Kurt Pinthus (Hrsg.): Menschheitsdämmerung

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Kurt Pinthus (Hrsg.): Menschheitsdämmerung

Pinthus-Menschheitsdämmerung

DER STUMME FREUND

Vermenschter Stern, mit allen deinen Fluten
Verlangst und bangst du blaß hinan zum Mond.
Wir können bloß die Mondsehnsucht vermuten
Und wissen wohl, kein Mondgespenst hat uns
aaaaaverschont.

Begebnisse, die nie ein Wunsch ersann,
Entwallen deinen Tiefen, die auf uns beruhten,
Und schmeicheln sich zum leichten Mond hinan.
Geschlechter fangen an, sich leiblich einzubluten.
Und streben schon zum Stern, der mit dem Tod begann.

Wir träumen uns hinweg nach einem Heime,
Wo unser Aufgang starr und frostig sei.
Im angeträumten Schlummerebbungsschleime
Erscheint des Sterbens Silberstickerei;
Der Mond verstreut die bleichen Todeskeime:
Sein Mitleid keimt bereits in jedem Ei.

Vermenschter Stern, zu deinem freundlichen Genossen
Will unvermutet auch das frohste Sonnenkind.
Was überraschend rasch am Tag ersprossen,
Bleibt innerlich doch mild und mondhaft lind.

Dem Monde ist ein Wort vor seinem Tod entflossen,
Das alle hörten, dessen niemand sich besinnt.
Empor zum Mond! Nun ist sein Mund verschlossen.
Zum Silbermond, dem keine Silbe mehr entrinnt.

Theodor Däubler

 

 

 

Nach 40 Jahren

(New York, Sommer 1959)

Vor genau 40 Jahren, Ende des Jahres 1919, erschien die Sammlung Menschheitsdämmerung – Symphonie jüngster Dichtung zum ersten Male. Damals ein explosives Pionierwerk, ein avantgardistisches Experiment – heute als „immer noch die beste“, als „repräsentativste“, als „klassische Anthologie des Expressionismus“, ja als „erste und einzige Sammlung dieses Kreises“ erachtet. Die sich in jenem Jahrzehnt „jüngste Generation“ nannten, sind heute die Generation der Alten – oder Toten. Ein junger Literatur- und Zeitkritiker in Berlin, Freund vielen Freunden, der leidenschaftlich seine Epoche und deren Literatur liebte, stellte 1919 dies stürmische, vorwärtsstürmende Buch zusammen; – ein aus seinem Lande Ausgetriebener, Ausgebürgerter, der Mitte seines achten Jahrzehnts sich nähernd, gibt von New York aus in einer Taschenbuch-Serie von Klassikern diese Sammlung neu heraus… in der alten Gestalt. Warum?
Ist so große Nachfrage nach diesem Buch vorhanden? Wirkt es noch lebendig, von Leben zeugend; vielleicht Leben weckend? Ist es nur als historisches Dokument noch wichtig? Oder wird es wieder gedruckt; weil Herausgeber und Verleger, ein sicherlich sehr seltener Fall, fünfzig Jahre lang Freunde und literarisch verbunden blieben?
Die drei Leitgedanken des Buches waren: die charakteristischsten von den vielen dem Expressionismus zugezählten Dichtern des Jahrzehnts 1910–1920 darzubieten; sie so darzubieten, daK sich ein äußeres und inneres Bild dieses Jahrzehnts offenbart; die Dichter nicht in chronologischer oder alphabetischer Folge aufziehen zu lassen, sondern ihre Gedichte nach großen Hauptmotiven, kleinen und kleinsten Motiven zu ordnen, zu verflechten und zu komponieren, ähnlich dem Aufbau einer Symphonie in vier Sätzen.
Diese Leitgedanken wurden sofort bei Erscheinen der Sammlung erkannt und anerkannt. Das Buch, von dem Verleger und Herausgeber bescheiden eine Gasse für den Expressionismus erhofften, machte plötzlich dieser dichterischen Bewegung eine breite Straße frei. Es erlebte in zwei Jahren vier Drucke mit 20.000 Exemplaren und fand, wie der Herausgeber damals schreiben konnte, „rasch die Anteilnahme der Zeit, deren Ausgeburt es darstellte“. Keine Gedichtsammlung unseres Jahrhunderts ist so oft zitiert worden wie Menschheitsdämmerung, und was über sie gedruckt ist, macht das Vielfache ihres Umfangs aus. Viele der in diesem Buch enthaltenen Gedichte gelten heute als die besten oder wenigstens typischsten des Expressionismus und sind in unzählige spätere Anthologien und in Schulbücher eingegangen. Universitäten in Europa und Amerika legen für die Lyrik des 20. Jahrhunderts diese Sammlung, wie man sagt, zugrunde. Ein holländischer Gelehrter behauptet sogar, die Einleitung des Herausgebers habe „die Forschung beeinflußt“ und er führt Gelehrte wie WALZEL, F.J. SCHNEIDER, HUIZINGA, CHRISTIANSEN an, die der „optimistischen Tendenz“ (er meint „positiven Tendenz“) jener Darstellung des Expressionismus gefolgt seien. Aber das Buch, von Nazis wie von Bomben gleicherweise in Tausenden von Exemplaren zerstört, wurde nach der Auferstehung Deutschlands und besonders nach der Wiederentdeckung des Expressionismus mehr verlangt und beachtet als vor 1933. Es ist kaum noch antiquarisch zu haben und erzielt auf Auktionen ungewöhnliche Preise.
All dies wird natürlich nicht gesagt, um die Menschheitsdämmerung oder den Herausgeber oder den Expressionismus zu rühmen, sondern um die Neu-Ausgabe zu rechtfertigen.
Wie beurteilt man nun heute den Expressionismus des Jahrzehnts 1910–1920, in der Literaturgeschichte jetzt Epoche des ,Früh‘- und ,Hoch‘-Expressionismus genannt, als dessen Repräsentant die Menschheitsdämmerung gilt? Das bisher umfangreichste neuere Werk über den dichterischen Expressionismus, herausgegeben von den Professoren HERMANN FRIEDMANN und OTTOMANN, zusammen mit zwölf anderen Literarhistorikern, unter dem Titel Expressionismus – Gestalten einer literarischen Bewegung (Heidelberg 1956), sagt in der Vorbemerkung:

Das zeitgeschichtliche Phänomen [des Expressionismus] ist für uns heute wieder erregend: wie eine Generation junger Dichter sich dem Verfall des europäischen Menschen und seiner Kunst entgegenstellt. Seine Impulse und Auswirkungen sind für uns heute noch da in den Dichtern, die in ihrer Jugend durch den Expressionismus befruchtet worden sind. Aber dieser Expressionismus ist zugleich mehr als eine nur zeitgeschichtliche Bewegung und eine nur literaturgeschichtliche Kraft. Er hat uns in seinen höchsten Werken Dichtungen beschert, deren überzeitlichen Rang wir heute zu erkennen beginnen und die wir in unseren klassischen Dichtungsbestand aufnehmen müssen.

Wie aber äußern sich die expressionistischen Dichter des Jahrzehnts 1910–1920 selber jetzt in unserem Jahrzehnt 1950–1960? Nur die beiden seien zitiert, die sich anfangs am nächsten standen in der zertrümmernden Ablehnung der damaligen Welt und die später dichterisch wie politisch am weitesten auseinander gerieten: GOTTFRIED BENN und JOHANNES R. BECHER.
Gottfried Benn, zumindest in seiner frühen Zeit seit 1912 als ein Hauptdichter des Expressionismus erachtet und in der rapiden Simultaneität und weltweiten Willkürlichkeit seiner Assoziationen immer ein Expressionist geblieben, schrieb ein Jahr vor seinem Tode, 1955, fast siebzigjährig, die Einleitung zu der Anthologie Lyrik des expressionistischen Jahrzehnts, in der er, nach anfänglichen Bedenken über eine einheitliche Definition jener Dichtung und über seine Zugehörigkeit zu ihr, schließlich begeistert ausbricht:

Ein Aufstand mit Eruptionen, Ekstasen, Haß, neuer Menschheitssehnsucht, mit Zerschleuderung der Sprache zur Zerschleuderung der Welt… Sie [die Dichter] kondensierten, filtrierten, experimentierten, um mit dieser expressiven Methode sich, ihren Geist, die aufgelöste, qualvolle, zerrüttete Existenz ihrer Jahrzehnte bis in jene Sphären der Form zu erheben, in denen über versunkenen Metropolen und zerfallenen Imperien der Künstler, er allein, seine Epoche und sein Volk der menschlichen Unsterblichkeit weiht… Noch aber steht sie da: 1910–1920. Meine Generation! Hämmert das Absolute in abstrakte harte Formen: Bild, Vers, Flötenlied… Es war eine belastete Generation: verlacht, verhöhnt, politisch als entartet ausgestoßen – eine Generation jäh, blitzend, stürzend, von Unfällen und Kriegen betroffen, auf kurzes Leben angelegt… Also der Expressionismus und das expressionistische Jahrzehnt: … Stieg auf, schlug seine Schlachten auf allen katalaunischen Gefilden und verfiel. Trug seine Fahne über Bastille, Kreml, Golgatha, nur auf den Olymp gelangte er nicht oder auf anderes klassisches Gelände.

Johannes R. Becher in seinem Bekenntnisbuch Das poetische Prinzip, 1957, gleichfalls ein Jahr vor seinem Tode, als Kultusminister der Deutschen Demokratischen Republik, beginnt:

Wenn ich von meiner eigenen Vergangenheit spreche, von meiner poetischen, was habe ich nicht selber dazu beigetragen, um die expressionistische Rebellion im Nachherein zu korrigieren und meine ungestümen Verskolosse meinen gegenwärtigen Einsichten anzupassen…

Aber ein paar Seiten später packt auch ihn sehnsüchtige Sympathie für jene ferne Jugend:

Mag es uns auch mißlungen sein, was wir so überschwenglich, so heftig erstrebten, in der Dichtung die ,coincidentia oppositorum‘ des Nicolaus Cusanus zu verwirklichen, immerhin einiges bleibt, und vor allem bleibt es lehrreich, insofern man sich die Mühe nimmt, über unsere Bemühungen von damals nachzudenken… So haben wir in keinem klassischen Werk die Idee des Simultanismus, den Geist eines expressionistischen Pantheismus verwirklicht, aber ich bin überzeugt, man wird eines Tages wieder auf diese Versuche zurückkommen und mit vielem, vielem inzwischen in Vergessenheit Geratenem auch diesen unseren Aufruhr um die Jahrhundertwende wieder entdecken …

Jeder wird erkennen, wie in der nüchternen Begeisterung des Alters in beiden Dichtern die fast gleiche schwärmerische Erinnerung an jene Jugendepoche weiterlebt. – Da diese Zitaten-Reihe mit dem Urteil zweier westdeutscher Literarhistoriker begonnen wurde, sei sie beschlossen mit einem der führenden Literarhistoriker Ostdeutschlands (seit 1963 in der Bundesrepublik). Professor HANS MAYER, eine Generation jünger als BENN und BECHER, gibt zu, nachdem er (in einem Gedenkbuch für den Dichter RUDOLF LEONHARD) erklärt hat, wie fern seiner Generation der ,Neuen Sachlichkeit‘ jene ,Menschheitsdämmerung‘ lag:

Es war ersichtlich: dergleichen Dichtung gehörte unmittelbar zusammen, entsprang einem gemeinsamen Zeiterlebnis, einer gemeinsamen menschlichen, gesellschaftlichen und künstlerischen Entscheidung… Alle Einwände mögen gelten. Trotzdem: welch ein Reichtum, welche Leidenschaft des Hasses und der Menschenfreundlichkeit.

Was aber, wird man jetzt fragen, denkt der Herausgeber heute selbst über die Menschheitsdämmerung, über den Expressionismus und dessen Wirkungen. Dem Herausgeber sind diese Fragen unzählige Male gestellt worden, in Deutschland wie in Amerika, in Unterredungen wie in Briefen; er hat sie von Literaturhistorikern und Studenten gehört; er wurde darüber interviewt und am Radio ausgeforscht. Um schneller und präziser antworten zu können, tritt der Herausgeber aus seiner Anonymität heraus ins individuelle Ich.
Was ich über die sogenannte expressionistische Generation zu sagen habe, ist in den zwölf Seiten des Vorworts „Zuvor“ der Urausgabe von 1920 zu finden, und in dem dreiseitigen „Nachklang“ der späteren Auflagen. Dort habe ich dargelegt, wie diese Dichtung war und warum sie so war und sein mußte; ich habe erklärt, wie sie entstand und wohin sie zielte und strebte. Deshalb bitte ich jeden inständig, die dieser Einleitung folgenden, wörtlich wieder abgedruckten Bemerkungen „Zuvor“ und „Nachklang“ aufmerksam zu lesen. Wenn der Stil fremdartig oder überschwenglich erscheint, so hat man ein Beispiel dafür, wie der expressionistische Prosa-Stil im Essay um 1920 klang, im Gegensatz zum nüchtern-präzisen Stil, den die jetzige Einleitung anstrebt.
Als die Neu-Ausgabe geplant wurde, warf man die Frage auf: soll die Sammlung up-to-date gebracht, Veraltetes, Ungenießbares, vielleicht Lächerliches herausgeworfen und sollen dafür spätere Gedichte dieser und anderer Dichter des Expressionismus einkomponiert werden? Ich bestand darauf, daß die Menschheitsdämmerung als historisches Dokument genauso wiederveröffentlicht werden müsse, wie sie vor 40 Jahren erschienen ist. Das hatte ich schon 1922, als das 15.–20. Tausend des Buches gedruckt werden sollte, gefordert und im „Nachklang“ begründet. Die Worte von 1922 gelten heute erst recht.
Es ist also in dieser Gedichtsammlung kein Buchstabe (außer Druckfehlern) geändert worden. Kein einziges Gedicht wurde weggelassen, wohl aber sind die ganz wenigen Gedichte der ersten Drucke, die in späteren Auflagen durch andere der gleichen Dichter (auf deren Wunsch) ersetzt wurden, wieder eingefügt, so daß also die Neu-Ausgabe sämtliche Gedichte enthält, die in allen vier Drucken 192er–1922 erschienen waren. Deshalb findet man z.B. IWAN GOLLs Gedicht „Der Panamakanal“ sowohl in der überarbeiteten ersten Fassung wie in der späteren Fassung von 1918, die mir der Dichter für die letzten Drucke gab.
Wenn man wissen will, was ich heutzutage kritisch über die einzelnen Dichter und Gedichte dieser Sammlung, was ich über das Fortleben des Expressionismus und über einen Vergleich der heutigen jungen Generation mit der damaligen denke, so kann ich mich nur sehr zögernd äußern. Denn ich habe, seit zu Anfang der zwanziger Jahre die Lyrik des deutschen Expressionismus sich verströmt hatte, mich mehr und mehr dem Theater, Film und Radio zugewandt und, nach meiner Emigration, in Amerika als akademischer Lehrer wie als Wissenschaftler und Schriftsteller mich ganz dem vergleichenden Theater der Gegenwart, der Theatergeschichte aller Zeiten und Völker gewidmet und in den letzten Jahren einem bisher kaum gekannten Feld: der Vorgeschichte des Theaters, d.h. dem Theater der prähistorischen und primitiven Menschen sowie der vorgriechischen Hochkulturen und vorkolumbianischen amerikanischen Zivilisationen. Aber gerade die weitreichende stetige Beschäftigung mit der Ausdruckskunst vieler Gruppen und Völker seit 20.000 Jahren hat mir viel tiefere Einblicke in die Literatur und Kunst unseres Jahrhunderts offengelegt als sie mir früher möglich waren.
Deshalb mögen nur einige aphoristisch-hindeutende Bemerkungen als Antwort folgen. Wahrscheinlich werden für die meisten heute in deutsch-sprechenden Ländern Lebenden, ob Ältere oder Jüngere, ungefähr dieselben Gedichte jener Epoche lebendig, aufschlußreich und wirksam sein wie für mich. Ich freue mich, daß DÄUBLER und ELSE LASKER-SCHÜLER, HEYM, TRAKL, STADLER, BENN, GOLL und WERFEL sozusagen zu expressionistischen Klassikern aufgerückt sind, die man verehrt und studiert. Ich freue mich, daß man STRAMM und den frühen BECHER als Sprach-Phänomene untersucht. Aber ich beklage, daß so viele jener Hunderte von Dichtern, daß fast all die Dutzende von Zeitschriften, Jahrbüchern, Anthologien und Reihen-Publikationen der expressionistischen Literatur ganz und gar verschollen und kaum noch auffindbar sind, und daß man von eigenwüchsigen und eigenwertigen Dichtern wie etwa EHRENSTEIN und ZECH, WOLFENSTEIN und LICHTENSTEIN kaum noch etwas weiß.
Es ist schwierig, der heutigen literarischen Jugend, in welcher der einzelne isoliert bleibt und es weiß und oft darunter leidet, deutlich zu machen, daß in jenen Jahren 1910–1922 die jungen Autoren in Prag, Berlin, München, Wien, Leipzig, über alle deutschsprechenden Länder, ja über ganz Europa hin, trotz vieler individueller Unterschiede in Gesinnung, Wollen und Ausdrucksform sich als eine Einheit, eine Gemeinschaft, eine Gemeinsamkeit fühlten – im Kampf gegen faulig absterbende Vergangenheit und zukunftshindernde Tradition, für neue Bewußtseinsinhalte, neue Ideen und Formen, von denen sie wahrscheinlich wußten, daß sie gar nicht so neu waren, wie sie es, der Wirkung wegen, überbetonten.
Nicht wie in früheren literarischen Gruppenbildungen: Sturm und Drang, Romantik, Junges Deutschland, handelte es sich um einige oder ein Dutzend oder einige Dutzend Autoren, sondern tatsächlich um Hunderte, die sich kannten, erkannten und anerkannten. Erst spätere zusammenfassende Betrachtung wird erweisen, daß es nicht nur hier und da in Deutschland oder Europa einige Gruppen von Künstlern und Literaten gab, die Expressionisten genannt wurden oder sich selbst so oder mit ähnlicher Kennzeichnung nannten, sondern daß ursprünglich von APOLLINAIRE und COCTEAU bis zu den Surrealisten in Frankreich, von den Futuristen zu UNGARETTI und MONTALE in Italien, von den deutschschreibenden Expressionisten zu MAJAKOWSKI und JESSENIN in Rußland, von POUND und ELIOT zu AUDEN und SPENDER, von JIMENEZ und GUILLÉN zu GARCÍA LORCA und schließlich bis zu den jüngeren Amerikanern eine weltweite bewußte Gemeinschaft vorhanden war (die freilich allmählich in viele, oft gegnerische Richtungen auseinanderbrach). Aber es müßte schon jetzt weit stärker betont werden, daß die deutschen Expressionisten zu den Frühesten und Ersten dieser Gemeinschaft gehörten, daß ihre Zahl und Ausdrucksfähigkeit um 1920 reicher als in der Dichtung anderer Länder war.
Deshalb ist es tragische Ironie, daß manche der jetzigen jungen Lyriker in Deutschland den Expressionismus nach der Nazi-Zeit aus zweiter Hand kennenlernten und von ihm lernten, etwa von ELIOT, SAINT-JOHN PERSE, AUDEN, LORCA oder im Drama von THORNTON WILDER und TENNESSEE WILLIAMS, die mit vielen anderen später begonnen hatten als jene Generation um 1910. Nur einige Beispiele: THORNTON WILDER lebte in den zwanziger Jahren lange in Berlin, um das Theater zu studieren; AUDEN und SPENDER und ISHERWOOD arbeiteten mit deutschen Expressionisten zusammen und übersetzten sie; TENNESSEE WILLIAMS war in New York ein Schüler PISCATORs.
Zu jener Zeit, als die deutsche Literatur nach 1945 sich zu regen, nachzuholen und nachzuahmen begann, war noch nicht wieder entdeckt, noch nicht wieder gedruckt, war fast ganz verschwunden und vergessen, was man einst deutschen Expressionismus genannt hatte.
Aber die Expressionisten der romanischen und englischen Sprachen sind sofort nach Ende des zweiten Weltkriegs bis heute vielfach ins Deutsche übersetzt worden. Wenn man die deutschen Expressionisten der Jahre 1910–1922 ins Englische oder Französische übersetzte, so würde man den Zusammenhang und die Priorität erkennen. IWAN GOLL, zweisprachig aufgewachsen, konnte frühzeitig selber seine Dichtung ins Französische übertragen und galt von jeher in Frankreich mehr als in Deutschland; deshalb schrieb er seit 1930 nur noch französisch, bis er auf dem Sterbelager um 1950 seine schönsten Gedichte wieder in deutscher Sprache hinsang.
Hier muß von dem schon angedeuteten Problem gesprochen werden: daß der Expressionismus mit seinen Abzweigungen gar nicht so neu war, wie man glaubte oder glauben machen wollte. Es ist in letzter Zeit mehrfach versucht worden, zu zeigen, besonders von HUGO FRIEDRICH in Die Struktur der modernen Lyrik (rowohlts deutsche enzyklopädie Nr. 25, 1956), wie eng der Expressionismus mit der Revolutionierung der französischen Lyrik durch BAUDELAIRE, MALLARMÉ und RIMBAUD verwandt ist oder zusammenhängt. Man kann einwenden, daß eine so völlige Sprachzertrümmerung, ein so lauter Schrei des Erwachens und des Erweckenwollens wie im deutschen Expressionismus niemals in jener französischen Literatur-Revolution vorhanden war. In Prosa und Drama wird immer wieder auf LAUTRÉAMONT und JARRY als Vorläufer in der Anhäufung wild verwirrter Assoziationen hingewiesen. Man wird schließlich auf gewisse Forderungen, Formulierungen und Versuche der Romantik, vor allem auf NOVALIS, FRIEDRICH SCHLEGEL und selbstverständlich auf HÖLDERLIN zurückgeführt werden. Über die Ähnlichkeit des Expressionismus mit den Formen des Barock ist schon viel gesagt worden. Aber es handelt sich in der Wiederkehr gewisser übersteigerter Ausdrucksmittel, jenseits der Konventionen von Realität, Logik und Kausalität, wahrscheinlich weniger um Beeinflussung als um ähnliche oder parallele Bewußtseinslagen und ablehnende Reaktionen zur sogenannten Wirklichkeit. In Spanien jedoch war das, was wir Expressionismus nennen, in Gestalt jener simultanen nicht logisch oder kausal koordinierten Assoziationen schon seit Jahrhunderten in der Lyrik vorhanden und dominiert auch im Volkslied, wie übrigens im Volkslied vieler anderer Völker.
Eine Dissertation über die Menschheitsdämmerung weist mehrfach darauf hin, wie ähnlich die Ideen des aktivistischen Expressionismus den Gedanken LUDWIG FEUERBACHs sind. Der Verfasser stellt fast wörtliche Übereinstimmungen zwischen FEUERBACH und Stellen in Gedichten oder in meinen und anderer Schriften jener Zeit fest. Ich war verblüfft, auch für meine Freunde, denn gewißlich hatten wir niemals FEUERBACH gelesen. – So hat BENN mehrfach beteuert, daß er MALLARMÉ nicht kenne und RIMBAUD erst in sehr vorgerückten Jahren in Übersetzung gelesen habe, wiewohl die Parallele zwischen Mallarmé und Benns späterer Lyrik erstaunlich ist.
Die eben genannte Arbeit will nachweisen, daß die Ur-Ausgabe der Menschheitsdämmerung den Untertitel „Symphonie jüngster Dichtung“ „mit Recht trägt, daß es dem Herausgeber wirklich gelang, die vielfältigen, oft weit auseinandergehenden Strömungen des lyrischen Expressionismus nach einer bestimmten Idee zu einer großen Symphonie zu vereinigen, die sich als ein selbständiges Kunstwerk über die historischen Realitäten und Zufälligkeiten jener dichterischen Bewegung erhebt“. Der Autor fügt Notenbeispiele an, und zwar Beethovens sogenannte ,Humanitäts-Melodie‘ aus der erst 1884 aufgefundenen Kantate auf den Tod des liberalen Kaisers Josef II. zu den Worten: „Da stiegen die Menschen, die Menschen ans Licht“ – jene Melodie, die Beethoven fünfzehn Jahre später im Fidelio abermals in den Oboen und Flöten aufklingen läßt, als Leonore dem befreiten Geliebten die Ketten abnimmt.
Die Humanitäts-Melodie kann als das messianische Hauptmotiv des Expressionismus bezeichnet werden. Und damit trifft man auf einen merkwürdigen Zusammenhang, der bisher nirgends angedeutet worden ist. In dem in Holland erschienenen Buch Im Schatten des Nihilismus wird nachzuweisen versucht, daß der deutsche Expressionismus, bis auf ganz wenige Ausnahmen, eine nihilistische Bewegung gewesen sei, die durch Zerstörung aller Werte und Formen den Nazismus vorbereitet habe. Diese Behauptung ist vielfach aufgestellt und wiederholt worden, und ein Student schrieb mir klipp und klar, er wolle in seiner Dissertation nachweisen, daß die Menschheitsdämmerung ein Werk des Teufels sei. Nun ist es freilich leicht, unter Tausenden von Gedichten einer ganzen Epoche ein paar Dutzend völlig negierender, hilflos pessimistischer und gefährlich nihilistischer Zitate herauszupicken. Überdies leben wir in der Zeit eines derart durchgeführten Konformismus, sowohl in den demokratisch wie in den sozialistisch regierten Ländern, daß jede Aggression, jede Kritik und Negierung der monopolisierten Gewohnheits-Anschauungen und -Werte als Nihilismus gebrandmarkt wird. Aber wenn die expressionistischen Dichter zerstörten, so zerstörten sie aus tiefem Leid an der Gegenwart und aus fanatischem Glauben an einen Neubeginn in den Künsten, im Leben des Einzelnen und in der menschlichen Gemeinschaft. Deshalb war ihre zerstörerische Leidenschaft nicht nihilistisch, sondern aufbauend; Umsturz und Aufbau hieß 1919 eine Reihe von Dichtungen und Schriften. GOETHE hat Kontinuität auch in der Zerstörung durch die Literatur 1797 folgendermaßen formuliert:

Die literarische Welt hat das Eigene, daß in ihr nichts zerstört wird, ohne daß etwas Neues daraus entsteht, und zwar etwas Neues derselben Art.

Auch der Humanismus der Renaissance war eine Gemeinschafts-Bewegung über ganz Europa; auch der Humanismus hat durch die geistige Zerstörung der vorangehenden Epoche des Mittelalters ein neues Zeitalter schaffen wollen; und es war der Humanismus, der sich unmittelbar mit dem Menschen beschäftigte und an den Menschen wandte – wie der Expressionismus. Die Expressionisten waren enttäuschte Humanisten, da die Wirklichkeit, in der sie lebten, nichts gemein hatte mit jener, die der Humanismus der Gymnasien und Universitäten lehrte. Man könnte sagen, daß die sozialistischen oder utopischen Forderungen des Expressionismus nicht von MARX, wie man annimmt, sondern vom Humanismus herstammen (wahrscheinlich kam auch Marx daher). Denn der Humanismus hatte einst das Wort und die Idee der Utopie geschaffen.

Der Hauptunterschied zwischen der Generation nach dem zweiten Weltkrieg und der nach dem ersten besteht wahrscheinlich darin, daß die Jüngeren weder das Bewußtsein der Gemeinsamkeit und den Willen zu gemeinsamer Wirkung hatten, noch besessen waren von dem anfänglichen Glauben jener Dichtung 1910–1920 an den Sieg menschheitsfördernder Ideen und befreiter und befreiender Formen. Die Überlebenden des zweiten Weltkriegs in Deutschland hatten offenbar nichts mehr zu zerstören; sie fanden sich in einer zerstörten Welt. Sie hatten nichts aufzubauen und zu verkünden, denn die Trümmer reichten grade hin, eine neue Wirtschaft, ein neues privates Dasein zu schaffen. Im Vergleich mit der pathetischen oder schwärmerischen Expressivität von einst scheint die jetzige Lyrik eher in sich gekehrt, mehr skeptisch bedenkend. Statt des selbstbewußten Ausbruchs: „Beglänzt von Morgen, wir sind die verheißnen Erhellten“ (E.W. LOTZ), ertönte die bange Frage:

Mit zager Stimme rede ich zu dir: Wirst du mich hören? (K. KROLOW).

Statt der aufrufenden, aufschreienden Gedichttitel der Expressionisten heißt die erfolgreichste Anthologie der Nachkriegszeit Ergriffenes Dasein (HOLTHUSEN und KEMP) oder einfach und bescheiden Transit, Lyrikbuch der Jahrhundertmitte (HÖLLERER).
Die heutige Dichtung zehrt offensichtlich von der Vergangenheit mehr als die vorhergehenden literarischen Strömungen. Auch der Expressionismus um 1920 hatte viele Nachahmer erzeugt. Man spaßte damals: es wird viel gebechert, gewerfelt und gezecht; so könnte man heute sagen: es wird viel getraklt, gebennt und gegollt. Hölderlins Melodie zieht wie ein unendliches Motiv durch die Lyrik. Ein neuer Klassizismus, eine neue Romantik, ja ein neues Biedermeier sind hörbar.
Es tut nichts zur Sache, ob man fragt: hat der Expressionismus weitergelebt? oder: ist er wieder aufgelebt? Tatsache ist, daß er lebt, und zwar nicht nur als eine viel durchforschte und diskutierte literarische Bewegung oder in seiner großen Zahl von bereits als klassisch anerkannten Gedichten, sondern über das Historische hinaus in einer Entwicklung, die niemand erwartete. Mögen Anklage und Schrei, Posaunenstöße und Fanfarengeschmetter der damaligen Forderungen verhallt und verschollen sein und heutiger Jugend wenig gelten – grade jenes Element, das einst am heftigsten verurteilt und lächerlich gemacht wurde: zersprengte, zersprengende Sprache, Unform oder Mißform, tumultuarische oder träumerische Aneinanderreihung der alogischen, akausalen Assoziationen – damals Hilfsmittel des kämpfenden Geistes –, all dies ist allmählich zur wirklichen Form geworden, zum unbewußten oder selbstverständlichen Erbgut, zum Allgemeingut späterer Generationen. Und damit eint sich die deutsche Dichtung abermals mit der zeitgenössischen Lyrik der Weltliteratur, folgend der Forderung, in der sich merkwürdigerweise schon der Aufklärer DIDEROT und die Romantiker NOVALIS und FRIEDRICH SCHLEGEL zusammenfanden, und die in revolutionärer oder moderner Poesie der romanischen und später der englisch-sprechenden Völker ausgeführt wurde: Dichtung müsse dunkel und chaotisch sein.
Aber wie sich die Wissenschaft bemüht, nicht nur ins Unbewußte, Ungewußte vorzudringen, sondern es zur Bewußtheit, zum Wissen zu klären, so wird – das habe ich seit vierzig Jahren ausgesprochen – auch eine zukünftige Lyrik von überirdischer Klarheit, von lichtester Kenntnis und Erkenntnis möglich sein.
Wie die Entwicklung sich auch gestalten möge, man wird zugeben müssen, daß der Expressionismus die letzte gemeinsame, allgemeine und bewußte Bemühung einer ganzen Generation war zur Neuschöpfung und Weiterbildung der Kunst, Musik und Dichtung – und, wie er anfangs hoffte, auch der Menschheit. So müssen wir denn annehmen und hinnehmen, daß die expressionistische Dichtung in ihren Visionen und Formen mehr als jemals eine Generation vorher das voranzeigende Barometer der Erschütterungen unseres Jahrhunderts war – nicht nur in den schauerlichen Vorahnungen des ersten Weltkriegs und der durch ihn bewirkten Zusammenbrüche bisheriger Ordnungen und Werte, sondern weit über den zweiten Weltkrieg und die erste Jahrhunderthälfte hinaus bis zur Hilflosigkeit gegen die derzeitige Selbstzerstörung der Menschheit. PAUL ZECH hat schon vor Jahrzehnten Aufstieg und Sturz einer Weltraumrakete auf eine Insel des Pazifischen Ozeans bis zu den Licht- und Vernichtungseffekten in einer kolossalischen Ballade besungen, und für viele Gedichte BENNs von der Bewußtheit des Zerstörtseins stehe hier die beginnende Zeile „Verlorenes Ich, zersprengt von Stratosphären“. Aber die expressionistischen Dichter sind gleichzeitig vorangegangen in der Aufdeckung unbekannter Bewußtseinsinhalte und jener bereits mehrfach charakterisierten, den äußeren und inneren Kosmos durchschwärmenden Assoziationen sowie in den heute eigentlich noch aktuelleren Forderungen des Friedens und der gegenseitigen Hilfe unter den Völkern.
Dennoch rate ich den Enkeln nicht, das im Buch Menschheitsdämmerung Gebotene oder Wiedergebotene nachzuahmen. Ich glaube nicht, wie manche Jüngere anraten, daß die heutige Dichtung bewußt eine Brücke zurückschlagen solle zu dem, was gerettet wurde aus der (von MUSCHG geschilderten) „Zerstörung der deutschen Literatur“. Wohl aber sei den Enkeln der Mut jener Generation 1910 bis 1920 gewünscht: der Mut der Liebe zum gegenwärtigen und zukünftigen Menschen und der Mut zum immerwährenden Versuch in Leben und Dichtung.

Ausführung und Entscheidung des hier Angedeuteten soll zukünftiger Literarhistorie überlassen bleiben, die sich bisher so gründlich und freundlich (oder feindlich) mit der Dichtung auseinandergesetzt hat, wie sie in der Menschheitsdämmerung zu finden ist. Gerade weil bereits so viel über den Expressionismus und seine Dichter geschrieben wurde, entschied ich mich, den – jenseits des Gedicht-Teils – mir zugemessenen knappen Raum nicht zu einem weiteren ausführlichen Essay, sondern zu etwas ganz anderem zu benutzen und, wie ich hoffe, zu nutzen. Nämlich zu einer mühseligen Arbeit, die bisher noch nicht getan wurde: zu den wenigen bereits bekannten Biographien und Bibliographien knappe, tatsachengefüllte Lebensläufe und vor allem möglichst vollständige Bücherlisten der Autoren zusammenzustellen und im Anhang ,Dichter und Werke‘ anzufügen.
Denn es war den Nazis gelungen, die dreiundzwanzig Dichter der Menschheitsdämmerung, sowohl die, welche noch lebten, wie die, welche bereits tot waren, getötet wurden oder sich selbst getötet haben, in solchem Ausmaß als entartet oder zumindest als unerwünscht zu brandmarken und ihre Werke zu verbieten, zu verbrennen und auszurotten, daß ihr Leben oft in Dunkel gehüllt ist, viele ihrer Bücher fast oder völlig unauffindbar und selbst die Titel ihrer Veröffentlichungen nur mit größter Mühe feststellbar sind. Es gibt, soviel ich weiß, kein Nachschlagebuch, das Lebensdaten und Bibliographien jener Dichter auch nur einigermaßen zuverlässig und vollständig bietet, und selbst Einzeldarstellungen, Dissertationen und Gesammelte Werke zeigen Fehler und Lücken. Das wissenschaftliche Sammelwerk Expressionismus, Gestalten einer literarischen Bewegung gesteht:

Die üblichen bibliographischen Quellen sind in hohem Maße widersprüchlich.

Und wenn es auch ankündigt, „daß ein höchstmögliches Maß von Zuverlässigkeit angestrebt“ wurde, so sind in einigen Fällen die biographischen und vor allem die bibliographischen Angaben selbst über sehr bekannte Dichter nicht korrekt oder vollständig – sie können es gar nicht sein –, und noch weniger korrekt oder vollständig können, wo es auch immer sei, bio-bibliographische Bemerkungen über weniger bekannte, vernachlässigte und vergessene Dichter sein. Selbst Angehörige und Freunde der Dichter vermögen oft keine zuverlässigen Auskünfte zu geben, denn sie leben weit über alle Welt zerstreut, und das Material der Toten wie Erinnerung an sie sind vielfach geschwunden.
Als einer der letzten überlebenden jener Generation, der all diese Dichter, soweit sie 1919 noch lebten, gut gekannt hat und die ihnen Nahestehenden kennt, habe ich eine bereits vor fünfzehn Jahren begonnene Arbeit, eine Bibliographie aller Ausgetriebenen und Umgekommenen aufzustellen und ihren Schicksalen nachzugehen, für die Dichter der Menschheitsdämmerung in zeitraubender Sucharbeit zu Ende geführt. Diese mühsame Sucharbeit wurde eine Arbeit der Liebe. Sie soll Dank und Denkmal sein für die Dichter – damit sie weiterleben oder wiederleben.
So ist der bio-bibliographische Anhang sehr umfangreich geworden, zum Nachteil dieser Einleitung. Aber ich glaube, wenn auch um 1920 manche Autoren, wie es damals üblich war, Anonymität für sich forderten, daß jetzt jene Freunde der Literatur, die vor 1933 diese Dichter und ihre Werke kannten oder liebten, und erst recht jene Jüngeren, die nach 1945 sie kennenlernten, ein Recht haben zu wissen: wo und wie haben sie gelebt, wann und wie sind sie gestorben, was haben sie veröffentlicht, vor 1920, nach 1920, nach 1933 und im Exil?
Aus den Bibliographien mag man ersehen, wie ungewöhnlich umfangreich an Zahl wie an Themen und literarischen Gebieten das Werk einiger ist, wobei man bedenken muß, daß Vieles im Manuskript verschollen ist oder ungedruckt blieb. Die Nachlässe mancher Dichter sind erhalten, aber über viele Länder verstreut. Deshalb habe ich, soweit es möglich war, auch Ort und Art der Dichternachlässe verzeichnet.
Vielleicht gibt es in diesen Bio-Bibliographien noch Lücken und Irrtümer; aber soviel ich weiß, finden sich hier zum erstenmal, zumindest in allgemein zugänglicher Buchform, vollständige Bibliographien zu BECHER, EHRENSTEIN, GOLL, HASENCLEVER, HEYM, HEYNICKE, KLEMM, ELSE LASKER-SCHÜLER, LEONHARD, OTTEN, RUBINER, STRAMM, WERFEL, WOLFENSTEIN, ZECH. Auch der mit dem Expressionismus vertraute Leser oder Gelehrte wird in dieser Neuausgabe manches Neue finden. Selbst anonyme und illegal verbreitete Schriften, Publikationen kleinster und vernichteter Auflagen sind verzeichnet, z.B. eine politische Gedichtsammlung von RUDOLF LEONHARD, die als Reclam-Bändchen nach Deutschland eingeschmuggelt wurde. Es gelang mir, eine Zeichnung OSKAR KOKOSCHKAs von GEORG TRAKL in New York zu finden, die hier zum erstenmal veröffentlicht wird (vgl. nähere Angaben und die Ausführungen Kokoschkas dazu im Abbildungsverzeichnis, S. 382).
Erst die große von W. STERNFELD in London auf Veranlassung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt vorbereitete Bibliographie der deutschen Literatur im Exil, in die auch mein vorerwähntes Material aufgegangen ist, wird zeigen, wieviel tausend Bücher und Broschüren, trotz aller Schwierigkeiten, außerhalb des Nazireichs in allen Kontinenten veröffentlicht wurden. Die Deutsche Bibliothek in Frankfurt hat sehr verheißungsvoll begonnen, die gesamte Literatur des Exils, das Schiller-Nationalmuseum in Marbach sogar, die gesamte expressionistische Literatur zu sammeln und zu vereinigen.
Die oft gestellte Frage, wie die expressionistischen Dichter sich nach 1922 weiterentwickelt haben und weshalb diese Gemeinschaft in so gegensätzliche, einander feindliche Individuen oder Gruppen sich zersplitterte, kann hier (aus Raummangel) nicht beantwortet werden. Die Zersplitterung ins Politische, ins Religiöse, in die sogenannte ,reine Kunst‘, ins Volkstümliche, ins Klassische, die Wendung mancher Lyriker zu Roman, Drama und Komödie mehr traditioneller und schlagkräftiger Art war eine Folge der Enttäuschung, als nach 1920 der Expressionismus nicht die erhoffte Wirkung erzielte und die ersehnte Wandlung zur Erneuerung des Menschen und der Gesellschaft nicht eintrat; wie auch des Einflusses der rapide erstarkenden Parteien rechts und links. Fast alle expressionistischen Dichter wandten sich später einfacheren, herkömmlicheren Formen zu. Bezeichnend ist, daß die beiden, die anfangs als die Wildesten und Entfesseltsten galten, BECHER und BENN, in reiferen Jahren sich klassischer Strophenformen, meist der des gereimten Vierzeilers, bedienten, wenn auch mit völlig verschiedenartigen und verschiedenwertigen Ausdrucksmitteln und Gehalten.
Als ich schließlich den bio-bibliographischen Teil in der endgültigen Form zusammenstellte, packte mich, als ich das Ganze überblickte, Staunen, Entsetzen und Bewunderung. Ich war nun gewiß, daß ich das Recht und die Pflicht hatte, diese Dank- und Denkmalsarbeit zu übernehmen. Wahrscheinlich kann kein Essay das vermitteln, was die knappen, nüchtern-trockenen biographischen Angaben und die Listen der Werke mit den Erscheinungsorten und -jahren aus Bewußtsein und Urteil des denkenden Lesers emporrufen. Hier ist eine Generation von Umgetriebenen, Ausgetriebenen und Unsteten, von Märtyrern und Duldern, von Kämpfern und Beharrlichen, von Frühgestorbenen und in Leiden Gealterten, wie sie sicherlich niemals und nirgends in der Weltliteratur vorhanden war.
Aber man wird einwenden: 1933 waren bereits sieben der Dreiundzwanzig nicht mehr am Leben und einige sind damals in Deutschland verblieben. Betrachten wir die drei Gruppen:
Die 1933 bereits Toten: GEORG HEYM war, nach düsteren Vorahnungen und Visionen, im Januar 1912 beim Eislaufen in der Havel ertrunken; ALFRED LICHTENSTEIN, ERNST WILHELM LOTZ, ERNST STADLER, AUGUST STRAMM waren zu Beginn des 1. Weltkriegs gefallen; GEORG TRAKL hatte sich nach der Schlacht von Grodek in verzweifelter Halbbewußtlosigkeit selbst getötet; LUDWIG RUBINER wurde 1920 von der Nachkriegs-Grippe dahingerafft.
Die nach 1933 in Deutschland Gebliebenen: JAKOB VAN HODDIS, seit 1913 geisteskrank in Privatpflege oder Anstalten, wurde 1942 behördlich abtransportiert, um ermordet zu werden; THEODOR DÄUBLER, nach jahrzehntelangem Wanderleben meist in großer Armut, schon 1933 schwer krank, starb verlassen und vereinsamt 1934 im Schwarzwald; GOTTFRIED BENN, ja-sagend zum Nazi-Beginn, wurde sehr bald aufs rüdeste attackiert und 1936 mit seiner ganzen Produktion verboten –, er hat sich von dem ,Doppelleben‘ niemals, auch nicht in den letzten Jahren seines Ruhms, wieder erholt; WILHELM KLEMM hatte seit 1922 schon geschwiegen, weil man es nicht statthaft fand, daß der Mitinhaber seriöser Verlagsanstalten expressionistische Gedichte veröffentlichte, unter den Nazis wurde er politisch verfolgt und aus der Schrifttumskammer ausgeschlossen; KURT HEYNICKEs einen Kompromiß suchende ,chorische Spiele‘ wurden bald als unerwünscht bezeichnet, so daß er sich in den heiteren Unterhaltungsroman flüchtete.
Alle anderen aber waren verboten, verbannt, verbrannt: WALTER HASENCLEVER, nach vieljährigem Umherirren, tötete sich 1940 in einem französischen Lager beim Herannahen der deutschen Truppen mit Veronal, weil er wußte, was ihm bevorstand; ALFRED WOLFENSTEIN schied nach fünfjährigem schweifendem Untergrundleben in einem Pariser Hospital 1945 freiwillig aus dem Leben; ALBERT EHRENSTEIN verendete nach zwei Jahrzehnten des Vegetierens und langer Krankheit in tiefstem Elend 1950 in New York; ELSE LASKER-SCHÜLER starb in lebenslang gewohnter Armut 1945 in Jerusalem. KARL OTTEN erblindete im Exil in London, veröffentlicht aber weiterhin Dichtungen und Romane und setzt sich in großen Anthologien von Drama und Prosa für die Gefährten seiner Jugend ein; FRANZ WERFEL erlag wenige Jahre nach abenteuerlicher Flucht über die Pyrenäen einem Herzschlag in Kalifornien, ebenso wie nach zehnjährigen entbehrungsvollen Wanderungen durch Südamerika PAUL ZECH auf der Straße in Buenos Aires. RENÉ SCHICKELE, immer zwischen Deutschland und Frankreich lebend und dichtend, starb verzweifelt 1940 in Südfrankreich, während sein letztes Buch in Amsterdam von den Nazis vernichtet wurde. IWAN GOLL, bei der Besetzung Frankreichs nach New York geflüchtet, erkrankte an Leukämie, an der er dahinsiechte. Nur zwei kehrten zurück, nach Ost-Deutschland, nach Berlin: RUDOLF LEONHARD, mehrfach aus französischem Lager und Gefängnis entkommen und untergrund lebend, kam als Leidender, um drei Jahre nach seiner Rückkunft zu sterben; und JOHANNES R. BECHER, nach zehn Jahren Moskau und Taschkent, gestand 1955 als höchster Kulturbeamter und gefeiertster Dichter der Deutschen Demokratischen Republik am Ende seiner ,Poetischen Konfession‘:

So sehr habe ich dich [die Poesie] geliebt, daß ich auch das, was mir aus tiefster Seele zuwider war, nicht ausschlug und mancherlei unternahm, was nicht nur die Hände beschmutzte, sondern worunter auch die Seele Schaden litt – und dadurch auch – meine Liebe zu dir.

Als ich vor vierzig Jahren diese Dichter einen „Zug von sehnsüchtigen Verdammten“ nannte, wußte ich nicht, wie sehr diese damals mehr symbolische Charakterisierung zu grausiger Realität werden sollte. Der Leser, das Schicksal der Dreiundzwanzig überblickend, wird, erschüttert, zugleich bewundern, daß all diese Dichter auch an der Front des ersten Weltkriegs, wie in Verfolgtsein und Exil, in Heimatlosigkeit und Verzweiflung, in Krankheit, Unverstandensein und Elend, immer weiter schrieben und dichteten, wo sie auch waren auf diesem Planeten, von Rußland bis zum südlichsten Feuerland, verfolgt und verfemt in der Heimat, in Frankreich auf steter Flucht und in Verborgenheit, in England oder Amerika in den elendesten Berufen neu anfangend. Und man soll niemals vergessen: die hier dargestellten Dichter stehen für eine zehnfache, hundertfache Zahl.

Kurt Pinthus, Vorwort

Zuvor

(Berlin, Herbst 1919)

Der Herausgeber dieses Buches ist ein Gegner von Anthologien; – deshalb gibt er diese Sammlung heraus.
Nicht werden hier – nach bisherigem Brauch der Anthologien – viele Dichter, die zufällig zur selben Zeit leben, in alphabetischer Folge je mit ein paar Gedichten aneinandergereiht. Auch nicht sollen Gedichte zusammengestellt werden, die alle ein gemeinschaftliches Thema bindet (etwa Liebesgedichte oder Revolutions-Lyrik). Dies Buch hat nicht den pädagogischen Ehrgeiz, Musterbeispiele guter Poesie zu bieten; es flicht nicht nach der Mode biederer Großväterzeit Blüten der Lyrik, noch Perlen der Dichtung zum Kranz.
Sondern: Dies Buch nennt sich nicht nur ,eine Sammlung‘. Es ist Sammlung!: Sammlung der Erschütterungen und Leidenschaften, Sammlung von Sehnsucht, Glück und Qual einer Epoche – unserer Epoche. Es ist gesammelte Projektion menschlicher Bewegung aus der Zeit in die Zeit. Es soll nicht Skelette von Dichtern zeigen, sondern die schäumende, chaotische, berstende Totalität unserer Zeit.
Stets war die Lyrik das Barometer seelischer Zustände, der Bewegung und Bewegtheit der Menschheit. Voranzeigend kündete sie kommendes Geschehen…, die Schwingungen der Gemeinschaftsgefühle…, das Auf, Ab und Empor des Denkens und Sehnens. Dies empfand man in Deutschland so deutlich, daß man die Kultur ganzer Epochen nach der Art ihrer Dichtung charakterisierte: Empfindsamkeit, Sturm und Drang, Romantik, Junges Deutschland, Butzenscheibenpoesie.
Die Geisteswissenschaften des ersterbenden 19. Jahrhunderts – verantwortungslos die Gesetze der Naturwissenschaften auf geistiges Geschehen übertragend – begnügten sich, in der Kunst nach entwicklungsgeschichtlichen Prinzipien und Beeinflussungen nur das Nacheinander, das Aufeinander schematisch zu konstatieren; man sah kausal, vertikal.
Dieses Buch will auf andere Weise zur Sammlung kommen: Man horche in die Dichtung unserer Zeit…, man horche quer durch, man blicke rund herum,… nicht vertikal, nicht nacheinander, sondern horizontal; man scheide nicht das Aufeinanderfolgende auseinander, sondern man höre zusammen, zugleich, simultan. Man höre den Zusammenklang dichtender Stimmen: man höre symphonisch. Es ertönt die Musik unserer Zeit, das dröhnende Unisono der Herzen und Gehirne.
Ebensowenig wie die Anordnung der Gedichte nach dem äußerlichen Schema des Alphabets erfolgte, durfte sie deshalb nach der Chronologie der einzelnen Gedichte oder Dichter, nach der Gruppierung literarischer Cliquen, nach der Feststellung gegenseitiger Beeinflussung oder formaler Gemeinsamkeiten geschehen. Keine mechanische, historische Folge ward angestrebt, sondern dynamisches, motivisches Zusammenklingen: Symphonie!
Man möge also nicht nur auf die einzelnen Instrumente und Stimmen des lyrischen Orchesters lauschen: die aufschwebende Sehnsucht der Violinen die herbstlich-klagende Melancholie der Celli, die purpurnen Posaunen der Erweckung, das ironische Staccato der Klarinetten, die Paukenschläge des Zusammensturzes, das zukunftlockende Marciale der Trompeten, das tiefe, dunkle Raunen der Oboen, den brausenden Sturzbach der Bässe, das rapide Triangelgeklingel und die bleckenden Beckenschläge genußgierigen Totentanzes; Sondern es kommt darauf an, aus den lärmenden Dissonanzen, den melodischen Harmonien, dem wuchtigen Schreiten der Akkorde, den gebrochensten Halb- und Vierteltönen – die Motive und Themen der wildesten wüstesten Zeit der Weltgeschichte herauszuhören. Diese bewegenden Motive (zeugte sie ein inneres Geschehen aus uns heraus, oder ließ nur ein gleichgültiges Werden sie ungeheuer in uns erklingen?) variieren sich je nach Wesen und Wollen der Dichter, rauschen empor zum zersprengenden Fortissimo oder schwinden hin im beglückenden Dolce. Das Andante des Zweifels und der Verzweiflung steigert sich zum befreienden Furioso der Empörung; und das Moderato des erwachenden, erweckten Herzens erlöst sich zum triumphalen Maestoso der menschenliebenden Menschheit.
Wenn in diesem Buche weder wahllos und ungesichtet die Stimmen der in unserer Zeit Dichtenden ertönen, noch die Dichtungen einer bewußt sich zusammenschließenden literarischen Gruppe oder Schule gesammelt sind, so soll dennoch ein Gemeinsames die Dichter dieser Symphonie einen. Diese Gemeinsamkeit ist die Intensität und der Radikalismus des Gefühls, der Gesinnung, des Ausdrucks, der Form; und diese Intensität, dieser Radikalismus zwingt die Dichter wiederum zum Kampf gegen die Menschheit der zu Ende gehenden Epoche und zur sehnsüchtigen Vorbereitung und Forderung neuer, besserer Menschheit.
Man erwarte also weder ein Gesamtbild der lyrischen Dichtung unserer Zeit, noch eine nach (lügnerischen) absoluten Maßstäben der Qualitätsbeurteilung zusammengestellte Auswahl der besten zeitgenössischen Gedichte. Sondern charakteristische Dichtung jener Jugend, die recht eigentlich als die junge Generation des letzten Jahrzehnts zu gelten hat, weil sie am schmerzlichsten an dieser Zeit litt, am wildesten klagte und mit leidenschaftlicher Inbrunst nach dem edleren, menschlicheren Menschen schrie.
Demnach mußten nicht nur alle epigonischen und eklektischen Dichter wegfallen, nicht nur die unzähligen, die sich damit beschäftigen, Gefühl, das nicht aus der Tiefe, sondern aus dem Herkömmlichen entspringt, in herkömmliche Reime zu bringen, sondern es war nötig, auch jene sehr begabten Dichter auszuscheiden, die, willentlich jenseits oder über der Zeit stehend, schöne und große Gefühle zu ästhetisch vollkommenen Gebilden oder zu klassischen Strophen formen. Ausgeschieden werden mußten auch alle die, deren Dichtung Kunstgewerbe des Worts, Ornament der Anschauung, gereimte Historie ist, ferner solche, die nur Zeitereignisse besingen oder freudig begleiten, kleine Spezialbegabungen und alle die, welche zwischen den Generationen stehen oder nicht den Mut zur selbständigen Formung haben. Aber wie die Epigonen der älteren Dichtung, so durften auch die Nachläufer der jüngsten Dichtung nicht aufgenommen werden, die glauben, neu und jung zu sein, wenn sie problematische Vorbilder programmatisch nachahmen.
Die Entscheidung darüber, welche Dichter zur vielfältigen Gemeinsamkeit der jungen Generation unserer Zeit zu zählen sind, kann nicht eine Angelegenheit der Altersfeststellung einzelner Dichter, noch eine Sache objektiv kritischer Analyse sein, sondern muß letzten Endes durch intuitives Gefühl und persönliches Urteil getroffen werden. Gerade weil diese persönliche Entscheidung nötig war, darf der Herausgeber aus seiner Anonymität hervortreten und zur weiteren Klärung einiges Persönliche sagen, um dann um so schneller ins Allgemeine führen zu können.
Seit zehn Jahren las ich fast alle gedruckten lyrischen Bücher und sehr viele ungedruckte. Es schien nicht leicht, aus dieser Unzahl die Dichter zu bezeichnen, welche jene eigentliche Generation unserer Epoche ausmachen. Aber als ich inmitten der menschendurchtobten Stadt noch einmal die Hunderte von Gedichtbänden durchsah, konnte ich schließlich fast mit automatischer Sicherheit die für diese Generation wesentlichen Dichter vereinigen (auch wenn sie selbst sich dieser Gemeinsamkeit nicht bewußt waren). Nachdem diese Abgrenzung geschehen war, gab es zwei Möglichkeiten der Sammlung: entweder ich konnte möglichst viele Dichter dieser Generation aufnehmen, so daß jeder nur mit ganz wenigen Gedichten erschien; oder ich konnte möglichst wenige Dichter auswählen und jeden einzelnen mit möglichst vielen Gedichten auftreten lassen. Ich entschied mich für das zweite Prinzip, da es nicht nur ein vollständiges Bild der Zeitbewegung, sondern auch einen möglichst vollkommenen Umriß von der Begabung, Eigenart, Spannweite der einzelnen Dichter gewährte (so daß man an der Hand des alphabetischen Registers, trotzdem die Gedichte jedes einzelnen durch das ganze Buch verstreut sind, sich wiederum von jedem Dichter urteilgestattende, geschlossene Gestalt verschaffen kann). Deshalb wurden nach langem Abwägen aus der großen Schar dieser Generation, die sich oft selbst als gemeinsame Phalanx aufrief, für das Buch die selbständigsten und charakteristischsten ausgewählt, damit jene Mannigfaltigkeit der Motive und Formen entstehen konnte, aus der die geistige Symphonie der zerrissenen Totalität unserer Zeit zusammenstrahlt.
Gegen zwei Dichter allerdings könnte man einwenden, daß sie jenseits dieser Generation stehen. Aber ELSE LASKER-SCHÜLER läßt als erste den Menschen ganz Herz sein – und dehnt dennoch dies Herz bis zu den Sternen und zu allen Buntheiten des Ostens. Und THEODOR DÄUBLER gehört nicht zu denen, die den Kosmos schlechtweg besingen, sondern er durchwirkt die Welt so sehr mit Geist und Idee, daß er Natur und Menschheit noch einmal zu strotzend-unmateriellem Leben erschafft; er findet tiefe Möglichkeiten der Sprache, die nicht nur neu sind, sondern überraschend weit hinein in Wesen und Zusammenhang des Geschehens leuchten.
Die ausgewählten Gedichte dieser etwa zwei Dutzend Dichter fügten sich schnell, beinahe von selbst, nach wenigen großen Motiven zu jener Symphonie zusammen, die Menschheitsdämmerung genannt wurde. Alle Gedichte dieses Buches entquellen der Klage um die Menschheit, der Sehnsucht nach der Menschheit. Der Mensch schlechthin, nicht seine privaten Angelegenheiten und Gefühle, sondern die Menschheit, ist das eigentliche unendliche Thema. Diese Dichter fühlten zeitig, wie der Mensch in die Dämmerung versank…, sank in die Nacht des Untergangs…, um wieder aufzutauchen in die sich klärende Dämmerung neuen Tags. In diesem Buch wendet sich bewußt der Mensch aus der Dämmerung der ihm aufgedrängten, ihn umschlingenden, verschlingenden Vergangenheit und Gegenwart in die erlösende Dämmerung einer Zukunft, die er selbst sich schafft.
Die Dichter dieses Buches wissen wie ich: es birgt unsere Jugend; freudig beginnendes, früh verschüttetes, zerstörtes Leben. Was in den letzten Jahren der Menschheit gar nicht oder nur dumpf bewußt war, was nicht in Zeitungen und Abhandlungen zu lesen stand: das ward in dieser Generation mit unbewußter Sicherheit Wort und Form. Das wissenschaftlich nicht Feststellbare im Menschen – hier trat es prophetisch wahr und klar ans Licht.
Deshalb ist dies Buch keine angenehme und bequeme Lektüre und der Einwand läßt sich leicht erheben, daß im letzten Jahrzehnt manche reiferen, vollkommeneren, qualitativ besseren Gedichte entstanden sind. Aber kann eine Dichtung, die Leid und Leidenschaft, Willen und Sehnsucht dieser Jahre zu Gestalt werden läßt und die aus einer ideenlosen, ideallosen Menschheit, aus Gleichgültigkeit, Verkommenheit, Mord und Ansturm hervorbrach – kann diese Dichtung ein reines und klares Antlitz haben? Muß sie nicht chaotisch sein wie die Zeit, aus deren zerrissenem, blutigem Boden sie erwuchs?
Ein virtuoser Philolog würde eine vollständige Charakteristik dieser Dichtung nur aus Zitaten dieses Buches mosaikartig zusammenstellen können. Doch soll nicht im voraus gesagt werden, was jeder wissen wird, wenn er das Buch gelesen hat. Auch sollen nicht die einzelnen Dichter der Reihe nach charakterisiert werden; denn die meisten von ihnen sind zu reich und vielgestaltig, als daß sie für immer mit einigen einengenden Schlagworten belastet einhergehen sollen. Aber ich will einen Querschnitt durch diese Poesien versuchen, so daß aus der grausamen Wunde des Schnittes das Wesentliche entströmt, was sie eint zur Dichtung dieser Epoche.
Die Jünglinge dieser Generation fanden sich in einer Zeit, aus der jedes Ethos geschwunden war. Es galt, in jeder Situation Haltung zu bewahren; möglichst umfangreich und mannigfaltig mußte die Menge des genießerisch Rezipierten sein; Kunst wurde ganz nach ästhetischem, Leben ganz nach statistisch materiellem Maß gemessen; und der Mensch und seine geistige Betätigung schienen nur da zu sein, um psychologisch, analytisch betrachtet, nach historischen Maximen definiert zu werden. Wenn einer der jungen Dichter versuchte, tiefer von der Oberfläche in sich einzudringen, zerbrach er unter der Last der Umwelt (WALTER CALÉ). Zwar empfand man die Notwendigkeit, von der realistischen Schilderung der Umwelt, vom Auffangen der vorüberjagenden Impressionen sich zu entfernen – und kam doch nur zur äußersten Differenzierung und Sublimierung der zerlegten Genüsse, wodurch wiederum der Genuß vernichtet wurde (HARDEKOPF, LAUTENSACK).
Aber man fühlte immer deutlicher die Unmöglichkeit einer Menschheit, die sich ganz und gar abhängig gemacht hatte von ihrer eigenen Schöpfung, von ihrer Wissenschaft, von Technik, Statistik, Handel und Industrie, von einer erstarrten Gemeinschaftsordnung, bourgeoisen und konventionellen Bräuchen. Diese Erkenntnis bedeutet zugleich den Beginn des Kampfes gegen die Zeit und gegen ihre Realität. Man begann, die Um-Wirklichkeit zur Un-Wirklichkeit aufzulösen, durch die Erscheinungen zum Wesen vorzudringen, im Ansturm des Geistes den Feind zu umarmen und zu vernichten, und versuchte zunächst, mit ironischer Überlegenheit sich der Umwelt zu erwehren, ihre Erscheinungen grotesk durcheinander zu würfeln, leicht durch das schwerflüssige Labyrinth hindurchzuschweben (LICHTENSTEIN, BLASS) – oder mit varietéhaftem Zynismus ins Visionäre zu steigern (VAN HODDIS).
Doch schon fühlten die gereizten und überempfindlichen Nerven und Seelen dieser Dichter deutlich auf der einen Seite das dumpfe Heranrücken der liebe- und freudeberaubten proletarischen Massen, von der andern Seite den heranrollenden Zusammenbruch einer Menschheit, die ebenso hochmütig wie gleichgültig war. Aus der strotzenden Blüte der Zivilisation stank ihnen der Hauch des Verfalls entgegen, und ihre ahnenden Augen sahen bereits als Ruinen eine wesenlos aufgedunsene Kultur und eine ganz auf dem Mechanischen und Konventionellen aufgetürmte Menschheitsordnung. Ein ungeheurer Schmerz schwoll empor – und am frühesten und klarsten in denen, die in dieser Zeit, an dieser Zeit starben: HEYM hämmerte (nach RIMBAUDs und BAUDELAIREs strengem Vorbild) Visionen des Todes, des Grauens, der Verwesung in zermalmenden Strophen; TRAKL glitt, nichtachtend der realen Welt hölderlinisch in ein unendlich blaues Strömen tödlichen Hinschwindens, das ein Herbstbraun vergeblich zu rahmen trachtete; STADLER sprach und rang mit Gott und der Welt, sehnsuchtgemartert, inbrünstig wie Jakob mit dem Engel; LICHTENSTEIN quirlte in leidvoller Heiterkeit die Gestalten und Stimmungen der Stadt zu bitterlustigen Tränken schon in der beseligenden Gewißheit, „groß über alles wandelt mein Menschenangesicht“; und LOTZ unter Wolken, aus Drangsal bürgerlichen Daseins, rief nach Glanz und Aufbruch. Immer fanatischer und leidenschaftlicher donnerte zerfleischende Klage und Anklage. Die Verzweiflungen EHRENSTEINs und BECHERs rissen die düstere Welt mitten entzwei; BENN höhnte die faulende Abgebrauchtheit des Kadavermenschen und pries die ungebrochenen Ur-Instinkte; STRAMM löste seine Leidenschaft vom Trugbild der Erscheinungen und Assoziationen los und ballte reines Gefühl zu donnernden Ein-Worten, gewitternden Ein-Schlägen. Der wirkliche Kampf gegen die Wirklichkeit hatte begonnen mit jenen furchtbaren Ausbrüchen, die zugleich die Welt vernichten und eine neue Welt aus dem Menschen heraus schaffen sollten.
Man versuchte, das Menschliche im Menschen zu erkennen, zu retten und zu erwecken. Die einfachsten Gefühle des Herzens, die Freuden, die das Gute dem Menschen schafft, wurden gepriesen. Und man ließ das Gefühl sich verströmen in alle irdische Kreatur über die Erdoberfläche hin; der Geist entrang sich der Verschüttung und durchschwebte alles Geschehen des Kosmos – oder tauchte tief in die Erscheinungen hinab, um in ihnen ihr göttliches Wesen zu finden. (So verknüpft sich die Jugend HASENCLEVERs, STADLERs, WERFELs, SCHICKELÉs, KLEMMs, GOLLs, HEYNICKEs mit der Kunst der Älteren WHITMAN, RILKE, MOMBERT, HILLE.) Immer deutlicher wußte man: der Mensch kann nur gerettet werden durch den Menschen, nicht durch die Umwelt. Nicht Einrichtungen, Erfindungen, abgeleitete Gesetze sind das Wesentliche und Bestimmende, sondern der Mensch! Und da die Rettung nicht von außen kommen kann – von dort ahnte man längst vor dem Weltkrieg Krieg und Vernichtung –, sondern nur aus den inneren Kräften des Menschen, so geschah die große Hinwendung zum Ethischen.
Während im Weltkrieg der gewußte Zusammenbruch sich in der Realität ereignete, war bereits die Dichtung wiederum der Zeit vorangestürmt: Aus den Ausbrüchen der Verfluchung brachen die Schreie und Aufforderungen zur Empörung, zur Entscheidung, zur Rechenschaft, zur Erneuerung (BECHER, RUBINER, HASENCLEVER, ZECH, LEONHARD, HEYNICKE, OTTEN, WERFEL, GOLL, WOLFENSTEIN), nicht aus Lust an der Revolte, sondern um durch die Empörung das Vernichtende und Vernichtete ganz zu vernichten, so daß Heilendes sich entfalten konnte. Aufrufe zum Zusammenschluß der Jugend, zum Aufbruch einer geistigen Phalanx ertönten; nicht mehr das Individuelle, sondern das allen Menschen Gemeinsame, nicht das Trennende, sondern das Einende, nicht die Wirklichkeit, sondern der Geist, nicht der Kampf aller gegen alle, sondern die Brüderlichkeit wurden gepriesen. Die neue Gemeinschaft wurde gefordert. Und so gemeinsam und wild aus diesen Dichtern Klage, Verzweiflung, Aufruhr aufgedonnert war, so einig und eindringlich posaunten sie in ihren Gesängen Menschlichkeit, Güte, Gerechtigkeit, Kameradschaft, Menschenliebe aller zu allen. Die ganze Welt und Gott bekommen Menschenangesicht: die Welt fängt im Menschen an, und Gott ist gefunden als Bruder –, selbst die Steinfigur steigt menschlich herab, die Stadt der Qualen wird zum beglückenden Tempel der Gemeinschaft, und triumphierend steigt das erlösende Wort empor: Wir sind!
Jeder erkennt, wie ungeheuer weit der Bogen ist von CALÉs Verzweiflung „Und keine Brücke ist von Mensch zu Mensch“…, von WERFELs „Fremde sind wir auf der Erde alle“… bis zu BECHERs „Keiner dir fremd, / Ein jeder dir nah und Bruder“… KLEMMs „Wir kommen uns so nahe, wie sich nur Engel kommen können“… HEYNICKEs „Ich fühle, / endelos, / daß ich nicht einsam bin… so nahe bist Du, / Bruder Mensch“… „Doch das Lächeln schlägt Bogen von mir zu Dir / … wir schenken einander das Ich und das Du – / ewig eint uns das Wort: / MENSCH.“
Es scheint, daß nachbetrachtende Darstellung stets den direkten Einfluß der Dichtung auf die realen Zeit- und Volksereignisse überschätzte. Die Kunst einer Zeit ist nicht Verursacher des Geschehens (wie man das z.B. allzusehr von der revolutionären Lyrik aller Zeiten annahm), sondern sie ist voranzeigendes Symptom, geistige Blüte aus demselben Humus wie das spätere reale Geschehen – sie ist bereits selbst Zeit-Ereignis. Zusammenbruch, Revolution, Neuaufrichtung ward nicht von der Dichtung dieser Generation verursacht; aber sie ahnte, wußte, forderte dies Geschehen. Das Chaotische der Zeit, das Zerbrechen der alten Gemeinschaftsformen, Verzweiflung und Sehnsucht, gierig fanatisches Suchen nach neuen Möglichkeiten des Menschheitslebens offenbart sich in der Dichtung dieser Generation mit gleichem Getöse und gleicher Wildheit wie in der Realität…, aber wohlgemerkt: nicht als Folge des Weltkriegs, sondern bereits vor seinem Beginn, und immer heftiger während seines Verlaufs.
So ist allerdings diese Dichtung, wie manche ihrer Programmatiker forderten (und wie wurde dieser Ruf mißverstanden!): politische Dichtung, denn ihr Thema ist der Zustand der gleichzeitig lebenden Menschheit, den sie beklagt, verflucht, verhöhnt, vernichtet, während sie zugleich in furchtbarem Ausbruch die Möglichkeiten zukünftiger Änderung sucht. Aber – und nur so kann politische Dichtung zugleich Kunst sein – die besten und leidenschaftlichsten dieser Dichter kämpfen nicht gegen die äußeren Zustände der Menschheit an, sondern gegen den Zustand des entstellten, gepeinigten, irregeleiteten Menschen selbst. Die politische Kunst unserer Zeit darf nicht versifizierter Leitartikel sein, sondern sie will der Menschheit helfen, die Idee ihrer selbst zur Vervollkommnung, zur Verwirklichung zu bringen. Daß die Dichtung zugleich dabei mitwirkte, gegen realpolitischen Irrsinn und eine entartete Gesellschaftsordnung anzurennen, war nur ein selbstverständliches und kleines Verdienst. Ihre größere überpolitische Bedeutung ist, daß sie mit glühendem Finger, mit weckender Stimme immer wieder auf den Menschen selbst wies, daß sie die verlorengegangene Bindung der Menschen untereinander, miteinander, das Verknüpftsein des einzelnen mit dem Unendlichen – zur Verwirklichung anfeuernd – in der Sphäre des Geistes wiederschuf.
Demgemäß ist es natürlich, daß dies die Worte sind, die sich am meisten in ihr finden: Mensch, Welt, Bruder, Gott. Weil der Mensch so ganz und gar Ausgangspunkt, Mittelpunkt, Zielpunkt dieser Dichtung ist, deshalb hat die Landschaft wenig Platz in ihr. Die Landschaft wird niemals hingemalt, geschildert, besungen; sondern sie ist ganz vermenscht: sie ist Grauen, Melancholie, Verwirrung des Chaos, ist das schimmernde Labyrinth, dem Ahasver sehnsuchtsvoll sich entwinden will; und Wald und Baum sind entweder Orte der Toten, oder Hände, die zu Gott, zur Unendlichkeit hinsuchen. Mit rasender Schnelligkeit bewegt sich diese Dichtung vom fanatischen Kampfruf zum Sentimentalen, vom anarchischen Toben zur Didaktik des Ethischen. Wenig nur ist Freude und Glück in ihr; Liebe ist Schmerz und Schuld – Arbeit wird zu gefühlvernichtender Qual; noch das Trinklied ist dumpfes Schuldbekenntnis; und lichtere, frohere Töne erklingen nur aus der Sehnsucht nach dem Paradies, das verloren ist, und das doch vor uns liegt.
Niemals war das Ästhetische und das L’art pour l’art-Prinzip so mißachtet wie in dieser Dichtung, die man die ,jüngste‘ oder ,expressionistische‘ nennt, weil sie ganz Eruption, Explosion, Intensität ist – sein muß, um jene feindliche Kruste zu sprengen. Deshalb meidet sie die naturalistische Schilderung der Realität als Darstellungsmittel, so handgreiflich auch diese verkommene Realität war; sondern sie erzeugt sich mit gewaltiger und gewaltsamer Energie ihre Ausdrucksmittel aus der Bewegungskraft des Geistes (und bemüht sich keineswegs, deren Mißbrauch zu meiden). Sie entschleudert ihre Welt… in ekstatischem Paroxismus, in quälender Traurigkeit, in süßestem musikalischen Gesang, in der Simultaneität durcheinanderstürzender Gefühle, in chaotischer Zerschmetterung der Sprache, grausigster Verhöhnung menschlichen Mißlebens, in flagellantisch schreiender, verzückter Sehnsucht nach Gott und dem Guten, nach Liebe und Brüderlichkeit. So wird auch das Soziale nicht als realistisches Detail, objektiv etwa als Elendsmalerei dargestellt (wie von der Kunst um 1890), sondern es wird stets ganz ins Allgemeine, in die großen Menschheitsideen hingeführt. Und selbst der Krieg, der viele dieser Dichter zerschmetterte, wird nicht sachlich realistisch erzählt; – er ist stets als Vision da (und zwar lange vor seinem Beginn), schwelt als allgemeines Grauen, dehnt sich als unmenschlichstes Übel, das nur durch den Sieg der Idee vom brüderlichen Menschen aus der Welt zu schaffen ist.
Die bildende Kunst dieser Jahre zeigt dieselben Motive und Symptome, zeigt das gleiche Zersprengen der alten Formen und das Durchlaufen aller formalen Möglichkeiten bis zur Konsequenz völliger Auflösung der Realität, zeigt den gleichen Einbruch und Ausbruch des Menschlichen und den gleichen Glauben an die lösende, bindende Macht des menschlichen Geistes, der Idee. Es geschah bereits, daß manche Versuche und Entartungen für nachahmende Nichtkönner zur leeren Form, zur Formel, zur geschäftsmäßigen Phrase wurden. Und Pathos, Ekstase, große Gebärde brechen nicht nur hervor und empor, sondern stürzen oftmals zusammen im Krampf, weil sie zur Form sich nicht verwesentlichen können. Immer wieder aber bläst in die ungeheure Eruption des Gefühls klärend und reinigend der Geist; erschallt aus dem Zerfallenden der Ruf nach der Gemeinsamkeit des Menschlichen; schwebt über dem ziellosen Chaos der Gesang der Liebe.
Und immer wieder muß gesagt werden, daß die Qualität dieser Dichtung in ihrer Intensität beruht. Niemals in der Weltdichtung scholl so laut, zerreißend und aufrüttelnd Schrei, Sturz und Sehnsucht einer Zeit, wie aus dem wilden Zuge dieser Vorläufer und Märtyrer, deren Herzen nicht von den romantischen Pfeilen des Amor oder Eros, sondern von den Peinigungen verdammter Jugend, verhaßter Gesellschaft, aufgezwungener Mordjahre durchbohrt wurden. Aus irdischer Qual griffen ihre Hände in den Himmel, dessen Blau sie nicht erreichten; sie warfen sich, sehnsuchtsvoll die Arme ausbreitend, auf die Erde, die unter ihnen auseinanderbarst; sie riefen zur Gemeinschaft auf und fanden noch nicht zueinander; sie posaunten in die Tuben der Liebe, so daß diese Klänge den Himmel erbeben ließen, nicht aber durch das Getöse der Schlachten, Fabriken und Reden zu den Herzen der Menschen drangen.
Freilich wird die Musik dieser Dichtung nicht ewig sein wie die Musik Gottes im Chaos. Aber was wäre die Musik Gottes, wenn ihr nicht die Musik des Menschen antwortete, die sich ewig nach dem Paradies des Kosmos sehnt… Von den vielen, vielen Dichtungen dieser Generation werden fast alle mit den verebbenden Stürmen ihrer Epoche untergegangen sein. Statt einiger großer leuchtender wärmender Gestirne wird Nachlebenden ihre Menge wie die von unzähligen kleinen Sternen erschimmernde Milchstraße erscheinen, die fahlklärenden Glanz in wogende Nacht gießt.
Keiner dieser Dichter kokettiert mit der Unsterblichkeit; keiner wirft sich den Triumphmantel mit distanzierend heroischer Gebärde um, keiner will als Olympier in edler Haltung entschweben; und wenn diese Dichter in ausschweifender Weitschweifigkeit, in unmäßigem Fortissimo psalmodieren, stöhnen, klagen, schreien, fluchen, rufen, hymnen – so geschieht es niemals aus Hochmut, sondern aus Not und Demut. Denn nicht sklavisches Kriechen, untätiges Warten ist Demut; sondern es ist Demut, wenn einer hintritt und öffentlich aussagt, bekennt und fordert vor Gott und den Menschen, und seine Waffen sind nur sein Herz, sein Geist und seine Stimme.
Als einer, der mitten unter ihnen stand, vielen durch Freundschaft und allen durch Liebe zu ihren Werken verbunden, trete ich vor und rufe: Laßt es genug sein, die Ihr Euch selbst nicht genügtet, denen der alte Mensch nicht mehr genügte; laßt es genug sein, weil Euch diese zerklüftete, ausbrechende, zerwühlende Dichtung nicht genügen darf! Laßt es nicht genug sein! Sondern helft, alle, voraneilend dem Menschheitswillen, einfacheres, klareres, reineres Sein zu schaffen. Denn jener Augenblick wird, muß kommen, da aus Beethovens Symphonie, die uns den Rhythmus unserer Jugend gab, im wildesten Chaos der tobenden Musik plötzlich die vox humana emporsteigt: Freunde, nicht diese Töne! Lasset uns andere anstimmen und freudenvollere!
Ihr Jünglinge aber, die Ihr in freierer Menschheit heranwachsen werdet, folget nicht diesen nach, deren Schicksal es war, im furchtbaren Bewußtsein des Unterganges inmitten einer ahnungslosen, hoffnungslosen Menschheit zu leben, und zugleich die Aufgabe zu haben, den Glauben an das Gute, Zukünftige, Göttliche bewahren zu müssen, das aus den Tiefen des Menschen quillt! So gewiß die Dichtung unserer Zeit diesen Märtyrerweg wandeln mußte, so gewiß wird die Dichtung der Zukunft anders sich offenbaren: sie wird einfach, rein und klar sein müssen. Die Dichtung unserer Zeit ist Ende und zugleich Beginn. Sie hat alle Möglichkeiten der Form durchrast – sie darf wieder den Mut zur Einfachheit haben. Die Kunst, die durch Leidenschaft und Qual der unseligsten Erdenzeit zersprengt wurde –, sie hat das Recht, reinere Formen für eine glücklichere Menschheit zu finden.
Diese zukünftige Menschheit, wenn sie im Buche Menschheitsdämmerung ( „Du Chaos-Zeiten schrecklich edles Monument“) lesen wird, möge nicht den Zug dieser sehnsüchtigen Verdammten verdammen, denen nichts blieb als die Hoffnung auf den Menschen und der Glaube an die Utopie.

Kurt Pinthus, Vorwort

Nachklang

(Berlin, April 1922)

Dies Buch, im Herbst 1919 zusammengefügt, fand rasch die Anteilnahme der Zeit, deren Ausgeburt es darstellt. Schnell mußten die Auflagen aufeinander folgen…, und jetzt, fast drei Jahre später, im Frühling 1922, da es gilt, das zwanzigste Tausend der Menschheitsdämmerung vorzubereiten, erhebt sich die Frage, ob ich das Werk umarbeiten soll; Vermodertes herausstoßen, Später-Entstandenes einkomponieren, neue Motive erklingen machen, andere Gruppierung, anderen Aufbau anstreben.
Ich entschloß mich, das Werk unverändert zu lassen. Nicht nur, weil die Beurteiler aller Gesinnungen und Richtungen äußerten, daß der Hauptwert dieses Buches in seiner Einheitlichkeit, in seiner symphonischen Wirkung bestünde; nicht nur, weil man – was beabsichtigt war – fühlte, daß hier ein geschlossenes Dokument für das aufgewühlte Gefühl und die dichterische Ausdrucksform einer zeitgenössischen Generation vorlag. Sondern, unsere Zeit und Dichtung kritisch betrachtend, muß ich einsehen, daß die Menschheitsdämmerung nicht nur ein geschlossenes, sondern ein abgeschlossenes, abschließendes Dokument dieser Epoche ist. Klar herausgesagt: es ist, nach Abschluß dieser lyrischen Symphonie nichts gedichtet worden, was zwingenderweise noch in sie hätte eingefügt werden müssen.
Wer, abstreifend den revolutionären Furor, offenäugig in die Gegenwart blickt, weiß, daß diese Jahre bedeutsamer sind im Zusammenbruch des Alten als im Erwachen des Neuen, gleichviel ob wir von den Geschehnissen im Politischen, im Gemeinschaftsleben, im Wirtschaftlichen oder in der Kunst sprechen. freilich; Es geschieht viel…, aber was geschieht, sind nur die Auflösungsvorgänge der langsam, aber unaufhaltsam zusammenstürzenden Vergangenheit Europas. Was uns als neu und verwirrend gilt, sind stets nur die konzentriert und übersteigert sich zu Tode hastenden Elemente des Alten. Die Fundamente der wirklichen Zukunft sind noch nicht ersichtlich.
Das gilt auch im Bezirk der Kunst. Was hier so neuartig und trächtig schien, waren im wesentlichen Zerstörungsformen des Alten, vom gestaltauflösenden Kubismus der Malerei bis zur ekstatischen Ein-Wort-Lyrik. Mochten die Künstler selbst fühlen, daß ihr Werk mehr oppositionell als schöpferisch war, oder geschah es, daß ihre Kraft nicht ausreichte, Reifes, Zukunftswertiges zu schaffen – es ist bereits zehn Jahre nach dem gewaltigen und gewaltsamen Aufbruch dieser Jugend eine allgemeine Stagnation in den Gefilden der Kunst festzustellen.
Von den dreiundzwanzig Dichtern dieses Buches sind sieben nicht mehr unter den Lebenden. Die anderen haben in den letzten Jahren entweder überhaupt nichts Wesentliches mehr geschaffen, oder jedenfalls nichts, was über das bisher Geleistete als neu oder qualitativ besser emporragt. Sie wiederholen sich oder tasten qualvoll weiter. Selbst wenn man, nüchtern-sachlich gesprochen, die unheilvollen Zustände in Betracht zieht, die dem Dichter und dem Verleger die Produktion unendlich erschweren, muß man den Mut haben, zu sagen, daß die junge Dichtung unserer Zeit fruchtlos und unfruchtbar zu werden droht.
Was von der kleinen Schar dieses Buches zu sagen ist, das gilt in verstärktem Maße von der großen Menge der mitlebenden Dichter. Viele sind gestorben…, viele sind im bürgerlichen Leben verschollen, aufgesaugt vom praktischen Beruf oder skeptischen Müßiggang…, und die Unzahl der anderen begnügt sich damit – bald blasser, bald überreizter –, das zum tausendsten Male zu stöhnen, zu stammeln, zu schreien, was die Führenden bereits im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in ihren Büchern niedergelegt haben. Schon muß ich mit Bewußtsein feierlich sagen „niedergelegt haben“, denn schneller als jede andere Generation ist diese in die Literaturgeschichte eingegangen, ist historisch geworden; zum Paradigma, zum Schema sind für die Nachfolgenden ihre Gedichte erstarrt.
Frühzeitig erstarb die Dichtung dieser Jugend, denn weder die voranschreitenden noch die nachrückenden Dichter vermochten dies Werk weiterzuführen. Es scheint für Deutschland ein geistiges Gesetz zu sein, daß jede künstlerische Bewegung alsbald eine Reaktionsbewegung wachruft, denn schon beginnen Bestrebungen zu triumphieren, die klassischen und romantischen Vorbildern folgen. Manchem Leser wird dies Buch, dessen Dichtung als Fanfare und Fanal gewollt war und für kurze Zeit auch so wirken konnte, bereits als ein Herbarium erscheinen. Es ist wahr: manches ist für immer tot…, manches zündet nicht mehr…, manches ist Übergang und Wirrsal…, einiges jedoch ist so vollendet und schön, wie es nur einmal gedichtet werden kann…, manches Gute ist schon in die Lesebücher übergegangen. Alles aber ist Zeugnis für die Glut einer inneren und äußeren Bewegung, die fast gänzlich wieder erloschen ist. Die Glut dieser Generation hatte sich aus Opposition gegen das Gewesene, Verwesende entzündet und konnte für Augenblicke in die Zukunft leuchten, aber nicht die Menschheit zur großen Tat oder zum großen Gefühl entflammen.
So ist, nochmals sei es gesagt, dies Buch, mehr als ich beim Zusammenfügen ahnen konnte, ein abschließendes Werk geworden – und deshalb soll es bleiben, wie es damals war: ein Zeugnis von tiefstem Leid und tiefstem Glück einer Generation, die fanatisch glaubte und glauben machen wollte, daß aus den Trümmern durch den Willen aller sofort das Paradies erblühen müsse. Die Peinigungen der Nachkriegszeit haben diesen Glauben zerblasen, wenn auch noch der Wille in vielen lebt. Von der kleinen lyrischen Schar dieses Buches blieb nichts als der gemeinsame Ruf von Untergang und Zukunftsglück. Und dennoch beginnen schon einige, wie, neben DÄUBLER und ELSE LASKER-SCHÜLER, der tote HEYM und der lebende WERFEL über die Zeit hinauszuragen.
Mächtig, doch nicht allmächtig haben die Ereignisse eines Jahrzehnts die Seelen, Geister und die äußeren Lebensumstände der Zeitgenossen zerpflügt. Aber die große allgemeine neue Dichtung, von vielen als Stab und Weiser ersehnt, ist nicht entsprossen, weder den Nachkommen des alten Bürgertums, noch den anrückenden Massen der Proletarier, weder dem Glanz der über die Erdoberfläche hemmungslos schweifenden Neubeglückten, noch der Qual des neugewordenen Proletariats. Im Dunkel der Jugend, die jetzt aufwächst, sind kaum einige Lichtlein für die Dichtung zu erblicken.
Lasset uns deshalb verehrende Erinnerung der Dichterschar wahren, die Großes und Zukunft enthusiastisch zumindest gewollt hat und zuversichtlich glaubte, Erste einer neuen Menschheitsepoche zu sein. Man verhöhne sie nicht und beschuldige sie nicht, daß sie nur aufrührerische Letzte gewesen seien, die sich von der Untergangsdämmerung hinweg zum Glühen vermeintlicher Morgendämmerung wandten, aber erlahmen mußten, bevor sie an der Spitze ihrer Zeitgenossen gereinigt ins Licht treten konnten.

Kurt Pinthus, Vorwort

Der Sturm ist da

– Kurt Pinthus’ legendäre Anthologie Menschheitsdämmerung glüht, fühlt und kühlt. –

Selten hat man in der Lyrik so viel Elend und Grauen gelesen wie um 1900. „O meine Zeit! So namenlos zerrissen“, schreibt Wilhelm Klemm. Ernst Stadler sieht auf den Straßen nur noch „zertretne Leiber“, spricht von „Worten, denen Leben längst / entglitten“ ist. Keine Vision, alles am Nullpunkt. Man befindet sich, wie in Alfred Lichtensteins Gedicht „Nebel“, längst im Verfallsprozess:

Wir aber, die, verrucht, zum Tode taugen,
Zerschreiten knirschend diese wüste Pracht.

Die Umwälzungen sind gigantisch: Es tobt der Klassenkampf, die Industrielle Revolution trimmt den Menschen auf Beschleunigung, die Städte platzen aus allen Nähten. Theorien treten an, alles infrage zu stellen, woran man zuvor glaubte. Sei es Freuds Entdeckung des Unbewussten, Darwins Verständnis der Evolution oder die Kampfansage Nietzsches an das Christentum – der Mensch der Moderne ist seines Platzes verwiesen und taumelt orientierungslos in den Ersten, später den zweiten Weltkrieg.
Doch wie in der biblischen Apokalypse gehen auch die Texte der juvenilen Dichter weit über bloße Untergangsbeschwörungen hinaus. Wer sich in einem Gedicht in finsterer Larmoyanz übt, ruft im nächsten schon die Revolution aus. So heißt es in Ernst Wilhelm Lotz’ Poltertext „Aufruf der Jugend“:

Wir fegen die Macht und stürzen die Throne der Alten.

Viele rufen „Nieder mit der Bourgeoisie!“, manche preisen zeitweise den Krieg als den großen Erlöser – Hauptsache, der verstaubte Wilhelminismus wird überwunden.
Euphorie und Melancholie bilden die Pole dieser Lyrik, die unter dem Schlagwort Expressionismus ein ganzes Jahrzehnt dominieren sollte. Was sie so reich macht, ist die Bereitschaft, eigene Widersprüche und Spannungen auszuhalten und auszustellen. Die Schriftsteller beklagen den Mangel, um im Poetischen zugleich visionäre Auswege zu finden. Poesie wird zur Kunst des Machbaren, wie das letzte von drei Quartetten in Alfred Wolfensteins „Chor“ eindrücklich belegt:

Sterniges Kühlen, Glühen der Seele,
Einsamkeit, Liebe, – beides fühlen!
Gehende Stimme geht auf zu Stimmen,
Freunde umwühlen Wüste zum Glück.

All dieses Ringen, all das Pathos und Sehnen versammelt Kurt Pinthus 1919 in seiner Menschheitsdämmerung. Dass diese Sammlung nun in Neuauflage erscheint, wirft ein Licht zugleich auf unsere Tage. Wer die Dichtung der letzten Jahre verfolgt hat, konnte bemerken, dass gegenwärtige Lyriker aus keiner anderen Epoche als der klassischen Moderne (ca. 1890–1920) so viele Werke zitieren. Warum? Möglicherweise liegt es an verblüffend ähnlichen Konfliktlagen. Damals bricht die K.-u.-k.-Monarchie, ein multiethnischer Schmelztiegel, der von der Bukowina bis nach Vorarlberg reicht, zusammen.
Heute arbeiten neue Nationalisten am Ende der EU. Damals überfordert der Fordismus die Menschen, heute verändert die Digitalisierung unsere Lebensweise. Damals wie heute stehen Extreme einander gegenüber. Die poetische Rückbesinnung auf die Frühphase der Moderne ist also nicht nur Hommage, sondern auch Mahnung: zur Wachsamkeit, zum Innehalten, zur Vergegenwärtigung der Geschichte. Doch Erinnern allein nützt nicht viel. Wie das letzte Kapitel der Sammlung, „Liebe den Menschen“, dokumentiert, braucht es auch den Mut zum Träumen, das große Trotzdem. Dass „die Menschen“, Albert Ehrensteins Gedicht „Hoffnung“ zufolge, „in ihrem Dasein“, wo „die Götter starben, / Finden den Himmel“. So bieten doch gerade gottlose Zeiten die Chance für einen neuen Humanismus.
Die Dichter des frühen 20. Jahrhunderts sind nicht bloße Kulturpessimisten. Viele eint die Kraft zur Fantasie. Florian Illies nennt sie im Nachwort daher „hoffnungslose Romantiker, die sich die Flügel verbrannten, weil sie der Sonne zu Nahe gekommen waren“. Lieber von zu viel Licht geblendet, als sich mit der Finsternis zufrieden zu geben. So könnte man die Maxime dieser Generation auf den Punkt bringen, die wiederzuentdecken uns Momente klarster Einsicht verschaffen könnte.

Björn Hayer, der Freitag, 20.2.2020

(Bezieht sich auf die Neuauflage bei Rowohlt 2019)

Weiterer Beitrag zu diesem Buch:

Hans Egon Holthusen: Anmerkungen zu einem „Museum der modernen Poesie“
Merkur, Heft 165, 1961

 

1970 gab mein Großvater mir die Menschheitsdämmerung

in die Hand. Er war 1886 geboren, vom Jahrgang Benns und Balls, und hatte als Akademiker des Dandy-Typs die Schlachterei des Ersten Weltkriegs überstanden. Dieser wichtige Gedichtband war 1933 bei einer Hausdurchsuchung, gekoppelt mit umfangreicher Buchbeschlagnahmung, offenbar nicht aufgefallen – letztlich auch ein Zeichen für die Harmlosigkeit von Avantgarde-Lyrik; die Exekutive interessierte sich mehr für den marxistischen und reformpädagogischen Teil der Bibliothek des Großvaters. Bei jenem Polizeiauftritt wurde angesichts des Bücherumfangs vonseiten des Einsatzleiters übrigens folgende Frage an den Großvater gerichtet:

Und das haben Sie alles gelesen?!

Kurz, ich konnte als Dreizehnjähriger, nicht ganz typisch für meine Generation, die Rowohltausgabe der Menschheitsdämmerung von 1920, zweite Auflage, lesen. Daran schloß sich sehr bald konsequenterweise die systematische Lektüre der wesentlich schärferen Dadaisten an… 

Thomas Kling, aus Thomas Kling: Botenstoffe, DuMont Buchverlag, 2001

 

Menschheitsdämmerung bei Wikipedia und eine Ausgabe von 1920 im Ernst Rowohlt Verlag Berlin.

Rückblick auf eine Reclam-Ausgabe von 1968 in der DDR.

Hans Mayer: Menschheitsdämmerung – Expressionismus und die Folgen.

 

 

Fakten und Vermutungen zum Herausgeber + Archiv +
Internet Archive + Kalliope

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