Stefan Weidner (Hrsg.): Die Farbe der Ferne

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Stefan Weidner (Hrsg.): Die Farbe der Ferne

Weidner (Hrsg.)-Die Farbe der Ferne

SCHNEE

Schnee:
Selbst die Wolken wissen nicht
Wie sie ihn lesen sollen.

Der Schnee
Knöpft das Kleid der Erde zu
Indem er den Anzug des Himmels aufknöpft.

Schnee!
Ich glaube, ich bin dir ferner als das Feuer
Ich bin dir näher als das Wasser.

Die Zähne des Schnees
Hören nicht auf zu lachen.

Heute
Begrüßte ich den Schnee per Handschlag −
Seine Hand war warm.

Schnee:
Bedeutet er die Verhaftung des Regens
Oder die Befreiung der Wolken?

Schnee:
Weißer Name für den Tod.

Adonis

 

 

 

Nachwort

Selten dürfte eine Literatur, dürfte ein Genre eine so atemberaubende Entwicklung durchgemacht haben wie die arabische Dichtung in den letzten 50 Jahren. Sie ist heute ebenso weltoffen wie eigensinnig, so modern wie traditionsbewußt, so formlos wie formvollendet, so alt und neu und schön und rätselhaft wie die arabische Welt selbst. 21 arabische Staaten, rund 200 Millionen Sprecher, eine Literatursprache, die sich seit anderthalb Jahrtausenden morphologisch nicht verändert hat, so daß man die ältesten Worte in derselben alten Form und Aussprache in der Zeitung – und im Gedicht! – von morgen finden kann, eine Wertschätzung für Sprache, Dichter und Dichtung, die an Besessenheit grenzt, dies alles stellt die gegenwärtige arabische Dichtung gleichrangig neben die anderer internationaler Literatursprachen wie Englisch, Spanisch und Französisch. Das war nicht immer so. Noch vor 50, ja noch vor 25 Jahren, als mit Annemarie Schimmels Anthologie Zeitgenössische arabische Lyrik (1975) erste Kostproben daraus auf deutsch vorgestellt wurden, mochte sie den Lesern traditionell, romantisch, arglos erscheinen, und doch waren die Namen, die man heute als die Großen kennt, schon alle mit frühen Gedichten vertreten: Mahmûd Darwîsh, Adonis, al-Bayyâtî. Erst nach dem Nobelpreis für Nagib Machfus entdeckt man sie langsam wieder.
Ist die arabische Lyrik fremd, unverständlich? Gegenfrage: Könnte sie schwerer zugänglich sein als so manche moderne abendländische Lyrik? Man sollte sich ihr nur ebenso unbefangen nähern. Dann aber verbinden uns mit der arabischen Dichtung genauso viele Brücken, wie es Flüsse gibt, die den Weg versperren. Die größten Hindernisse dürften übrigens nicht inhaltlicher, ja nicht einmal formaler Natur sein, sondern im Ton liegen, in der Frage, was als lyrisches Sprechen (noch) gilt, was Lyrik sich leisten kann. Dies ist der erste und breiteste Fluß, der sich dem westlichen, zumal dem in die Nüchternheit gezwungenen deutschen Leser entgegenstellt, aber da ist auch schon die erste, breite Brücke: In der arabischen Welt dreht sich der zentrale Streit ebenfalls um die Frage, was angesichts der explosionsartigen Pluralisierung der Lyrik in den letzten 50 Jahren überhaupt noch unbestritten als Dichtung gelten kann. Diese Diskussion spiegelt Generationsprobleme, und zugleich ist sie das Symptom krassester gesellschaftlicher und ideologischer Gegensätze. Und diese wiederum sind das Ferment für eine Dichtung, die so vielgestaltig ist, daß wohl jeder Leser etwas nach seinem Geschmack finden kann. Einige Facetten aus diesem Reichtum seien hier näher erläutert.

Dichtung und Politik
Daß die Anthologie mit den Gedichten einer Palästinenserin beginnt, ist weder Zufall noch herausgeberische Willkür. Deutlicher als viele andere Literaturen hat sich die moderne arabische Lyrik im Gleichtakt mit politischen Ereignissen entwickelt. Die ersten free verse-Dichtungen (vgl. S. 254) entstanden 1947/48, exakt zur Zeit des ersten arabisch-israelischen Krieges. Die fortan als an-nakba („die Katastrophe“) bezeichnete Niederlage der schlecht organisierten arabischen Truppen untergrub das ohnehin angeschlagene Selbstwertgefühl der Araber und diskreditierte die herrschende Gesellschaftsordnung. Die Revision der überkommenen sprachlichen Ausdrucksmittel wurde durch den allgemeinen Verlust an Vertrauen in die traditionellen Autoritäten beschleunigt.
„Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“, dies war unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg auch für zahlreiche arabische Intellektuelle eine glaubhafte Devise. Insbesondere im Irak fielen kommunistische Ideen auf fruchtbaren Boden. Die englische Mandatsmacht und die nach der formellen Unabhängigkeit 1932 von ihr eingesetzte Marionettenregierung waren einer in weiten Teilen verarmten Bevölkerung verhaßt. Die stillschweigende Parteinahme der Briten für Israel 1948 fachte die antiimperialistischen Strömungen zusätzlich an, die sich in kommunistischen und sozialistischen Parteien sammeln konnten. Mit as-Sayyâb und al-Bayyâtî schlossen sich zwei der ersten und bedeutendsten free verse-Lyriker diesen Bewegungen an. In ihrem Anspruch, als Dichter für das Volk einzutreten, unterscheidet sich ihre Lyrik deutlich von derjenigen ihrer Altersgenossen, die den sozialistischen Bewegungen fernstanden, wie etwa Nâzik al-Malâ’îka und selbst die so sehr der Sache der Palästinenser verbundene Fadwâ Tûqân. Die Verbindlichkeit der lyrischen Tradition wußten die beiden Iraker eben aufgrund der politischen Programmatik früher abzuschütteln, und mit ihrem revolutionären ideologischen Rüstzeug erschrieben sie der Dichtung ein neues Selbstverständnis und Selbstbewußtsein, eines, das auf der Höhe der politischen und sozialen Entwicklungen stand und nicht mehr wie die nach wie vor lebendige klassizistische Dichtung mit dem Makel der Rückständigkeit behaftet war. Auf diese Neupositionierung der Dichtung in der Phalanx der fortschrittlichen, revolutionären Kräfte konnten in der Nachfolge der bei den Iraker die unterschiedlichsten lyrischen Temperamente aufbauen, etwa Mahmûd Darwîsh, Amal Dunqul, Sa’dî Yûsuf und unzählige andere.
Die politischen Gängelungen zur Zeit der erst 1958 gestürzten irakischen Monarchie und die zahllosen darauf folgenden Militärputsche bis zur völligen Unterdrückung jeglicher unabhängiger Intelligenz seit Saddam Hussains Machtantritt 1979 vertrieben die literarische Elite aus dem Land. Keiner der in diese Anthologie aufgenommenen irakischen Schriftsteller lebt derzeit in seiner Heimat, eine unübertroffene, traurige Bilanz für das Land, in dem einst die moderne Lyrik ihren Anfang nahm und das nach wie vor reich an lyrischen Talenten scheint.
Seit Mitte der fünfziger Jahre wurde die Geschichte der arabischen Lyrik in Libanon weitergeschrieben. Hierhin flohen die Intellektuellen vor allem aus Syrien, Palästina und dem Irak. Vor dem Bürgerkrieg 1975 gelang es der libanesischen Gesellschaft, relative politische Stabilität mit weitgehenden Freiheiten zu vereinen. Bis zur israelischen Invasion 1982 blieb Libanon das Binnenexil für Intellektuelle aus der gesamten arabischen Welt. Zahllose Dichter fanden hier Verlage und Zeitschriften, die ihre Texte druckten, und selbst der Weg ins europäische oder amerikanische Exil führte für viele zunächst über die Drehscheibe Beirut.
Anders als im Irak gelang es in Beirut, neben einer dem politischem Diskurs verpflichteten Dichtung eine sich stärker literarisch definierende Schule zu begründen. Ihre Autoren sammelten sich um die 1957 ins Leben gerufene Literaturzeitschrift Shi’r („Dichtung“) und blickten auf eine andere politische Sozialisation zurück als die kommunistisch geprägten irakischen Dichter. In Syrien und Libanon erlangte nach der Unabhängigkeit 1941 die Syrische Volkspartei (PPS, gegründet 1932) unter Führung des charismatischen Antûn Sa’âdah große Popularität unter den Intellektuellen. Sie trat für die Wiedervereinigung der beiden von der französischen Mandatsmacht 1920 aufgeteilten Staaten ein und propagierte als Fernziel einen Staat, der den gesamten sogenannten Fruchtbaren Halbmond (Syrien, Palästina, Libanon, Jordanien mit Zypern „als Stern“) umfaßte. Das Reich der Phönizier in der Antike war das historisch-legendäre Vorbild für dieses Großsyrien, als identitätsstiftendes Moment wurde die vorderorientalische Mythologie wiederentdeckt und ideologisch aufgeladen. Noch heute zeugt der Name eines der bekanntesten arabischen Dichter der Gegenwart, Adonis, von der Verbreitung dieser Ideologie. Denn der Mythos vom phönizisch-vorderorientalischen Fruchtbarkeits- und Wiederauferstehungsgottes Adonis stand für die unter der angestrebten Vorherrschaft der PPS zu realisierende neue Blüte Großsyriens, das sich als Brücke zwischen Orient und Okzident verstand. In seiner Jugend identifizierte sich Adonis mit dem von der PPS popularisierten Mythos und wählte den Namen des Auferstehungsgottes zum Pseudonym. Im Irak, wo dank Sir James Frazers Nacherzählungen der antiken Sagenwelt in The Golden Bough die mesopotamische Mythologie unter den Intellektuellen eine Renaissance erfuhr, wurde der phönizische Adonis ,Tammûz‘ (,Dumûzi‘) genannt. Die Dichter, die in den fünfziger Jahren diese Mythologie aufgriffen, hat man unter dem Etikett „Tammûz-Dichter“ zusammengefaßt. Ihre prominentesten Vertreter sind Adonis, Badr Shâkir as Sayyâb, Khalîl Hâwî und die hier nicht vertretenen Yûsuf al-Khâl (1917-1988) und Dschabra Ibrahim Dschabra (1920-1994). Da die PPS einen ausgeprägten nationalistischen Zug hatte und Ähnlichkeiten mit den faschistischen Parteien Europas aufwies, galt die Gruppe der Tammûz-Dichter im Vergleich zu den internationalistischen linken Strömungen trotz ihres literarischen Avantgardismus als konservativ.
Von 1958-1961 ging Syrien eine Staatenunion mit Ägypten ein, das nach dem politischen Sieg in der Suez-Krise 1956 unter dem in der ganzen arabischen Welt populären Gamal Abd an-Nasser den Panarabismus mit ägyptischer Vorherrschaft verfocht. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war der von der PPS propagierte Traum eines Großsyrien ausgeträumt, und die PPS-nahen Autoren um Shi’r begannen sich politisch neu zu orientieren. So neigte Adonis dem sozialistisch geprägten Panarabismus zu, der den für einen unabhängigen Libanon eintretenden libanesischen Christen al-Khâl und Khalîl Hâwî als Bedrohung erscheinen mußte (weshalb Adonis bereits 1963 aus der Shi’r-Gruppe ausschied). Zwar springt die politische Dimension der Gedichte der genannten Autoren heute nicht mehr unmittelbar ins Auge; horcht man indes genau auf die pessimistischen, skeptischen, fast resignierten Töne der Lyrik Hâwîs oder heute noch Fuad Rifkas, so läßt sie sich bisweilen erahnen.
Auch in Ägypten entwickelte sich nach der Revolution von 1952, als die Monarchie von britischen Gnaden durch einige junge Offiziere, unter ihnen Nasser, gestürzt wurde, eine bedeutende free verse-Schule, deren wichtigste Vertreter Abd as-Sabûr, der hier nicht aufgenommene Ahmad Mu’tî al-Hidjâzî und Amal Dunqul waren. Abd as-Sabûr wandte sich allerdings bald vom realistischen Stil seines ersten Gedichtbandes ab und schrieb fortan eine eher existentialistisch-metaphysische Dichtung mit Anklängen an die volkstümliche Mystik. Angeregt von Eliot und, wie Adonis, von Nietzsche, verkörpert Abd as-Sabûr die konservative Richtung im ägyptischen free verse. Man stößt bei ihm auf eine ähnliche Ablehnung der Moderne wie bei Khalîl Hâwî („Die Heiligen drei Könige im Morgenland“) und in manchen theoretischen Texten von Adonis. Einer der herausragenden politischen Autoren der arabischen Welt war dagegen der Ägypter Amal Dunqul. Seine Dichtung zeichnet sich vor anderen politischen Autoren der modernen arabischen Lyrik dadurch aus, nicht im Dienste einer Partei oder herrschenden politischen Richtung gestanden zu haben; seinem „Gebet“ an die Agenten der Staatssicherheit gebührte in jeder Anthologie politischer Lyrik ein Ehrenplatz.
Ein ebenso tiefer Einschnitt wie der erste arabisch-israelische Konflikt von 1947/8 war die jähe arabische Niederlage im Sechstagekrieg vom Juni 1967. Sämtliche, insbesondere auf Nasser gesetzten Erwartungen, die Schmach von 1948 zu tilgen und die arabische Welt zu neuer Größe zu führen, schwanden mit einem Mal dahin. Die bis dahin florierenden politischen Überzeugungen, die stets von einer erfolgreichen Rückeroberung Palästinas ausgegangen waren, erwiesen sich als Hirngespinste. Mit der Niederlage von 1967 setzt eine in ihrer Kompromißlosigkeit zuvor undenkbare Welle der Selbstkritik in der arabischen Welt ein. Auch die Dichtung wurde davon erfaßt, und fortan schien in der arabischen Lyrik alles möglich. Jetzt entsteht die stilistische und inhaltliche Vielfalt, die die arabische Dichtung heute auszeichnet. Eine Abkehr der Intellektuellen von der Politik bewirkte ’67 allerdings noch nicht, vielmehr ein Umdenken im Rahmen des Politischen, bisweilen eine Radikalisierung. Marxistische Strömungen wie der Maoismus hatten bis in die achtziger Jahre hinein Konjunktur. Gerade in bezug auf die Literatur- und Gesellschaftskritik verfeinerte in den siebziger Jahren der postmoderne Marxismus vor allem französischer Prägung das theoretische Rüstzeug der arabischen Autoren und strahlte bis auf die Dichtung selbst aus.
Derweil war in den von Israel besetzten Gebieten und unter den im israelischen Kernland verbliebenen Arabern im Lauf der sechziger Jahre eine junge Literatur entstanden, die als „Literatur des palästinensischen Widerstands“ bekannt wurde. Lyrik und Kurzgeschichte waren die führenden Gattungen. Eine Tradition palästinensischer Dichtung, die gegen die britische Mandatsmacht und die Bedrohung durch die immer schneller wachsende jüdische Besiedlung anschrieb, gab es schon in den dreißiger Jahren, doch sie bediente sich fast ausnahmslos des klassischen Kassidenstils (einer ihrer berühmtesten Vertreter war Ibrahîm Tûqân, der frühverstorbene, ältere Bruder von Fadwâ Tûqân). Beeinflußt von al-Bayyâtî und sozialistischen Autoren wie Aragon, Neruda, Lorca, Hikmet, Majakowski und anderen, entwickelten sie rasch eine eigenständige Widerstandspoetik und wurden von Palästinensern und Arabern gleichermaßen als Helden gefeiert. Vom literarischen Standpunkt konnten allerdings nicht viele dieser Gedichte überzeugen, und die begabteren Lyriker empfanden die Verpflichtung zum Widerstand seit den siebziger Jahren zunehmend als Hemmnis ihrer literarischen Entwicklung. Das Werk Mahmûd Darwîshs, des bedeutendsten dieser Autoren, steht beispielhaft für die Versuche vieler, zunächst durch immer komplexere lyrische Gebilde dem Zwang zum Engagement neue literarische Aspekte abzugewinnen und sich ihm schließlich, wie etwa in Darwîshs jüngsten Gedichten (vgl. „Mehr oder weniger“), ganz zu entziehen. Die zunehmend perspektivenlose Lage der Palästinenser seit 1967, die durch die Autonomieverträge („ein palästinensisches Versailles“, wie Edward Said schrieb) in den Augen vieler besiegelt wurde, spielt bei dieser Abkehr von der Politik ebenfalls eine Rolle.
Für fast alle arabischen Autoren war Politik anders als im Westen nicht nur und nicht einmal vorrangig eine ideologische Angelegenheit, sondern sie griff unmittelbar und tief in ihr Leben ein. Einige der hier vertretenen Autoren verbrachten Monate und Jahre im Gefängnis oder in Gefangenenlagern. Die Mehrzahl von ihnen lebt im Exil, sei es, um sich der Verfolgung zu entziehen, sei es, weil kaum ein arabisches Land – allenfalls Libanon – kritischen Intellektuellen ausreichend Publikationsmöglichkeiten und Einkünfte bietet. Das Exil hat zur raschen, ja überstürzten Entwicklung der arabischen Dichtung beigetragen, bewirkte jedoch eine nie dagewesene Spaltung von Autoren und Publikum. Diese können immer weniger Erfahrungen miteinander teilen, so daß, ähnlich wie bei uns, viele Dichter, ob sie wollen oder nicht, nur mehr für Dichter schreiben. Keiner der nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen arabischen Schriftsteller genießt eine Popularität, die annährend derjenigen eines Darwîsh oder Nizâr Qabbânî gleichkäme.
Zu den problematischen Seiten des Exils zählt insbesondere bei jüngeren Dichtern, die früh ihre Heimat verlassen haben, ein auffälliger Verlust an sprachlicher Kompetenz. Freilich verfügen selbst die jüngeren daheimgebliebenen Autoren nicht mehr in dem Maße über ihre Sprache, wie es noch in den sechziger Jahren selbstverständlich war. Allerdings fällt das klassische Arabisch, an dem sich die Schriftsprache nach wie vor orientiert, selbst Begabten nicht ohne weiteres zu. Man muß sie sich mit großem Zeitaufwand erarbeiten und sie pflegen, wozu nur die wenigsten Gelegenheit haben, schon aus materiellen Gründen. Dies gilt verstärkt für die Kenntnis der alten Dichtung; und nur noch eine Minderheit der jungen Avantgarde-Lyriker beherrscht die klassische Metrik.
Man sollte jedoch davon absehen, diese Entwicklungen zu werten. Die Abkopplung vom dichterischen Erbe ist auch eine Befreiung. Die Pluralität der zeitgenössischen arabischen Poesie wäre undenkbar, wenn alle Araber, die zur Feder greifen, das Sprachvermögen oder Traditionsbewußtsein eines Adonis oder Mahmud Darwîsh hätten. Nie könnten sie, wie Imân Mirsâl, zur Sprache bringen, was eine dreißigjährige, westlich orientierte Ägypterin am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts nach einer Abtreibung fühlt.
Die stetige Entideologisierung der arabischen Intelligenzia seit den achtziger Jahren ermöglichte eine verstärkte Hinwendung zu lange vernachlässigten Themen wie dem Alltagsleben und zu einer eher subjektiven Innerlichkeit. Mit dem Zerfall des Ostblocks und dem Einbrechen der antiisraelischen Front hat sich die Abkehr von der Politik weiter beschleunigt. An Marx, der lange Zeit als ernsthafter Konkurrent Mohammeds galt, erinnert nur noch die Damenunterwäsche im Schaufenster (Imân Mirsâl: „Verehrung für Marx“).

Vormoderne Dichtung
Die Lyrik ist seit jeher die angesehenste Gattung der arabischen Literatur gewesen, und trotz der im letzten halben Jahrhundert stetig gewachsenen Popularität erzählender Literatur ist Dichtung und Dichtersein in der arabischen Welt immer noch von einer Aura umgeben, die sich mit Romanen und Kurzgeschichten selten verbindet. Dies erklärt, weshalb die arabische Lyrik so lange im Bann der übermächtigen Tradition stand, und zwar sowohl in formaler wie in inhaltlicher Hinsicht. Seit ihren Anfängen wurde die Dichtung der „Diwan der Araber“ genannt, das heißt das „Verzeichnis“, das eigentliche Gedächtnis der Araber. Was erinnernswert war, besang die Dichtung, und umgekehrt, was die Dichtung besang, war erinnernswert. Noch heute gilt: Wer die arabische Welt und ihre Menschen verstehen will, wer einen Einblick erhaschen will in das, was sie denken und fühlen und wie sie dies tun, der wird um die Dichtung nicht herumkommen.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die arabische Lyrik von einer (mindestens) aufs 6. Jahrhundert zurückgehenden Form geprägt. Der Philologe Khalîl ibn Ahmad stellt die bis dahin nur praktizierte Metrik im 9. Jahrhundert auf eine theoretische Grundlage. Der Dichter hatte demnach unter 16 Versmaßen zu wählen, und das Gedicht (Kasside, arab. qasîdah) umfaßte 20 bis 120 längere, in zwei Halbverse zu je 2-4 Versfüßen zerfallende Gedichtzeilen, die alle mit derselben Reimsilbe zu enden hatten. Ein solcher Monoreim ist im Arabischen wesentlich leichter zu bewerkstelligen als im Deutschen und klingt selten so, wie es deutsche Nachahmungsversuche suggerieren. Gleichwohl erlegt diese Form dem Dichter klare Grenzen auf, nicht zuletzt deshalb, weil eine Verszeile auch eine abgeschlossene Sinneinheit darstellen sollte, so daß es oft weniger um gute Gedichte als geschlossenes Sinnganzes denn um herausragende Einzelverse ging. Überdies zerfiel die klassische Kasside in verschiedene, nur lose miteinander verbundene thematische Gruppen. War dies in vorislamischer Zeit die Regel, so mehrten sich ab dem neunten Jahrhundert die ,Ausnahmen‘, und insbesondere die sufische Lyrik oder kürzere Gedichte in verschiedenen Untergattungen zeichneten sich häufig durch thematische Geschlossenheit aus.
Üblicherweise wird der Einbruch der Moderne in die arabische Welt auf Napoleons Ägypten-Feldzug von 1798 datiert. Eine der grundlegenden Studien zur modernen arabischen Poesie wie diejenige von Moreh (vgl. Literatur – Forschung) kann daher den Zeitraum von 1800-1970 im Titel tragen; folgt man indessen den Kriterien von Hugo Friedrichs Die Struktur der modernen Lyrik (so umstritten diese mittlerweile auch sind), wird man vor den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts nur wenige dichterische Texte ausmachen, die diesen Maßstäben von ,Modernität‘ entsprechen. Die arabische Dichtung der ersten Jahrhunderthälfte war zum großen Teil romantisch und in einem patriotischen, ja propagandistischen Sinne politisch. Dennoch bahnten in den zwanziger und dreißiger Jahren die Experimente der (libanesisch-christlichen) Exilliteraten in New York (u.a. Gibran Khalil Gibran [1883–1931], Ilyâ Abû Mâdî [1889–1958], Amîn Raihânî [1876–1940]) und einiger ägyptischer Dichter im Umkreis der Zeitschrift Apollo (1932–1934) der arabischen Lyrik neue Wege. Auch in Syrien, wo der junge Adonis von den in Ansätzen schon surrealistischen Experimenten Orkhân Muyassars (1911–1965) lernte, und im Libanon, wo der Symbolist Sa’îd Aql (geb. 1912) von sich reden machte, zeigte sich ab Ende der dreißiger Jahre bei einzelnen Dichtern eine zunehmende Experimentierfreude. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis die von Khalîl theoretisch fundierte Metrik und die Vorherrschaft der klassischen Kassidenform entthront wurden.

Free Verse
Der aus dem Englischen in die Fachliteratur übernommene Begriff des free verse meint im Zusammenhang mit der arabischen Dichtung die Flexibilisierung des metrischen Systems von Khalîl, keineswegs dessen völlige Verwerfung oder etwa freie Rhythmen wie bei Klopstock (die arabische Entsprechung dafür wäre eher bei Taufîq Sâyigh oder manchen Prosagedichten von Adonis zu suchen).
Die Zahl der Versfüße (arab. taf’îlah, weshalb die free verse-Bewegung in der Literatur gelegentlich „taf’îlahmovement“ genannt wird) pro Zeile ist im free verse nicht mehr zwingend festgelegt, sondern kann frei gewählt werden, so daß die Zeilen unterschiedliche Länge haben. Die Reimsilbe wechselt, doch selbst für längere free verse-Gedichte gilt, daß sie häufig nur vier oder fünf verschiedene Reimsilben aufweisen. Eine weitere entscheidend Neuigkeit war der Zeilensprung, dessen Möglichkeiten besonders as-Sayyâb extensiv und mit großer Kunstfertigkeit nutzte. Der Vorrang der Verszeile vor dem Textganzen war damit überwunden, und das Gedicht, auch das längere, war als Sinneinheit konzipiert. As-Sayyâb und al-Malâ’ika gelten als die ersten, die 1947/48 erfolgreich den free verse anwandten. Die neue lyrische Form verbreitete sich wie ein Lauffeuer und war bereits Anfang der fünfziger Jahre weithin beliebt.
Der free verse stellt eine dem Charakter des Arabischen und seiner dichterischen Tradition wunderbar angemessene lyrische Form dar; er ist weit mehr als nur ein rasch zu überwindender Schritt auf dem Weg zum ,wahrhaft‘ modernen Prosagedicht. Für jeden in der Tradition belesenen arabischen Dichter mit Sinn für den Rhythmus der Sprache (der wohlgemerkt nicht jedem gegeben ist – Taufîq Sâyigh etwa soll ihn nach eigenem Bekunden nicht besessen haben) ist diese sehr flexible lyrische Form ausgesprochen anziehend. Zahlreiche Dichter benutzen heute das taf’îlah-System ohne Reim und in den einfachsten Metren, was für den Uneingeweihten oft kaum von Prosa zu unterscheiden ist. Das Werk von Adonis etwa, so modern es ist, besteht zum größeren Teil aus free verse-Varianten, dasjenige Darwîshs zum weitaus größten. Selbst bei einem scheinbar so sehr „verwestlichten“ Dichter wie Sargon Boulus finden sich immer wieder Gedichte im taf’îlah-Stil, und rhythmische Elemente, sei es mehr, sei es weniger (Khâzandâr) auf Grundlage der Khalîlschen Metrik, dürften trotz und neben der Popularität des Prosagedichts die arabische Lyrik auch in Zukunft bestimmen. Weit davon entfernt, als Fessel empfunden zu werden, tragen sie zur Schönheit und altbewährten klanglichen Qualität der arabischen Dichtung bei.

Prosagedicht
War es für diejenigen Lyriker, die in den fünfziger und sechziger Jahren zu schreiben begannen, noch selbstverständlich, daß sie die klassische Kassidenform und die Khalîlsche Metrik beherrschten, so gilt dies für die in den fünfziger Jahren geborenen nicht mehr. Viele der Autoren dieser Generation haben keine natürliche und oft nicht einmal mehr eine angelernte Verbindung zu dieser Tradition.
Dabei ist es schon schwierig, zu definieren, was ein Prosagedicht im Arabischen überhaupt ist. Lyrische Prosa, wie sie die New Yorker Exilliteraten praktizierten, wird gemeinhin nicht dazu gezählt, weil sie in Rhetorik und Bildlichkeit zu konventionell ist. Einen Grenzfall stellen die Gedichte Sâyighs, Mâghûts und manche frühe, auf den ersten Blick wie Prosa erscheinende Texte von Adonis dar, zum Beispiel die „Psalmen“ in „Die Gesänge Mihyârs des Damaszeners“ (hier nicht vertreten). Sie folgen nicht mehr der auf den Versfuß (taf’îlah) reduzierten Khalîlschen Metrik, haben aber gleichwohl einen unverkennbaren, in eigentlicher Prosa kaum vorfindlichen Rhythmus, etwa den christlich-liturgischer Texte in ihren arabischen Übersetzungen wie bei Sâyigh. Deutsche Leser finden einen Vergleich in Novalis’ „Hymnen an die Nacht“, einem rhythmisch so stark aufgeladenen Text, daß er nur nach äußerlichen Merkmalen zur Prosa gezählt werden kann, oder, wie erwähnt, in den ,freien Rhythmen‘ Klopstocks.
Das radikal prosaische Prosagedicht beginnt im Arabischen mit Unsî al-Hâdjs Gedichtband Lan (Nie). Es sei dahingestellt, ob sich dessen nachhaltige Wirkung der Qualität der darin versammelten Texte oder eher dem ihnen vorangestellten Manifest verdankt, worin der Dichter die Rückschrittlichkeit der arabischen Gesellschaften anprangert und als Reaktion darauf nach dem häßlichen, die ästhetischen Normen sprengenden Prosagedicht ruft.
Dieses Plädoyer für die subjektive, regellose, häßliche, ja verrückte Lyrik erweist sich heute als einer der folgenreichsten Texte der zeitgenössischen arabischen Lyrik. Fortan war, zumindest theoretisch, im wahrsten Sinne des Wortes alles in der arabischen Dichtung möglich, wenngleich vieles davon erst in den siebziger Jahren in vollem Umfang realisiert wurde.
Leider verlieren in der Übersetzung viele Texte al-Hâdjs und seiner Nachfolger ihren destruktiven Charme und wirken verglichen mit den Gedichten ihrer Vorbilder Breton oder denen des Frühwerks von Réne Char eher harmlos. Vergleicht man sie hingegen mit den Prosagedichten Sâyighs, Adonis’ oder al-Mâghûts, die stets, wie gebrochen auch immer, eine sinnträchtige Aussage vermitteln, wirkt al-Hâdjs Lyrik sehr wohl irritierend und widerspenstig. Das Prosagedicht, jedenfalls im Sinne al-Hâdjs, stellte nicht nur eine Befreiung von Metrik und Rhythmus dar, sondern auch von einer vernünftigen, intendierten Bedeutung, es war die Befreiung des Unterbewußten und des Irrationalen von der in der schönen Form zutage tretenden Zweckgebundenheit, dem Sinngehalt lyrischen Sprechens. Zweifellos hat diese Zertrümmerung von Bedeutung und Form viele fragwürdige Texte hervorgebracht, ebenso zweifellos aber hat sie der arabischen Dichtung Wege eröffnet, die auch von denen beschritten werden konnten, die durchaus klassisch gebildet waren, nun aber neue Ausdrucksmöglichkeiten für sich entdeckten. Die Texte der beiden Libanesen Abbâs Baidûn und Wadî Sa’adah sind in diesem Sinne zwei der bedeutendsten Weiterentwicklungen der von al-Hâdj aufgezeigten Möglichkeiten.

Themen und Attitüden
Inzwischen spricht die moderne arabische Lyrik über alles und auf jede denkbare Weise. Das war nicht immer so, und es gibt, trotz der derzeit herrschenden Vielfalt, Grundthemen und Leitmotive. Besonders auffällig, auch in diesem Band, sind Identitätssuche und Ich-Verlust. Viele der authentischsten Texte der modernen arabischen Poesie handeln davon. Nâzik al-Malâ’ikas „Ich“ scheint noch in der Tradition der neoromantischen Poesie der New Yorker Exilliteraten zu stehen und geht doch schon darüber hinaus, wenn die so insistent wiederholte Frage: „Wer bin ich?“ immer nur antwortlos in der Leere verhallt. Anders stellt sich die Frage nach dem Ich in den Gedichten Taufîq Sâyighs, wo das Individuum im unauflöslichen Spannungsverhältnis zwischen Überforderung durch die göttliche Autorität (die christliche, wohlgemerkt) und der diesseitigen Hoffnungslosigkeit zermürbt wird wie der Geist in der Flasche von der Langeweile („Rede des Dämons in der Flasche“). Die Haltung, die Sâyighs lyrisches Ich in diesem Zwiespalt einnimmt, schwankt zwischen resignierter Unterwürfigkeit und Trotz. Erachtet man diese Texte von al-Malâ’ika und Sâyigh, beide Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre entstanden, als typisch für die arabische Befindlichkeit dieser Zeit, schien eine Neuorientierung, die Neubegründung eines tragfähigen, modernen Selbstbewußtseins unvermeidlich. Die Tammûz-Dichter ebenso wie die politischen Lyriker vollzogen sie. Was aber ein halbes Jahrhundert später daraus geworden ist, davon kündet Wadî Sa’âdahs „Versuch, einen geschmolzenen Menschen zurückzuholen“. Statt den Auflösungsprozeß aufzuhalten oder gar rückgängig zu machen, beschleunigt man ihn, sobald man die Wiedererlangung des individuellen Ichs versucht, nur noch mehr.
In den fünfziger und sechziger Jahren, besonders im Kreis der Tammûz-Dichter, pflegten zahlreiche Poeten die Allüre modernen, säkularen Prophetentums. Adonis hat diese Rolle zweifellos am ausgiebigsten und mit der überzeugendsten dichterischen Autorität verkörpert, doch man findet sie, mit charakteristischen Unterschieden, ebenso bei Salâh Abd as-Sabûr, Khalîl Hâwî und Badr Shâkir as-Sayyâb. Dem Dichter wurde eine besondere, den gesellschaftlichen Status quo oder gleich das ,Sein als solches‘ umwälzende Mission zugeschrieben, und vielfach dürften sich die Autoren diese Rolle nicht nur angemaßt haben, sie wurde ihnen abverlangt und zugetraut. So kann Salâh Abd as-Sabûr durch die lyrische Maske als Heiliger sprechen, der die Eitelkeit der modernen Welt erkennt und seine Mitmenschen segnet, während Khalîl Hâwî in einem Gedicht die Rippen seines lyrischen Ichs als Brücke für diejenigen aufspannt, die „aus dem Sumpf des Orients zum neuen Orient“ hinüberschreiten. Er verlieh damit dem übermenschlichen Anspruch Ausdruck, den er mit seiner Dichtung verband – und an dem er zerbrach. Doch dies waren die fünfziger Jahre. Gegenwärtig wird auch in der arabischen Dichtung solches Pathos als problematisch empfunden, und wenn eine jüngere irakische Dichterin ohne mystische Intentionen schreibt, „niemand ist meiner würdig außer Gott“, so ist dies hart am Rand auch des arabischen guten Geschmacks. Auf der Höhe der Zeit steht da eher die Rollenlyrik Mahmûd Darwîshs: „Ich bin nicht dies oder jenes,! nein, keine Sonne, kein Mond,! ich bin eine Frau, nicht mehr und nicht weniger.“
Der Übergang vom ,Dichter als Prophet‘ zum ,Dichter als Rebell‘ ist fließend. Die Dichtung von Adonis exemplifiziert auch ihn. Sein Rebellentum zielt nicht auf die konkrete gesellschaftliche Wirklichkeit, sondern, darin Nietzsche verwandt, auf deren kulturellen, ja ontologischen Überbau, ihr Selbstverständnis. Der Dichter ist Ikonoklast; indem er die überkommenen Werte anficht, verkündet er zugleich neue, zertrümmert, um aus den Trümmern das Material für das Neue zu gewinnen. Adonis’ „neuer Noah“ hört nicht mehr auf den alten Gott, nach einem Gott, einem neuen, sehnt er sich gleichwohl. Weitere Verbreitung als dieses nietzscheanische Rebellentum fand das des Poeten als politischer Revolutionär. Ließ Adonis gleich einen „neuen Noah“ auftreten, so war es für Amal Dunqul Noahs im Koran (11:42-43) erwähnter Sohn, der, „aus Liebe zur Heimat“, nicht mit den Verrätern und Mächtigen auf die Arche flieht und dafür von den Korankommentatoren als Ungläubiger verdammt wird. Er symbolisiert die revolutionäre Hoffnung und Kraft der Jugend. Zu den „angry young men“ der arabischen Poesie zählt auch der Syrer Muhammad al-Mâghût. Wenn das Streunerleben als dichtender Bohemien ein Ende hat, will er sich eine Kugel in die Kehle schießen, und er stellt eine Akte mit allem Leid der Menschheit zusammen, um sie Gott vorzulegen. Aber kann dieser lesen?
Bei al-Bayyâtî ist der Dichter der neue Prometheus, der den Menschen das revolutionäre Feuer bringt, versinnbildlicht im roten Haar der Muse, dem die altgedienten Recken der Revolution mit maskulinem Eifern nachjagen. Die Rebellion überschreitet hier das Gesellschaftliche ebenfalls, denn sie beginnt nicht auf der Straße, sondern mit einer Palastrevolution der neuen Dichtung gegen die alte: „Die Poeten des käuflichen Traums in den Elfenbeintürmen / übertünchten mit Puder und Creme die Blässe der Muse der Dichtkunst, / die auf dem Gipfel des Olymp vergreist.“ Dieser vielschichtige Text von al- Bayyâtî schlägt damit ein weiteres Lieblingsmotiv der modernen arabischen Lyrik an: die Dichtung selbst. Ein roter Faden lyrischer Selbstreflexion spannt sich vom „Liebeslied an die Wörter“ Nâzik al-Malâ’îkas bis zu Qâsim Haddâds „Die Dichter“. Wie subtil und zugleich humorvoll die arabische Dichtung sich selbst zum Gegenstand nehmen kann, zeigt Abbâs Baidûns Gedicht „Eine Wolke“, in dem es heißt: „O Wolke! Seit wann ähnelst du nicht mehr der Dichtung? Seit wann finden wir dich in einer Streichholzschachtel unter all den erloschenen Hölzern?“ Den Unterschied zwischen dem, was die arabische Dichtung heute nach Meinung vieler ist, und dem Anspruch, den sie noch in den fünfziger und sechziger Jahren hatte, versteht man schlagartig, wenn man Wolke und Dichtung wieder vertauscht. Schließlich durchziehen die Themen Liebe und Erotik in allen Varianten diese Anthologie von den Kurzgedichten bis zu Imân Mirsâl.

Stile – Komplexität/Simplizität
In den achtziger Jahren büßte die arabische Dichtung einen beträchtlichen Teil ihrer Aura ein, sie hatte sich, übervoll von Erwartung, wie sie war, leergeredet, ohne daß die erhofften Umwälzungen, gleich welcher Art, geschehen waren. Gerade dies war freilich nicht nur Verlust, sondern auch Errungenschaft und Befreiung. Es ist die Befreiung, die auch schon al-Hâdj oder al-Mâghût im Sinn hatten und die sie doch, im übermäßigen Pathos des Sich-befreien-Wollens, das die Sprache zugleich wieder auflud und damit weitere Erwartungen weckte, verfehlten. Erst die Dichtung der achtziger und neunziger Jahre verwirklicht das Säkularisierungsprogramm der avantgardistischen Manifeste der Vorreiter in einem radikalen, kaum vorhergesehenen Sinn.
Auf die Entmachtung einer wie selbstverständlich bedeutungsträchtigen Sprache konnte in zweierlei Weise reagiert werden. Man konnte die Suche nach dem verlorenen Sinn durch immer schwierigere Lyrik vorantreiben, oder man konnte sie aufgeben, von vorne herein auf sie verzichten und nur noch auf das hoffen, was unbeabsichtigt beim Schreiben an Bedeutung sich auftut. Diese beiden entgegengesetzten Strömungen lassen sich zum einen als neue Komplexität, zum anderen als neue Simplizität bezeichnen. Die komplexere der beiden Strömungen ist von surrealistischen und hermetischen Dichtern im Westen beeinflußt, insbesondere Breton und Saint-John Perse, von dem Adonis eine epochemachende Übersetzung vorlegte, aber ebenso von T.S. Eliot, Ezra Pound und der heute fast vergessenen Edith Sitwell. Die wichtigsten arabischen Zeugnisse dieser Schule sind die mythisch-religiös aufgeladenen Dichtungen as-Sayyâbs, Sâyighs und Hâwîs, ferner die Lyrik von Adonis und Unsl al-Hâdj, um nur die in dieser Anthologie vertretenen Autoren zu nennen. Die andere Strömung schreibt sich sowohl von den für eine einfache, volksnahe Dichtung plädierenden sozialistischen Poeten her (darunter die palästinensischen Widerstandsdichter) als auch, stärker noch, von denjenigen, die aus Überdruß an der Tradition eine alltägliche und dialektnahe Sprache schrieben, wie Qabbâni (der freilich auch klassisch zu schreiben verstand), al-Maghut und Abd as-Sabur. Die Nachfolger dieser Dichter setzen auf Sinnschaffung durch Entzerrung: Das Gedicht öffnet sich auf den epiphanischen Moment wie in „Stromausfall“ des Irakers Sa’dî Yûsuf.
Die Stilrichtung neuer Komplexität greift vielfach auf die sufische Literatur zurück. Deren Renaissance in der modernen Lyrik hebt mit Adonis an. In seiner Nachfolge sind Anklänge, ja explizite Bezugnahmen auf den Sufismus, die islamische Mystik, eine wahre Mode geworden. Ein anderes Mittel zur bedeutungsgenerierenden Steigerung von Komplexität ist das der Reduktion. Sie hat Vorbilder in der französischen Lyrik seit Mallarmé („Un coup de dés“) und ist besonders spürbar bei den frankophonen Autoren Dib und Bekri und im Arabischen bei dem Marokkaner Mohammed Bennis. Schließlich wird das für jede moderne Lyrik kennzeichnende Mittel der Verfremdung auch von den Arabern extensiv genutzt, nicht nur über Metaphorik, sondern häufig über Abstraktion, ein für nicht eingeweihte Leser manchmal ermüdendes Spiel mit Begriffen (besonders bei Unsî al-Hâdj und Adepten).
Ein weiterer Grund für Komplexität und Abstraktion ist die Zensur. Schon as-Sayyâb erkannte in den fünfziger Jahren in der Verwendung der Mythologie ein Mittel, die Dichtung vor den Eingriffen der Zensoren oder vor späterer Anfeindung zu schützen. Steigerung von Komplexität zur Vermeidung von Zensur findet man besonders bei Autoren aus dem Irak, aus den Golfstaaten und aus Marokko.
Nicht wenige, darunter durchaus fortschrittlich gesinnte Intellektuelle tun sich schwer mit Dichtung, welche wie diejenige Zrikas, Masrîs, Mutawallîs oder Mirsâls auf eine gehobene, möglichst schöne Sprache verzichtet. Auf gleiches Unverständnis stößt die Strömung der Komplexität mit ihren zahlreichen Rezeptionshürden. Der Anthologist muß darauf hinweisen. Beeinflussen darf es ihn nicht.

Publikationswesen – Buchmarkt und Zeitschriften
Die moderne arabische Lyrik spiegelt die problematische Lage des arabischen Buchmarktes; viele ihrer Charakteristika werden erst beim Blick auf die literatursoziologischen Hintergründe nachvollziehbar. Heute werden in der arabischen Welt mehr Bücher als je zuvor publiziert, aber gleichzeitig läßt sich weniger denn je von einem funktionierenden Buchmarkt sprechen, von einem Buchmarkt, der auch nur annähernd mit dem europäischen vergleichbar wäre. Die Kaufkraft der arabischen Leser ohnehin gering an der Zahl – und die der Intellektuellen ganz besonders ist minimal. Geld läßt sich mit moderner Literatur nur in den seltensten Fällen verdienen, weitaus seltener als bei uns, wo man ebenfalls gerne klagt. So etwas wie ein „Verzeichnis lieferbarer Bücher“ gibt es trotz einiger positiver Ansätze nicht, nicht einmal auf nationaler Ebene einzelner arabischer Länder. Ein effizientes Buchbestellsystem (oder nur ein umfassender Internetbestellservice) existiert ebenfalls nicht, so daß außerhalb der Buchmessen in einem bestimmten arabischen Land Werke aus anderen arabischen Ländern nur durch Zufall, nämlich wenn sie von einer der wenigen besseren Buchhandlungen auf den Messen eingekauft wurden, überhaupt greifbar sind. Es kann schon problematisch sein, in Beirut ein Buch zu erhalten, das in Damaskus gedruckt wurde. Was die Werke jüngerer Dichter betrifft, so sind diese oft nur über die Autoren selbst zu erhalten, zumal es sich vielfach um Privatdrucke handelt, die ohnehin weniger zum Verkauf als zum Verschenken gedacht sind.
Wenn ein junger Dichter ein Buch publizieren will, muß er meistens in irgendeiner Form den Druck finanzieren. Viele, auch renommierte Verlage verdienen ihr Geld mittlerweile nicht primär durch den Verkauf, sondern, ähnlich vielen akademischen Verlagen bei uns, durch die zahlenden Autoren. Dabei versuchen die meisten Verlage, einige ältere und prominente Schriftsteller für sich zu gewinnen, deren Bücher unentgeltlich gedruckt werden. Hat sich der Verlag auf diese Weise einen Namen gemacht, wird er für Nachwuchsautoren, die den Druck ihrer Bücher bezahlen können, wiederum interessant. Das System hat nichts per se Ehrenrühriges und ist für die Verlage eine Existenznotwendigkeit, doch selbst wenn die anspruchsvolleren Häuser darauf achten, daß die Bücher der zahlenden Autoren ungefähr ins Programm passen, werden auf diese Weise doch, zumal jegliche Form effektiven Lektorats fehlt, die sonst in der Branche üblichen Selektionsmechanismen unterlaufen. Auch dies trägt dazu bei, daß in der modernen arabischen Lyrik alles geschrieben werden kann – und publiziert wird. Im übrigen gibt es in keinem arabischen Land nennenswerte öffentliche (oder private) Förderungen für Literatur, und selbst bekannte Schriftsteller können nicht vom Verkauf ihrer Bücher leben. Lediglich die vor allem als Treffpunkt sehr beliebten Literaturfestivals überall in der arabischen Welt und der Diaspora florieren nach wie vor und finden als werbewirksame Großveranstaltungen Sponsoren – welcher Couleur auch immer (einer der größten war, vor 1991, Saddam Hussain).
Um so wichtiger war und ist die Rolle von Literaturzeitschriften.
Deren bedeutendste für die Lyrik war zweifellos die in Beirut gegründete Shi’r („Dichtung“; erschienen von 1957–1964 und 1967–1971). Die Idee für diese Zeitschrift stammt von dem libanesischen Christen Yûsuf al-Khâl, der einige Jahren in den USA verbracht hatte und zur Belebung der arabisch-libanesischen Literatur eine Zeitschrift für moderne, westlich inspirierte Dichtung gründen wollte. In Beirut traf er Mitte der fünfziger Jahre auf jüngere, gleichgesinnte Geister, unter ihnen Adonis und Fuad Rifka. Sieht man von den sozialistischen Autoren ab, die eher bei Al-Âdâb (s.u.) publizierten, so haben nahezu alle Dichter, die heute als Klassiker der arabischen Moderne gelten, für Shi’r geschrieben. Der Zeitschrift angeschlossen war eine kleine Publikationsreihe, in der eigenständige Gedichtsammlungen verlegt wurden und zum Beispiel Adonis seine ersten libanesischen Gedichtbände veröffentlichte, Unsî al-Hâdj die Sammlung Lan und Badr Shâkir as-Sayyâb die Sammlung Das Lied vom Regen. Shi’r war zudem ein Forum für Übersetzungen aus den westlichen Sprachen, vor allem Englisch und Französisch, und vermittelte so entscheidende Impulse an die allem Neuen aufgeschlossenen arabischen Poeten. Ebenfalls bot Shi’r Raum für hochkarätige Literaturkritik.
Der Kreis um Shi’r war aufgrund seiner elitären und zugleich avantgardistischen Haltung der Gegnerschaft sowohl der Sozialisten als auch vieler Traditionalisten ausgesetzt, die der Zeitschrift vorwarfen, mit vom Westen übernommenen lyrischen Formen die arabische Kultur zu mißachten oder zerstören zu wollen. Der Druck auf die Gruppe war so stark, daß 1964 das Erscheinen zunächst eingestellt werden mußte.
Die populärere Konkurrenzpublikation zu Shi’r war die Zeitschrift Al-Âdâb, die schwerpunktmäßig der engagierten, sozialistischen Literatur und panarabischen Strömungen gewidmet war, aber ebenso, dank eines beispiellos offenen Konzepts, die Gegner der modernen Lyrik (insbesondere der von Shi’r gepflegten) zu Wort kommen ließ.
Immer wieder sind es Zeitschriften gewesen, mit denen sich neue literarische Schulen angekündigt haben. Wenngleich keine je wieder die Aura von Shi’r erreichen konnte, sind sie angesichts der Zerrüttung des arabischen Buchmarktes bis heute die wichtigste Publikationsform für Lyrik geblieben. In den siebziger Jahren war das herausragende Organ für Avantgardedichtung und Gesellschaftstheorie die von Adonis 1968 gegründete Zeitschrift Mawâqif („Standpunkte“). Auch in Ägypten florierten Literaturzeitschriften wie die von Edwar al-Charrat mitherausgegebene Galerie 68, die handgeschriebene Zeitschrift Idâ’ah Mitte der siebziger Jahre, deren Autoren hier nicht vertreten sind, da sie in ihrer Radikalität kaum übersetzbar scheinen, und in den neunziger Jahren die weltoffenen Zeitschriften al-Djarâd und vor allem al-Kitâbah alukhrâ, zu deren Autoren unter anderem Muhammad Mutawallî und Iman Mirsâl zählen.
Mit der zunehmenden Abwanderung der arabischen Intellektuellen ins Exil entstanden auch hier Literaturzeitschriften. Exemplarisch genannt sei die in London herausgegebene und auf ein breiteres Publikum abzielende, jedoch niveauvolle an-Nâqid, die bis Mitte der neunziger Jahre erschien, und die kurzlebige, einem provokanten Avantgardismus huldigende Zeitschrift mit dem schönen Titel Farâdîs (Paradiese), die von Abd al-Qâdir al-Djanâbî und Khalid al-Maaly in Köln herausgegeben wurde.

Kurzgedichte
Das Kurzgedicht ist mittlerweile zu einer regelrechten Modegattung avanciert. Galt anderthalb Jahrtausende hindurch nur das lange, ja längste Gedicht als wirkliches Gedicht, so kann ein junger Dichter sich heute mit einigen gelungenen Kurzgedichten schnellen Ruhm erwerben, schon weil sie selbst auf den geizigsten Feuilletonseiten gedruckt werden können und sich auf den ersten, flüchtigen Blick nachhaltig einprägen. Jeder, der etwa den neuesten Gedichtband von Abbâs Baidûn gelesen hat, weiß fortan, daß Hoffnung „ein einzelner, für einen Kranken zurückgelassener Stuhl“ ist.
Adonis ist derjenige Autor, der seit den fünfziger Jahren mit einigen überragenden Texten in dieser Gattung zu dem derzeitigen Boom am meisten beigetragen hat. Kurzgedichtzyklen wie „Schnee“ oder „Körper“, von denen hier nur ein kleiner Auszug geboten wurde und die einem 250-seitigen Faksimile-Druck von Adonis’ Handschrift voller solcher Texte entstammen, sind unübertroffen. Es läge nahe, hier an einen Einfluß der japanischen Haiku und Tanka zu denken, die über den Umweg der westlichen Lyrik leicht rezipiert werden konnten; die autochthonen Wurzeln dürften indes eine größere Rolle spielen. Zunächst ist an die alte orientalische Aphoristik zu denken, deren bekanntester Exponent Omar Chajjam mit seinen Vierzeilern ist, den Rubaijat. Die Kurzgedichte können jedoch eine weitere Affiliation geltend machen. Aufgrund der Länge der klassischen arabischen Gedichte und der Regel, daß jede der ohnedies häufig recht langen Verszeilen eine in sich geschlossene Einheit bilden sollte, gründete der Ruhm eines Dichters oft nicht auf einem integralen Gedicht, sondern auf einzelnen Versen, die immer wieder zitiert und als Musterbeispiele herangezogen wurden. Damit war praktisch der Einzeiler geboren, den die zeitgenössische Lyrik nun unter ganz anderen Vorzeichen wiederentdeckt und mit neuen Funktionen versieht.

Auswahl – Auslese
Man gebe sich keinen Illusionen hin: Darf diese Anthologie, was Formen, Stile und Inhalte angeht, vielleicht noch eine gewisse Repräsentativität beanspruchen, so bietet sie, was Menge und Namen der ausgewählten Dichter betrifft, nur Appetithäppchen. Die Zahl der ohne weiteres für dieses Projekt in Frage kommenden Dichterinnen und Dichter beläuft sich auf mindestens 200–300. Die 1999 in Frankreich erschienene Anthologie Le poème arabe moderne enthält 94 Dichter und ist doch fern davon, vollständiger oder in bezug auf irgendeine literarische Richtung repräsentativer zu sein als die vorliegende. Und obwohl dreimal so umfangreich, sind nicht einmal alle der hier vertretenen Autoren dort aufgenommen, ebenso wie hier unzählige Namen fehlen, die einer Aufnahme nicht weniger würdig wären als die vertretenen. Galt es zunächst, eine annähernde Repräsentativität herzustellen, indem von jeder Richtung möglichst zwei bis drei der bedeutendsten Autoren ausgewählt wurden, so wurden darüber hinaus für die älteren Dichter die Kanonierungstendenzen berücksichtigt (sie manifestieren sich in den Vorgängeranthologien und in den arabischen und arabistischen Studien und Artikeln), und dies galt auch für die Auswahl der Gedichte der einzelnen Dichter. So sind immerhin einige der berühmtesten modernen arabischen Gedichte vertreten, al-Malâ’ikas „Ich“, Khalîl Hâwîs „Die heiligen drei Könige in Europa“, as-Sayyâbs „Das Lied vom Regen“, al-Bayyâtis „Die Autobiographie eines Feuerdiebs“, Adonis’ „Der neue Noah“, Nizâr Qabbânîs „Granada“ oder Amal Dunquls „Gebet“ und andere.
Welches Gedicht im einzelnen genommen wurde, ergab sich dann einer Mischung aus den Vorlieben des Herausgebers und der Einschätzung ihrer Übersetzbarkeit. Nicht jeder Dichter, der in der arabischen Welt anerkannt und einflußreich ist, wird auch, sosehr sich der Übersetzer bemühen mag, auf deutsch eine gewinnbringende Lektüre abgeben. Unsî al-Hâdj, um das prominenteste Beispiel zu nennen, scheint mir problematisch und ist daher mit weniger Seiten vertreten, als es nach arabischem Urteil seinem Einfluß entspräche. Es wurde versucht, trotz der Raumknappheit die Bandbreite eines Dichters zu repräsentieren und etwa Gedichte aus verschiedenen Schaffensphasen und mit verschiedenen Stilen und Thematiken darzubieten. Also bei Qabbânî das formal klassische „Granada“ neben der Schimpftirade auf die Araber („Wann verkünden sie den Tod der Araber?“), bei al-Malâ’ika das eher romantische „Liebeslied an die Wörter“ neben dem sozialkritischen „Um die Schande zu sühnen“ oder kurze Gedichte neben langen, erzählerischen, wie bei Wadî Sa’âdah.
Von vorneherein von der Auswahl ausgeschlossen waren Autoren, die überwiegend im klassischen Kassidenstil oder in einem Dialekt schreiben. Beide Formen sind nach wie vor ausgesprochen populär, und in beiden liegen ausgezeichnete moderne Gedichte vor. Sehr viele Araber, nach dem größten modernen arabischen Dichter gefragt, würden den im klassischen Stil schreibenden Iraker al-Djawâhirî (1900-1997) nennen, nicht Adonis, Qabbânî oder Darwîsh. Der Aufwand jedoch, den eine adäquate Übersetzung mit sich gebracht hätte – also nicht eine, die bloß über die Inhalte dieser Dichtung informiert −, wäre durch das Ergebnis kaum gerechtfertigt. Die sprachliche Leistung und die Spontaneität der Dialektdichtung können ohnehin nicht angemessen nachvollzogen werden.
Allerdings befinden sich unter den Dichtern, auf die hauptsächlich aus Platzgründen verzichtet werden mußte, auch einige „Klassiker“, wie die Ägypter Abd al-Mu’tî al-Hidjâzî, Muhammad al-Faitûrî, Muhammad Afîfî Matar, die Palästinenser Mu’în Bassîsû, Taufîq Zayyâd, der Iraker Buland al-Haidarî oder der Jemenite Abd al-Azîz al-Maqâlih. Die durch sie repräsentierten Strömungen sind durch andere Autoren vertreten, die sich, jedenfalls nach meinem Befinden, besser vermitteln lassen. Schwieriger fiel die Auslese bei der jüngeren Generation mit ihrer unendlichen Stilvielfalt. Auch hier ist so manches, was in der arabischen Welt anerkannt ist, nicht auch in Übersetzung gleich wertvoll und gleich genießbar; vieles hat experimentellen Charakter, lotet die Grenzen des Arabischen aus, weitet sie, ohne in der Fremdsprache ähnliches leisten zu können. Eine Aufnahme hätte rein dokumentarische Zwecke und kann nicht der Sinn einer solchen Anthologie in einem Publikumsverlag sein, womöglich aber, später, in einem akademischen oder spezialisierten Kleinverlag.
Puristen dürften sich daran stören, daß hier auch frankophone Lyriker aufgenommen wurden. Warum auf dem knappen Platz nicht die doch so unbekannten Araber besser repräsentieren? Zum einen, weil die auf französisch schreibenden arabischen Lyriker noch unbekannter sind: Gibt es von den Arabischschreibenden mittlerweile einige Bücher auf deutsch, so von den frankophonen gar keine. Auch in Anthologien französischer Lyrik sucht man sie vergeblich. In der großen, vierbändigen Anthologie Französische Lyrik (München, Beck 1990) taucht lediglich Georges Schehadé auf. Zum anderen aber, weil man, wenn man wissen will, was die Araber heute schreiben, auf das Französische (immer noch?) nicht verzichten kann und weil sich die Poetiken der jeweiligen Sprachen wechselseitig befruchten. Wer die Autoren nicht kennt und es sich versagt, in die Textnachweise zu schauen, dem werden die französischen Texte nicht ins Auge stechen. Explizit oder implizit behandeln sie arabische Themen und schreiben sich in einen arabischen kulturellen Diskurs ein. Und wo sie nicht gleichfalls auf arabisch schreiben, wie etwa Tahar Bekri oder die (hier nicht vertretene) Libanesin Djumânah Haddâd (geb. 1970), die französisch begann und nun arabisch schreibt, vermitteln sie als Übersetzer – wie Abdellatif Laâbi, der Darwîsh, al-Qâsim, al-Mâghût und al-Bayyâtî ins Französische übertragen hat – oder als Essayisten wie Salah Stétié die arabische Literatur in den französischen Sprachraum. Sie sind das Bindeglied, das die arabische Literatur mit der europäischen verkoppelt und von beiden ein Teil ist.

Übersetzung
Nun sag, wie hast du’s mit dem Reim? Nach meinem bisher sehr zurückhaltenden Umgang mit dem Reim habe ich hier einen anderen Weg gewählt. Ob dies gut war, möge jeder für sich entscheiden, aber es gibt immerhin ein überragendes Argument für dieses Verfahren, und das war für mich ausschlaggebend: Es ist praktisch der einzige Weg, in einer Anthologie, die im Original reimende Gedichte und Prosagedichte umfaßt, die verschiedenen Stilhöhen ein wenig transparent werden zu lassen. Soll auch nur ein grober Eindruck nicht allein von der inhaltlichen, sondern auch der formalen Vielfalt der modernen arabischen Lyrik geboten werden, so wird man auf Reim oder Metrum nicht verzichten können. Lyrik ist nun einmal nur zur einen Hälfte Bedeutung, zur anderen Form, geformtes Klangmaterial.
War dies der Ausgangspunkt, so verstärkte sich während der Versuche daran der Eindruck, daß dort, wo dies nur einigermaßen glückte, die Texte auch inhaltlich gewannen. Bei einer bloß wörtlichen Übersetzung lassen sich etwa den Gedichten Nâzik Malâ’ikas sicherlich interessante Aspekte abgewinnen, ihre Wärme und eigentliche Leistung, nämlich die formbewußte alte Sprache mit Inhalten eines modernen Bewußtseins zu füllen, dieses Spannungsverhältnis nicht. Und Amal Dunquls „Gebet“ bewahrt in reimloser Prosa kaum noch etwas von seinem rebellischen Elan (man vergleiche die Fassung von Nagi Naguib in Sprache im technischen Zeitalter 96/1985).
Ermunternd kam hinzu, daß die arabische free verse-Dichtung der meisten hier nachgereimten Gedichte dem reimenden Übersetzer seine Aufgabe, verglichen mit strengen Formen wie Sonett oder gar der klassischen Ghazelendichtung, eher einfach macht, da sie sich, wie oben erwähnt, nicht an ein festes Schema hält. So konnte dort gereimt werden, wo es sich ohne allzu große Verrenkungen anbot.
Auch für die Prosagedichte, die freilich selten ganz ohne Rhythmus sind, galt die Devise, daß ein möglichst ansprechendes Deutsch größtmöglicher Wörtlichkeit vorzuziehen ist, und an manchen Stellen wurde zu diesem Zweck offensiv interpretiert. Ohnehin muß sich der Übersetzer aus dem Arabischen oft weiter vom Original emanzipieren etwa in der Behandlung der Tempora oder des bestimmten Artikels.
Das Arabische kennt keine Groß- und Kleinschreibung und keine normierte Zeichensetzung, in klassischer Zeit überhaupt keine. Dennoch wurde versucht, als Mittel zur Unterscheidung der jeweiligen Stile Schreibung und Zeichensetzung zu differenzieren. So kann der Leser die free verse-Dichtungen auch an den für die Zeilenanfänge gewählten Versalien erkennen. Prosadichtung, auch die rhythmischere (wie von Khâzandâr), wurde hingegen in üblicher deutscher Schreibung gehalten. Für explizit avantgardistische, den materiellen, vieldeutigen Charakter der Sprache betonende Dichtungen wurde die Kleinschreibung gewählt, wie etwa bei Bennis und Dib, oder die Kleinschreibung mit Zeilenanfang in Versalien bei Stétié.

(…)

Stefan Weidner, aus dem Nachwort, Februar 2000

 

Mehr zum Buch

Die zeitgenössische arabische Lyrik zeigt viele verschiedene Facetten. Vor dem Hintergrund einer eineinhalb Jahrtausende alten literarischen Tradition hat die arabische Lyrik in den vergangenen fünfzig Jahren eine bemerkenswerte Formenvielfalt und Lebendigkeit entwickelt. Diese sorgfältig kommentierte Anthologie in der literarischen Übersetzung von Stefan Weidner stellt die moderne arabische Poesie in ihrer ganzen Bandbreite vor und läßt so die Vielfalt der Stile, Nuancen und Themen transparent werden. Gedichte, die sich mit alltäglichen Problemen auseinandersetzen, finden sich darin ebenso wie surrealistische Feuerwerke aus Bildern und Metaphern; Hymnen stehen neben Kurzgedichten, politisch motivierte Texte neben mythisch gestimmten Poemen. In dem Band kommt die junge Autorengeneration zu Wort wie auch die Klassiker der Moderne – berücksichtigt wurden außerdem die bedeutendsten frankophonen Dichter arabischer Herkunft, die eine Brücke zur europäischen Lyrik schlagen. Mit insgesamt 56 vorgestellten Lyrikerinnen und Lyrikern aus der gesamten arabischen Welt bietet Die Farbe der Ferne den Freunden erstklassiger internationaler Poesie einen repräsentativen Überblick über ein bislang kaum erschlossenes Gebiet der Weltliteratur. Ein ausführliches Nachwort, Kurzbiographien zu den Autoren, Sacherklärungen und weiterführende Literaturhinweise runden das Werk ab.

Verlag C.H. Beck, Ankündigung

 

Die Farbe der Ferne: Moderne arabische Dichtung

Goethe war wohl der erste deutsche Dichter, der die Schönheit der arabischen Dichtung zu würdigen wußte. Anhand rudimentärer Übersetzungen der klassisch arabischen Gedichte war er im Stande zu erahnen, was für eine reiche literarische Tradition sich dahinter verbarg. In seinem Westöstlichen Divan sind seine Nachdichtungen verewigt, die uns heute noch in Erstaunen versetzen. Er fand Nachahmer in Friedrich Rückert, der Arabisch beherrschte und von der Idee beseelt war, den Landsleuten an seinen literarischen Entdeckungen teilhaben zu lassen.
In unserer Zeit hat Annemarie Schimmel diese Tradition weitergeführt. Als 1975 das Deutsche Orient-Institut ihre Anthologie Zeitgenösische arabische Lyrik herausgab, konnte man noch nicht erahnen, daß die arabische Dichtung an einem Scheideweg stand. Namen, die heute als große moderne Dichter genannt werden, waren fast alle in Schimmels Bändchen mit frühen Gedichten vertreten.
Erst durch Stefan Weidners vorliegende Anthologie wird ersichtlich, wie sehr das arabische Gedicht sich gewandelt hat. Er stellt in seinem Nachwort fest: „Selten dürfte eine Literatur, dürfte eine Genre eine so atemberaubende Entwicklung durchgemacht haben, wie die arabische Dichtung in den letzten 50 Jahren. Sie ist heute ebenso weltoffen wie eigensinnig, so modern wie traditionsbewußte, so formlos wie formvollendet, so alt und neu und schön und rätselhaft wie die arabische Welt selbst“.
Den Grund für diese Entwicklung sieht Weidner in der Niederlage der arabischen Truppen im arabisch-israelischen Krieg um Palästina, die das Selbswertgefühl der Araber nachhaltig beschädigte und zur Diskreditierung der herrschenden Gesellschaftsordnung führte. Die ersten free verse-Dichtungen entstanden 1947/48 in Folge der Katastophe, an-nakaba, wie die Niederlage in der arabischen Welt bezeichnet wird. Diesbezüglich stellt Weidner fest: „Die Revision der überkommenen sprachlichen Ausdrucksmittel wurde durch den allgemeinen Verlust an Vertrauen in die traditionellen Autoritäten beschleunigt“.
Diese Erklärung vermag nicht ganz zu überzeugen. Denn die gleiche Entwicklung ist Zeitgleich in den benachbarten Sprachen Persisch und Urdu feststellbar, ohne daß die Iraner oder die Pakistaner und die Inder eine ähnliche Erfahrung gemacht hätten. Hat nicht vielleicht Weidner übersehen, daß die Rezeption europäsicher Literaturen hierbei eine entscheidende Rolle gespielt hat?
Egal washalb heute die führenden arabischen Dichter in free-Vers dichten oder Prosagedichte schreiben, es war eine glückliche Entscheidung, bei der Auswahl der Gedichte, sich auf diese zu konzentrieren. Die traditionelle Dichtung, die Weidner als „Vormodern“ bezeichnet, ist allerdings nach wie vor die vorherrschende Dichtung, wenn man die Anzahl der Gedichte berücksichtigt, die sowohl in formaler wie inhaltlicher Hinsicht geschrieben werden. Es ist aber kein Verlust, wenn Weidner davon abgesehen hat, diese in seiner Anthologie aufzunehmen.
Er hat einige der schönsten und aufregendsten Gedichte zusammengetragen, die die zeitgenössische arabische Poesie zubieten hat. Allerdings muß angemerkt werden, daß er seine Auswahl auf die französischen Gedichte der Autoren aus den Maghreb-Staaten erweitert hat. Er zählt sie zur arabischen Poesie, obwohl sie in der arabischen Welt weder erschienen sind, noch dort rezipiert werden. Es wäre besser gewesen, er hätte seine Auswahl auf die arabisch-sprachigen Gedichte beschränkt.
Es werden insgesamt 56 Lyrikerinnen und Lyriker aus der gesamten arabischen Welt vorgestellt, darunter etliche Klassiker der Moderne. Aber auch jüngere Dichter kommen zu Wort, die in der arabischen Welt noch relativ unbekannt sind. Das Buch ist nicht nur für Arabisten interessant, sondern wendet sich bewußt an das allgemeine Lesepublikum, das immer schon wissen wollte, was die Gemüter der arabischen Dichter bewegt.
Mir haben zahlreiche Gedichte gut gefallen. Ganz besonders Nizar Qabbanis „Granada“, das wohl das schönste Gedicht über die alte maurische Metropole in Andalusien darstellt. In fast allen Sprachen der Muslime gibt es darüber nostalgische Gedichte, aber kein anderer Dichter hat es vermocht, was Qabbani in seinem relativ kurzen Gedicht an Leichtigkeit und Pathos ausgedrückt hat.
Weidner trägt in seiner sorgfältig kommentierten Anthologie eine Vielfalt der Stile, Nuancen und Themen zusammen. Er zeichnet die Entwicklung der modernen arabischen Poesie nach und gibt Auskunft über die Autoren und steuert Erläuterungen zu den Sachfragen bei. Weiterführende Literaturnachweise runden das lobenswerte Werk ab.

Munir D. Ahmed, Majmu’a

Barfuß auf Tränenspitzen

Der Atlas der Poesie weist nach wie vor viele weiße Flecken auf. Dass einer von ihnen nun die Farbe der Ferne bekommt, ist das Verdienst von Stefan Weidners Anthologie moderner arabischer Dichtung. Sie stellt 36 Autoren, die zwischen 1917 und 1970 geboren wurden, ausführlicher vor und ergänzt diese Auswahl einleitend mit knapp drei Dutzend Kurzgedichten. Das schließt zwar keinesfalls alle wichtigen oder einflussreichen Dichter ein, ist aber dennoch repräsentativ im Hinblick auf Stile, Formen und Themen.
Merkmale von Modernität, wie sie Hugo Friedrich für die europäische Lyrik definierte, oder gar experimentelle Töne sind selten anzutreffen. Moderne arabische Dichtung ist vor allem aus ihrer Emanzipation vom klassischen Formenkanon zu verstehen: im so genannten taf îlah-Stil, einer noch an die Tradition rückgebundenen Variante des freien Verses, wurde das Gedicht als organische Struktur wichtiger als die Prägung prägnanter Zeilen, wie es der klassischen Vorstellung entsprach. Dieses Misstrauen gegen die alten Formen hat viel mit den politischen Entwicklungen zu tun. Die Identitätssuche der Dichter findet ihren Niederschlag in den vielen lyrischen Selbstreflexionen, die die Texte wie ein roter Faden durchziehen. In ihnen spiegelt sich das Bild des Dichters als säkularer Prophet, der zum gesellschaftlichen Umbruch beiträgt. Viele der hier vertretenen Autoren bekamen durch Exil, Gefängnis oder Zensur die politischen Verhältnisse buchstäblich am eigenen Leib zu spüren.
Zu bunt und vielgestaltig erscheint die arabische Lyrik, um alle ihre Nuancen auf bemessenem Raum vorzustellen. Von großem Reiz sind insbesondere die kürzeren Texte der Anthologie. Ein Gedicht wie Fuad Rifkas „Gemälde“

Oktober.
Vögel ziehen fort,
treues Geäst winkt,
seine Blätter im Wind
sind Tränen

dürfte in seiner Schlichtheit ebenso einprägsam sein wie die Zeilen des Libanesen Paul Shâwûl:

Barfuß
schreitet er
auf seinen Tränenspitzen.

Melancholie heißt die vorherrschende Farbe auf der Stimmungspalette: Heimatverlust und Exilerfahrung, der Traum von einem selbstbestimmten „Land der Araber“ (Qabbani), neu zu definierende soziale Rollen, aber auch Religiös-Mystisches, das den Dichter in einem hiobsgleichen Hadern mit Gott zeigt. Den hohen Rang der modernen arabischen Poesie bestätigend sind Amal Dunquls sarkastisches Gebet an den „Vater unser in der Staatssicherheit“, Nâzik al-Malâ ikas „Liebeslied an die Wörter“ oder Mahmûd Darwîshs betörende Elegie „Am letzten Abend auf dieser Erde“. Es gibt allerdings auch Texte, denen westliche Leser befremdet gegenüber stehen. Wenn Saniah Sâlih ausruft: „Berühre mich, wie Gott den Lehm berührt hat, / damit ich wie die Menschheit erstehe“, dann ist das ein Pathos, das zuweilen dicht am Kitsch vorbeischrammt. Manchmal vermisst der Leser auch das, was ihm als Stringenz vertraut ist, so dass manches Gedicht sich in beliebig wirkenden Wiederholungen des gleichen Gedankens erschöpft. In eine Anthologie, die – ohne zu werten – informieren will, gehören sie dennoch hinein.
Besonderes Lob verdient die Übersetzung durch Stefan Weidner: Es ist keineswegs Standard, dass fremdsprachige Lyrik in ihrer deutschen Fassung mehr als nur eine Inhaltsangabe bietet; das literarische Niveau dieser Übersetzung lässt dagegen über weite Strecken die sprachlichen Grenzen fast vergessen. Durch unterschiedliche Schreibungen und Zeichensetzungen wird eine überzeugende Annäherung an Duktus und Personalstil der jeweiligen Dichter versucht. Auch für Reim und Rhythmus finden sich, wo immer es ohne allzu große akademische Strenge möglich war, deutsche Entsprechungen, so dass der Leser, und vielleicht mehr noch der Hörer, zumindest einen Eindruck von der Klangfülle der Originale bekommt. Vergleicht man Weidners an anderer Stelle veröffentlichte, nüchternere Version von Badr Shakir as-Sayyabs berühmter Regenhymne mit dem gereimten und rhythmisch aufgeladenen Lied vom Regen, dann wird der Gewinn an ästhetischem Vergnügen deutlich. Übersetzungen dieser Qualität wünscht man noch öfter auf dem Buchmarkt anzutreffen.

Jürgen Brôcan, Berliner Zeitung, 14.10.2000

 

 

 

Kichael Kohtes trifft Stefan Weidner zum Gespräch

Fakten und Vermutungen zum Herausgeber + Kalliope + Facebook
Clemens Brentano Preis Dankesrede + Laudatio +
Paul-Scheerbart-Preis +

 Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung Dankesrede + Laudatio
Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde Ohlbaum + Keystone-SDA

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