten“.2 Solchen Worten wäre Eich mit Skepsis und Ablehnung begegnet. Er war, wie er selbst bekundete, „über das Dingwort noch nicht hinaus“ (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. IV, S. 442). Will sagen: er versuchte die Dinge auseinanderzuhalten, um ein großes Fragezeichen dorthin zu setzen, wo die Fugen offensichtlich nicht zusammenpaßten. Über diese Pionierarbeit ist er sein Leben lang nicht hinausgekommen, oder vielmehr: er hat nicht darüber hinauskommen wollen, da er jedes beschönigende Hinausgehen über die nicht mehr zusammenpassenden Grundelemente als Verrat am Menschen empfunden hat.

In den Bereich des Zeitwortes aber bin ich nicht vorgedrungen (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. IV, S. 442)

Aus dem Wort einen Satz zu machen, folglich die Dinge in Bezug zu setzen, sie im Zusammenhang zu sehen und in diesem Zusammenhang auszusprechen, also zu Ergebnissen zu kommen, die für den Menschen eine spezifische Relevanz hätten, dazu ist Eich nie gekommen. Es wäre deshalb unangemessen, Eich irgendwelche aktivistischen Ziele zuzuschreiben. Man würde sich damit außerhalb des Raumes der Eich’schen Dichtung stellen. Wenn Eich aktiv war, dann nur im Sinne von Festianus, der durch seine Fragen, durch sein Nicht-Einverstandensein der Macht von Himmel und Hölle ihre Grundlage genommen hat.
Es ist also nicht zu übersehen, daß die Verweigerung des Einverständnisses, so wie Eich sie in seinen letzten Lebensjahren proklamierte, eine charakteristische Thematik vieler Eich’scher Hörspiele ist. Schon Ludwig Krämer im Traum am Edsin Gol weigerte sich letztlich, seinen eigenen Wünschen nachzugeben. Die Frage drängt sich uns nur auf, wie die ausdrückliche Ablehnung jedes Einverständnisses ins Verhältnis zu setzen ist mit jenem leitmotivischen Komplex, den wir, in Anlehnung an Eich, mit dem Stichwort, „Einverständnis“·versehen hatten. Es ist ja keineswegs so simpel, wie die Sekundärliteratur es erscheinen läßt, die uns Glauben machen will, daß sich zwischen dem Einverständnis von Paul, Catarina und Gabriele unq dem Verhalten von Festianus jener Bruch auftäte, der die Wende im Eich’schen Werk dokumentiere.3 Wir hatten auf dieses Mißverständnis schon in unseren Ausführungen über Festianus, Märtyrer hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, daß Festianus sich von den bezeichneten Gestalten der früheren Hörspiele nur graduell unterscheide. Ein Bruch ist nirgendwo aufzuspüren, höchstens eine Verlagerung des Akzentes, eine deutlichere Artikulierung, eine anschaulichere und nachdrücklichere Gestaltung jener Kräfte, welche „die Herrschaft aber die Hände und die Herrschaft aber die Seelen“ (Günter Eich: Gesammelte Werke, Bd. IV, S. 453) anstreben.
Mit seiner Darmstädter Rede macht Eich es deutlich, daß die Betonung auf dem Widerstand zu liegen hat. Doch inwiefern soll damit das Thema „Einverständnis“ abgetan sein? Abgetan ist nur jenes Einverständnis, welches Laurentius oder Belial charakterisiert. Abgetan war es bereits in Eichs erstem Hörspiel. Denn im Traum am Edsin Gol vernehmen wir, daß Ludwig Krämer keineswegs bereit ist, sich mit den verführerischen Mächten des Glücks einzulassen. Schon er plädiert für Widerstand. Weshalb soll also nach der Darmstädter Rede plötzlich ein neuer Eich entstanden sein? Gehört zum Widerstand nicht das Wissen darum, was es auf sich hat mit jenem Phänomen Mensch? Ist der Widerstand nicht also ein unmißverständliches Zeichen dafür, daß jene Mitte, die Paul oder Gabriele, Catarina oder Festianus charakterisierte und der wir das Wort „Einverständnis“ zuordneten, daß diese Mitte stets für Eich Geltung gehabt haben muß, selbst wenn sie am Ende nicht mehr sichtbar ist, höchstens unter dem Panzer des mürrischen, aggressiven Krebses oder unter dem schwarzen Fell grotesker Maulwürfe noch zu spüren ist? Verschwunden ist damit das Thema „Einverständnis“ keineswegs aus dem Werke Günter Eichs, selbst wenn wir, oder besser gesagt: gerade weil wir nur noch „Nichtmehreinverstandene“ im Spätwerk antreffen.
Als Beispiel mag jenes groteske Puppenspiel Unter Wasser gelten, welches, zum Zeitpunkt der angeblichen Wende im Werke Günter Eichs geschrieben; als eine der wenigen Arbeiten nicht von der Selbstkritik des Dichters verworfen wurde. Dieses Privileg jedoch kann es höchstens des neuen Tones wegen genießen, nicht aber eines neuen Themas wegen, denn das ist, wie zu zeigen sein wird, das gleiche wie schon in der Geschichte von Ludwig Krämer oder von Gabriele oder der von Festianus. Wiederum zeigt uns Eich eine Welt, die zunächst von den Wünschen regiert wird. Da ist Elias Johnson, der sich in die Vorstellung hineinsteigert, in der Seeschlacht bei Trafalgar dem Admiral Nelson das Leben gerettet zu haben, da ist der Tintenfisch, der so gern an die Auserwähltheit seines Geschlechts glauben möchte, und da ist schließlich Agnes, die sich selbst und ihre Umgebung davon überzeugen will, als Agnes Bernauerin gelebt und gelitten zu haben. Alle diese Wesen zeigen die typischen Symptome des mit sich selbst entzweiten Menschen, – Symptome mithin, wie sie an allen bedeutenden Gestalten der Eich’schen Hörspiele – das jedenfalls haben wir versucht darzustellen – nachweisbar sind. Grotesker Ausdruck dieser Verfremdung ist die Austauschbarkeit des Kopfes und damit die beliebige Verwandlung der Persönlichkeit. Ob Abimelech oder Nelson, für Elias Johnson ist das nur eine Frage der Auswahl des richtigen Kopfes. Wir erinnern uns: Diese Verwandlungen tauchen schon an anderer Stelle im Eich’schen Werke auf. Aus Ellen wurde Camilla, aus Gabriele Antonia und Dona Catarina verbarg sich hinter der Gestalt der Natercia. Ja, Wandel und Verwandlung in vielerlei Gestalt wird zum beherrschenden Thema in der Geschichte vom entsprungenen „Tiger Jussuf“. Überall geht es um die Frage der Identität, der Annäherung an das eigene Bild, welches irgendwo hinter den Masken versteckt ist, und damit letztlich um die Forderung, mit diesem eigenen Bilde einverstanden zu sein.
Auch Elias Johnson steht vor dieser Aufgabe, wie alle seine Vorgänger, und auch er hat wie Paul, wie Dona Catarina oder Gabriele einen Mentor, der ihn auf den rechten Weg leitet. Diesmal erscheint dieser Mentor in der Gestalt eines unwirschen und verbitterten Einsiedlerkrebses, hinter der man unschwer; wie Schafroth bereits betont hat,4 die Züge des späten Günter Eichs erkennt. Aufschlußreich, in Sicht auf diese Mentorgestalt wie auch auf die Entwicklung des Puppenspiels, ist der Umstand, daß gerade der Einsiedlerkrebs den wahren Kopf des Elias Johnson verborgen hielt. Versteckt im Kostüm eines ungeschlachten Tieres scheint Eich noch einmal deutlich machen zu wollen, welche Aufgabe dem Dichter in unserer Gesellschaft zukommt. Die Aufgabe nämlich, einen Elias Johnson auf den Weg zu sich selbst zurückzuführen. Der weitere Verlauf der Geschichte ist also abzusehen. Elias wird seinen Kopf wiederfinden und ihn letztlich auch akzeptieren als den seinen, obgleich es für ihn heißen wird, daß er das Bild des selbstlosen, tapferen Kriegers verleugnen muß, um zu seiner unrühmlichen Wahrheit zurückzukehren: zum Raubmörder Elias Johnson, der unter dem Beil des Henkers sein Leben ließ. Angesichts der Wandlung von Elias Johnson wird auch Agnes ihre Ansprüche aufgeben und sich zu ihrer Vergangenheit als Dirne bekennen. Beide werden in Zukunft jene Höhle bewohnen, in die der Einsiedlerkrebs sich zum Schluß zurückgezogen hatte.
Deutlicher hätte es Eich uns nicht sagen, überzeugender hätte er sein altes Muster vorn Einverständnis nicht variieren können. Wo hier ein angeblicher Bruch in der Thematik liegen soll, bleibt unerklärlich. Nur wer hinter dem Eich der klassischen Hörspiele den Märchendichter, den Erlösungspropheten und den Gottsucher zu sehen meint, kann, auch in Sicht auf das eben behandelte Puppenspiel, behaupten, daß das Spätwerk von Eich durch die gescheiterte Theodizee gekennzeichnet sei.5 wo es jemals im Eich’schen Werke eine „Theodizee“ gegeben haben soll, bleibt dem unvoreingenommenen Betrachter dieses Werkes schleierhaft. Eich hat in seinen Hörspielen oder Gedichten niemals etwas gerechtfertigt. Schon gar nicht die Existenz eines Gottes, der trotz aller Gefährdung und alles Leids als letzter Zielpunkt zu erkennen wäre. Zielpunkt im Eich’schen Werke ist immer nur der Mensch und gar nichts anderes als nur dieser Mensch. Bereits seine ersten Hörspiele sind dadurch gekennzeichnet, daß die Glückseligkeit verworfen und der Mensch nur auf sich selbst verwiesen wird. Wenn Eich dann, in Festianus, Märtyrer und in Unter Wasser, zum offenen Angriff übergeht auf die Dogmen einer den Menschen von sich selbst entfremdenden Kirche, dann öffnet sich damit keine neue Perspektive, schon gar nicht die Aussicht auf einen gänzlich neuen Eich. Vielmehr bleiben wir ganz im Zusammenhang der gewohnten Thematik. Die Kirche samt ihrer Verheißungen ist für Eich nur eine Modifikation der vielfältigen Verführungen, eine jener Mächte also, welche „die Herrschaft über die Hände und die Herrschaft über die Seelen“ anstrebt.
Aus dieser Einsicht darauf zu schließen, daß Eich den Schritt vom Gottsucher zum Gottesleugner vollzogen hätte, wäre unklug. Institutionen, die vorgeben, den Menschen erlösen zu wollen, sind Eich nicht erst in den letzten Lebensjahren verdächtig gewesen. Sein Gesamtwerk ist bestimmt durch den Widerstand gegen die Einflußsphäre, die dem Menschen die Entscheidung über sich selbst abnehmen will. Im breiten Spektrum der den Menschen bedrohenden Kräfte nimmt die Institution der Kirche nur begrenzten Raum ein. Das wird auch im Puppenspiel Unter Wasser deutlich. Elias Entwicklung ist nicht etwa bestimmt durch den Widerstand gegen die Worte des Engels. Vielmehr richtet sich sein Widerstand letztlich gegen sich selbst. Er erkennt die Verführung, die darin liegt, sich selbst geschichtliche Größe zuzusprechen. Dieser Verlockung widerstanden und seine eigene, ruhmlose Existenz anerkannt zu haben, ist das eigentliche Verdienst von Elias Johnson. Gott und die Kirche vervollständigen in diesem Zusammenhang nur das Bild der lebensfeindlichen Mächte, sie stehen für Eich nicht selbst im Zentrum des Interesses. Von der Gestalt des Elias Johnson her wird diese Deutung einsichtig. Johnson fragt nicht nach den letzten Dingen. Ihm wäre es gleich, ob die Botschaft aus den Wolken „verworfen“ oder „angenommen“ hieße. Das scheint nur den Engel zu interessieren, nicht einmal den Tintenfisch, der zuvor so gern an seine Auserwähltheit glaubte.
Wir sind an dieser Stelle noch einmal detailliert auf ein spezifisches Eich’sches Werk eingegangen, weil es die These zu widerlegen galt, daß das Spätwerk (und dazu zählt dieses Puppenspiel sicherlich) sich radikal vom Werk der frühen und mittleren Periode unterscheidet. Im mangelnden Einverständnis, so glaubt man erkannt zu haben, gibt sich der neue Eich zu erkennen. Soweit das einhellige Urteil der Sekundärliteratur, das sich in seiner Begründung auf die Worte Eichs beruft. Wir können uns dieser Argumentation nicht anschließen, weil sie den Eindruck zu erwecken sucht, daß der Begriff des Einverständnisses von und für Eich eindeutig festgelegt sei. Dem ist keineswegs so, und wir haben deshalb die These aufgestellt, daß die Grundkonzeption des Eich’schen Werkes erhalten bleibt, daß nur mit zunehmendem Alter des Dichters der Ton sich ändert, die Akzente sich verschieben. Der neue Ton ist im Puppenspiel Unter Wasser deutlich vernehmbar. Er klingt an in der Auswahl der Personen, in ihren Gesprächen und Aktionen und vor allen Dingen in der spezifischen Beschreibung der Schauplätze. Eich benutzt in diesem Werk zum ersten Mal konsequent Stil- und Formelemente der Groteske. Er scheint der Ansicht zu sein, daß der leidenschaftliche Appell, wie er seinen bisher geschaffenen Werken eigen war, das unangemessene Mittel sei, um dem Menschen zu sich selbst zu führen. Eich arbeitete bisher gleichsam von innen heraus, litt mit jeder seiner Gestalten, versuchte durch die tiefsten, psychischen Verwirrungen seiner Figuren hindurch, gegen die widrigen Umstände einer feindlichen Umwelt, das Abbild menschlicher Wahrheit nicht verlorengehen zu lassen.
In den Grotesken seines Spätwerks begegnet uns ein leidenschafts- und illusionsloser Eich, der festgestellt hat, daß sein Bild vom Menschen nicht mehr ableitbar ist aus der sogenannten Wirklichkeit. Das heißt keineswegs, daß das Bild vom Menschen sich bei Eich geändert hat, daß das Einverständnis mit der eigenen Wahrheit aufgegeben worden ist. Eich hat sich selbst und seinen Glauben vielmehr zurückgezogen, spricht nicht mehr von dem, was er glaubt, zeigt in allem, was er von nun an noch äußern wird, nur noch sein Mißverhältnis zur Welt oder vielmehr das Mißverhältnis von Welt und Mensch. Deshalb die Groteske. Ihre Verzerrungen sind die Abbilder unserer Wirklichkeit, die gemessen wird an jener lebendigen, menschlichen Wahrheit, welche Eich im „Einverständnis“ seiner Gestalten wieder aufleuchten lassen wollte. Die Groteske, wenn sie auch nicht mehr vom Einverständnis spricht, ist dennoch als letzter Appell zu verstehen, als Aufforderung, in den Verzerrungen nach dem eigentlichen Bilde des Menschen zu suchen. Damit ist die Groteske die natürliche Fortsetzung jenes Motives, dem wir den ersten Teil unserer Betrachtungen widmeten, – nämlich der Angst. Wir hatten in der Angst letztlich jene Instanz gesehen, welche dem Menschen sein Mißverhältnis zu sich und zu seiner Umwelt signalisierte. Sie hatte folglich eine therapeutische Funktion, indem sie das Bewußtsein der Gefährdung weckte und damit die Notwendigkeit der Errettung und Wiederherstellung des Bildes vom Menschen beschwor. Die Angst ist im Spätwerk Günter Eichs in dieser Funktion nicht mehr faßbar. Ja, sie ist gänzlich verschwunden aus den Texten. Nicht deshalb, weil Eich ihr keine Bedeutung mehr zugesteht, sondern deshalb, weil ihre Funktion von einer anderen Instanz übernommen wurde. Sie ist aufgegangen in der Groteske und zeigt in dieser Metamorphose den inneren Zusammenhang aller Werke, aller Lebensabschnitte des Dichters. Eich ist im Grunde der gleiche geblieben. Gewechselt hat er nur seinen Standort, nicht um seine Leser zu verwirren, sondern deshalb, um in einer mehr und mehr widrig und feindlich sich bezeigenden Wirklichkeit sich selbst treu zu bleiben. Darum ist sein Ort nicht mehr unter den Menschen zu finden, sondern in der Höhle des Einsiedlerkrebses oder in den unterirdischen Gängen des Maulwurfes. Noch einmal sei es in aller Deutlichkeit gesagt: Einen Bruch im Sinne eines radikalen Neuansatzes hat es bei Günter Eich nie gegeben. Der von uns untersuchte Motivkreis hat das deutlich gemacht. Die Angst und das Einverständnis, – sie wurden in der Groteske des Spätwerkes nicht aufgehoben, sondern vielmehr in eine Form überführt, die für den Eich der letzten Lebensjahre die angemessene war.

 

 

 

Einleitung

Sich auf das Werk Günter Eichs einzulassen, scheint unzeitgemäß in einer Zeit der Politisierung von Literatur und Literaturwissenschaft. Denn jene Attribute, mit denen die Eich’sche Dichtung gemeinhin charakterisiert wird, scheinen heute keine Geltung mehr zu haben. Eich, das ist der Exponent der ersten Nachkriegsliteratur, der Wegweiser im Hörspiel der fünfziger Jahre, welches, laut Friedrich Knilli, „die Verbrechen der deutschen Faschisten, Heimkehr und Flucht, den Wiederaufbau des Kapitalismus systematisch entpolitisierte und ins Moralisch-Religiöse hochstilisierte.“6 Wer mag schon gern auf diese staatsbürgerlichen Untugenden eingehen, zumal einem heute freiweg bestätigt wird, daß die von Eich bestimmte Hörspielideologie der ersten Nachkriegsjahre und deren Früchte „schlichter Krampf“7 sind. Heute weiß man sich zu wehren gegen illusionistische und suggestive Manipulationskunst, die sich dem Hörer widerstandslos zur Einfühlung anbietet und ihn in eine welt- und zeitlose Innerlichkeit hineinführt.
Die Krankheit der fünfziger Jahre und ihre Symptome scheinen erkannt. An Eich lassen sie sich, so die progressiven Hörspieldramaturgen, besonders klar aufzeigen. In der Diagnose sind sich alle einig: Passives Weltverständnis, apolitisches Bewußtsein, antitechnische Haltung, Befangenheit in einer Welt der Träume, Verinnerlichung und Illusionierung. Eich hat in den letzten Jahren seines Lebens nicht dazu beigetragen, dieser bequemen Typisierung seines Werkes entgegenzutreten. Dazu mag die Tatsache, daß er sich fast nie einer Diskussion gestellt hat, die Vorurteile gegen ihn nur noch erhärtet haben. Auch die wohlwollenden unter seinen Kritikern, wie z.B. der frühere NDR Hörspiel-Chef Heinz Schwitzke, haben sich nie veranlaßt gefühlt, die Pauschalurteile aus dem Wege zu räumen. Sie zogen es zumeist vor, Eich und die ihm zugeschriebene „Illusionsbühne“ zu verteidigen.
Daß es von Anfang an sehr deutlich gesagt wird: Falls das Hörspiel der fünfziger Jahre, wie Klaus Schöning behauptet, eine „Illusionswelt“ errichtet hat, „in der die heterogensten Elemente mühelos miteinander zu versehmelzen, d.h. zu befrieden, die Konflikte innerlich auszutragen und zu versöhnen sind“,8 so gehören die Hörspiele Günter Eichs sicherlich nicht in den bezeichneten Umkreis. Denn so oft wir auch in seinen Stücken in den Bereich der Innerlichkeit geführt werden, so geschieht das keinesfalls, um den Problemen der Außenwelt zu entrinnen. Es grenzt an Blindheit, nicht zu bemerken, daß bei Eich jedes Innen immer auf ein Außen bezogen ist und jeder Traum nur den Sinn für die Realität wecken will. Es ist weiterhin absurd zu behaupten, daß bei Eich alles „mühelos miteinander verschmolzen“ wird, wo es ihm stets darauf ankam zu zeigen, daß der Mensch erst dann mit sich leben kann, wenn er den falschen Harmonien des Daseins auf die Spur gekommen ist und die Bereitschaft zeigt, die Realitäten in seinen Vorstellungskreis zu integrieren. Unsere folgenden Ausführungen werden, so hoffen wir, deutlich machen, inwiefern das Werk Günter Eichs, vom Traum am Edsin-Gol bis hin zu den Grotesken und Satiren der letzten Lebensjahre jedem Verschmelzen, jeder bloßen Illusionierung entgegenzuwirken versucht.
Dabei ist es unser Bestreben, einen Ansatz zu suchen, der die vielschichtige Problematik in den Gedichten und Hörspielen Günter Eichs auf einen möglichst einfachen, anschaulichen Nenner bringt. Sicherlich nicht im Sinne einer unangemessenen Vereinfachung, welche die heterogenen Elemente der Eich’schen Dichtung bewußt außer acht lassen müßte. Vielmehr im Sinne einer Zusammenfassung verschiedenartigster Tendenzen zu beschreibbaren Phänomenen, welche in leitmotivischer Form das gesamte Werk Günter Eichs durchziehen. Solch ein Phänomen ist z.B. die Angst, welche, bereits in den ersten Hörspielen deutlich aufspürbar,9 dann in den großen Hörspielen der fünfziger Jahre mehrmals zur zentralen Thematik wird. Wir werden die Entwicklung dieses Motives an einzelnen prägnanten Texten aufzeigen. Zunächst an einem Hörspiel, welches, seiner idyllischen Grundstimmung wegen, alles andere eher vermuten läßt als die Thematik der Angst. Dann an jenen Hörspielen und Gedichten, in denen die Angst eine beherrschende Stellung eingenommen hat. DieserBestandsaufnahme wird sich die Frage anschließen, inwiefern das Motiv der Angst über rein äußerliche Kriterien, wie z.B. Spannungserzeugung, hinausgeht und ein Licht wirft auf die ganz zentralen Anliegen des Dichters und Menschen Günter Eich.
Aus der Thematik der Angst wird sich dann ein anderes Motiv ableiten lassen, welches gleichermaßen das Werk Günter Eichs charakterisieren wird, von den ersten funkdramatischen Versuchen bis hin zu den letzten Hörspielen: nämlich das Einverständnis des Menschen mit seinen eigensten und tiefsten Wurzeln, ein Einverständnis, das zugleich das „Nicht-mehr-Einverstanden-sein“ mit jenen Mächten einschließt, welche die an jeden Menschen ergehende Forderung nach Selbstfindung und Selbstverwirklichung annullieren wollen. Es sei gleich zu Anfang mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß Eich bereits in seinen ersten Hörspielen gegen jede Macht Stellung bezieht, die die Selbstverwirklichung des Menschen zu verhindern trachtet, ja, daß der Widerstand gegen solche Mächte Handlung und Thematik der meisten (der frühen genauso wie der späten) Hörspiele ausmacht. Es wird in der Literatur über Eich nämlich von der These ausgegangen, daß zuende der fünfziger Jahre im Eich’schen Werk eine Zaesur zu erkennen ist, welche beim Dichter auf eine Wende vom Einverstandensein zum „Nichtmehreinverstandensein“ zurückzuführen ist. Eich selbst hat dieser These Vorschub geleistet, indem er sich in verschiedenen Gesprächen zuende seines Lebens gegen jedes Einverständnis und für den Widerstand ausgesprochen hat10 und dabei durch den Akt der Verleugnung seiner bekanntesten Hörspiele den Eindruck zu erwecken suchte, als ob diese im bewußten Gegensatz gestanden hätten zu seiner neuen Position des Widerstandes. Daß dem nicht so ist wird unsere Untersuchung der einzelnen Texte aufzuzeigen bemüht sein. Wir gehen dabei von einem Begriff des „Einverständnisses“ aus, wie Eich ihn besonders in seinem Hörspiel Die Mädchen aus Viterbo entwickelt hat.
Es gilt in unserer Arbeit eine weitere These richtigzustellen, nämlich jene immer wiederkehrende Behauptung, daß Eichs Widerstand sich im Grunde gegen äußerlich faßbare Machtblöcke wie Staat und Kirche gerichtet habe, seine Hörspiele deshalb, wie Schafroth es ausdrückt, „Appellcharakter“ haben und die Aufforderung enthalten, „an der Verwirklichung einer human-sozialistischen Gesellschaft mitzuarbeiten“.11 Diese These, so meinen wir, engt die Interpretation der Hörspiele auf einen äußerst schmalen Raum ein und verfehlt dabei die zentralen, dichterischen Intentionen Günter Eichs, welche nicht darauf gerichtet waren, den einzelnen Menschen gegen die Willkür feindlicher Mächte in Schutz zu nehmen, sondern gerade umgekehrt, die feindlichen Mächte als Wirkungskräfte in der Psyche des einzelnen Menschen aufzeigen wollten. Unsere Arbeit wird bemüht sein, diese Zusammenhänge deutlich zu machen. Sie soll versuchen, einige Pauschalurteile über Günter Eich zu entkräften, selbst wenn es solche sind, die der Dichter selbst in den sehr knappen und sporadischen Äußerungen über sich selbst und seine Werke zur Verwirrung mancher Kritiker in die Welt gesetzt und am Leben erhalten hat. Die Konzentration auf spezifische Motive soll dabei der einzige Leitfaden sein. An ihnen, so unsere Hypothese, lassen sich Zusammenhänge aufzeigen, die das Werk Günter Eichs in ein neues Licht stellen.
Wir werden in unseren Ausführungen vom Frühwerk auszugehen haben, werden unser Hauptaugenmerk dann auf Hörspiele der fünfziger Jahre richten, um schließlich unsere Thesen noch einmal am Frühwerk zu messen. Ein abschließender Blick auf Probleme des Spätwerkes wird, so hoffen wir, die Behauptung zu widerlegen wissen, daß an Günter Eichs Spätwerk ein radikaler Wandel im Dichter nachweisbar sei.

Klaus Dieter Post, Vorwort

 

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Teil I. Das Erlebnis der Angst

Angst und Idylle – Die Tasche des Landbriefträgers Döderlein

Angst und Enge – Schritte zu Andreas

Angst und Verheißung – Abgelegene Gehöfte

 

Teil II. Die Bewältigung der Angst

Visionen und Reflexionen – Träume

Verdrängung und Anerkennung – Fis mit Obertönen

Überwindung im Einverständnis – Die Mädchen aus Viterbo

 

Teil III. Der Weg zum Einverständnis

Parallelitäten in der Konzeption der Personen: Gabriele, Camilla, Paul, Dona Catarina

Exkurs: Festianus, Märtyrer

 

Teil IV. Die Verbindung zum Frühwerk

Die Versuchung des Glücks – Ein Traum am Edsin-Gol

Der Einfluß der Romantiker
1) Eichendorff: „Die Glücksritter“
2) Tieck: „Des Lebens Überfluß“

Die Gegenposition – Der Präsident

Die Fragwürdigkeit des Fortschritts
1) Weizenkantate
2) Fährten in die Prärie
3) Radium

Schluss: Das Nichtmehreinverstandensein

Literaturverzeichnis

 

Die Gestalt Günter Eich

hat von seiten der Kritik höchst widersprüchliche Bewertung erfahren. Besonders sein Hörspielwerk der fünfziger Jahre wird dabei stets in den Blickpunkt gerückt. Einer Seite gilt es als der künstlerische Ausdruck des sittlichen Widerstands gegen die „Ordner der Welt“, die andere vermag darin nur die Symptome eines passiven Weltverständnis, die Befangenheit in einer Welt der Träume zu erkennen. Die vorliegende Untersuchung versucht anhand von zwei Motiven, der Angst und des Einverständnisses, zu klären, welche Grundstrukturen sich am Werk Günther Eichs ablesen lassen und inwiefern diese Strukturen einen inneren Zusammenhang aller Eich’schen Dichtungen andeuten.

Bouvier Verlag Herbert Grundmann, Klappentext, 1977

 

SCHNEELANDSCHAFT MIT GÜNTER EICH

Fahrt nach Groß-Gmain an der bayrisch-österreichischen Grenze Februar 78
hier lebte der Dichter Günter Eich ich besuche seine Witwe die Dichterin Ilse Aichinger
in dem von Schnee bedeckten Haus in dem unverändert Günter Eichs Schreibtisch steht
das Sofa auf dem er lag Tränen liefen ihm über die eingefallenen Backen in den struppigen Bart Maubeuge ist gefallen später
wird er islamisch eingesegnet worden sein
eine feurige Lohe wird ihn weggerafft haben wie den Propheten Elias mitten im Winter
die Asche verstreut auf den Weinbergen oberhalb Biel mitten im Winter

Helmut Heißenbüttel

 

 

Fakten und Vermutungen zum Autor

 

Dichterlesung am 1.1.1959 im Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. Moderation: Siegfried Unseld. Günter Eich liest die Gedichte „Herrenchiemsee“, „Himbeerranken“, „D-Zug München-Frankfurt“ und „Wo ich wohne“ sowie zwei Szenen aus seinem Hörspiel Unter Wasser.

Samuel Moser: Welt der Literatur – Mir klingt das Ohr – doch wer kann mich meinen? Ein Porträt des Dichters Günter Eich.

Ein geheimer Sender, der weiterschabt in unserem Ohr – Ein Gespräch von Michael Braun mit dem Lyriker Jürgen Nendza. Über Günter Eich, die Vokabel „und“ und über Gedichte zwischen „Haut und Serpentine“

Hans Magnus Enzensberger: Überlebenskünstler Günter Eich

Kurt Drawert: Er hatte seine Hoffnung auf Deserteure gesetzt

Am Rande der Welt Roland Berbig im Gespräch mit Michael Braun über den Briefwechsel von Günter Eich mit Rainer Brambach

 

 

Zum 60. Geburtstag von Günter Eich:

Jürgen P. Wallmann: Zum 60. Geburtstag von Günter Eich
Die Tat, 26.1.1967

Zum 65. Geburtstag von Günter Eich:

Jürgen P. Wallmann: Auf der Suche nach dem Urtext
Die Tat, 28.1.1972

Zum 70. Geburtstag von Günter Eich:

Johannes Poethen: Wirklichkeiten hinter der Wirklichkeit
Die Tat, 28.1.1977

Zum 80. Geburtstag von Günter Eich:

Eva-Maria Lenz: Erhellende Träume
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.1.1987

Rudolf Käser: … das Zeitliche habe er nicht gesegnet
Neue Zürcher Zeitung, 29.1.1987

Zum 20. Todestag von Günter Eich:

Peter M Graf.: Singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet
Der kleine Bund, Bern, 19.12.1992

Götz-Dietrich Schmedes / Hans-Jürgen Krug: Das Wort in ständigem Wechsel mit dem Schweigen
Frankfurter Rundschau, 19.12.1992

Zum 100. Geburtstag von Günter Eich:

Christoph Janacs: Sand sein, nicht Öl im Getriebe
Die Presse, 27.1.2007

Roland Berbig: Maulwurf im Steingarten
Der Tagesspiegel, 1.2.2007

Helmut Böttiger: Stil ist ein Explosivstoff
Süddeutsche Zeitung, 1.2.2007

Michael Braun: Narr auf verlorenem Posten
Basler Zeitung, 1.2.2007

Ole Frahm: Der Konsequente
Frankfurter Rundschau, 1.2.2007

Martin Halter: Seid Sand im Getriebe!
Tages-Anzeiger, 1.2.2007

Samuel Moser: Spuren eines Maulwurfs
Neue Zürcher Zeitung, 1.2.2007

Iris Radisch:  Man sollte gleich später leben
Die Zeit, 1.2.2007

Sabine Rohlf: Dichtkunst mit Maulwürfen.
Berliner Zeitung, 1 2.2007

Hans-Dieter Schütt: Der linke Augenblick
Neues Deutschland, 1.2.2007

Wulf Segebrecht: Schweigt still von den Jägern
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1.2.2007

Jürgen P. Wallmann: Gedichte und Maulwürfe
Am Erker, 2007, Heft 53

Jörg Drews: Wenn die Welt zerbricht
Die Furche, 1.2.2007

Zum 50. Todestag von Günter Eich:

 

 

Fakten und Vermutungen zu Günter Eich + Debatte + KLGIMDb +
UeLEX + Archiv 1 & 2 + Internet Archive + Kalliope + YouTube
Georg-Büchner-Preis 1 & 2
Porträtgalerie: Brigitte Friedrich Autorenfotos + Keystone-SDA
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Günter Eich – Ein Film von Michael Wolgensinger aus dem Jahr 1972.

„Deshalb ist er immer auf den Berg gegangen“. Mirjam Eich spricht hier mit Michael Braun und Jürgen Nendza u.a. über diesen Film.

 

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